Leitsatz (amtlich)
Die sofortige Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschluss der Vergabekammer ist zumindest für den Fall nicht statthaft, dass mit der Aussetzung ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH verbunden ist, welches inzident auch der Klärung der Frage dienen soll, ob die Vergabekammer ein Gericht im Sinne des Art. 267 AEUV ist .
Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Entscheidung vom 18.06.2012; Aktenzeichen Z3-3194-1-22-05/12) |
Tenor
I.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 18.6.2012 wird verworfen.
II.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 90.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Freistaat Bayern schrieb 2007 eine Baukonzession für die Gestaltung der Neuen Mitte am Hochschulcampus G. aus. Die Antragsgegnerin, welche im Jahr 2008 den Auftrag erhalten hatte, lobte am 10.3.2011 ohne vorangegangene europaweite Ausschreibung einen Realisierungswettbewerb im Wege eines einstufigen nicht offenen Wettbewerbs aus. Gegen die beabsichtigte Vergabe der Planungsleistungen an die Beigeladene wandte sich ein Konkurrent mit einem Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer Südbayern wies diesen Nachprüfungsantrag mit der Begründung zurück, die Antragsgegnerin unterliege nur bei der Vergabe von Bauaufträgen den Vorschriften der §§ 97 GWB. Die sofortige Beschwerde eines konkurrierenden Architekturbüros gegen diesen Beschluss hat der Senat mit Beschluss vom 5.4.2012 - Verg 3/12 - zurückgewiesen. Die Beigeladene erhielt noch am gleichen Tag den Auftrag. Im Senatsbeschluss wurde in den Gründen ausgeführt, dass die Antragsgegnerin auch für die Vergabe von Planungsleistungen öffentliche Auftraggeberin im Sinne von § 98 Nr. 6 GWB sei.
Im vorliegenden Verfahren wandte sich die Antragstellerin, ein in Wien ansässiges Architekturbüro, mit einem am 4.5.2012 gestellten Nachprüfungsantrag gegen die vergaberechtswidrige de-facto-Vergabe des Planungsauftrags an die Beigeladene. Sie trug vor, sie sei nicht zu dem Teilnahmewettbewerb eingeladen worden und habe von dem Wettbewerb auch zunächst keine Kenntnis gehabt. Wann der Planungsauftrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen geschlossen worden sei, sei ihr ebenfalls nicht bekannt.
Die Antragsgegnerin wandte sich gegen den Nachprüfungsantrag und stellte u.a. den Antrag, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV folgende Fragen vorzulegen:
"1. Reicht es für die Annahme einer Baukonzession im Sinne des Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2004/18/EG (VKR) aus, dass ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Art. 1 Abs. 9 VKR einen Erbbaurechtsvertrag mit einem Investor abschließt, in dem dieser zur Planung und Realisierung eines Vorhabens verpflichtet wird, das dem Auftraggeber zu einem geringen Teil (Bauvolumen unterhalb des für Bauaufträge maßgeblichen Schwellenwertes) unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und im übrigen der privaten Nutzung durch den Investor dient? Kommt es bei der Beantwortung der Frage darauf an, ob der Auftraggeber auch hinsichtlich der durch den Investor privat genutzten Raumeinheiten spezifische Vorgaben in Bezug auf ihre Einrichtung/Ausstattung aufstellt?
2. Ist Art. 63 Abs. 1 VKR dahingehend auszulegen, dass Baukonzessionäre, die nicht öffentliche Auftraggeber im Sinne des Art. 1 Abs. 9 VKR sind, nur bei der Vergabe von Bauaufträgen an die Regelungen der VKR gebunden sind, oder besteht eine vergaberechtliche Bindung des Baukonzessionärs hinsichtlich der Vergabe aller Leistungen, welche der Baukonzessionär zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Konzessionsvertrag zu erbringen hat?
3. Sofern die Frage 2 dahingehend beantwortet wird, dass der Baukonzessionär im Sinne des Art. 63 Abs. 1 VKR nur bei der Vergabe von Bauaufträgen an die Regelungen der VKR gebunden ist: Ist der Baukonzessionär im Sinne des Art. 63 Abs. 1 VKR auch bei getrennter Vergabe von Planungs- und Bauleistungen zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Konzessionsvertrag hinsichtlich der Vergabe der Planungsleistungen an die Vorgaben der VKR oder die sich aus dem Primärrecht (Artt. 34, 49, 56 AEUV) ergebenden Vergabegrundsätze gebunden oder kann er diese freihändig vergeben?
4. Sofern der Baukonzessionär im Sinne des Art. 63 Abs. 1 VKR bei der Vergabe von Planungsleistungen nicht an die Bestimmungen der VKR gebunden ist, jedoch die sich aus dem Primärrecht (Artt. 34, 49, 56 AEUV) ergebenden Vergabegrundsätze zu beachten hat: Findet die Rechtsmittelrichtlinie im Hinblick auf die Beachtung der Vergabegrundsätze Anwendung?"
Zusätzlich bot die Antragsgegnerin Zeugen dafür an, dass die Antragstellerin bereits im Dezember 2010 Kenntnis vom Realisierungswettbewerb hatte und nach einem Gespräch eine Einigung dahingehend erzielt worden sei, dass sich die Antragstellerin nicht am Wettbewerb beteilige. Die Zeu...