Leitsatz (amtlich)
1. Wenn ein Scheinbeklagter auf seinen Antrag aus dem Rechtsstreit entlassen wird, bezieht sich die zu Lasten der Klagepartei in diesem Fall zu treffende Kostengrundentscheidung nur auf die Kosten, die zur Geltendmachung der fehlenden Parteistellung notwendig waren.
2. Unabhängig davon, ob der Scheinbeklagte seinem Prozessbevollmächtigten einen unbeschränkten Verfahrensauftrag erteilt hat, kann er vom Kläger als Prozessgegner jedenfalls dann grundsätzlich nur die Erstattung einer 0,8 Verfahrensgebühr für sonstige Einzeltätigkeiten gemäß der Nr. 3403 RVG-VV verlangen, wenn dieser nach einem dahin gehenden Einwand des Scheinbeklagten unverzüglich anerkannt hat, dass der Zustellungsempfänger mit dem gewollten Beklagten nicht identisch war (im Anschluss an BGH, Urt. v. 27.11.2007 - X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 = MDR 2008, 524 und OLG Dresden Beschl. v. 8.6.2007 - 10 W 291/07, OLGReport Dresden 2007, 845).
Normenkette
ZPO §§ 50, 91 Abs. 1 S. 1; RVG-VV Nrn. 3100, 3403
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 14.08.2009; Aktenzeichen 1HK O 3862/08) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 3.518 EUR.
Gründe
I. Der Kläger hat als Insolvenzverwalter mit seiner Klage vom 15.7.2008 die im Rubrum dieses Beschlusses als Beklagte aufgeführte K. Wohnbau GmbH & Co. KG auf Zahlung von 182.773,93 EUR in Anspruch genommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.3.2009 hat der Prozessbevollmächtigte der vormaligen Beklagten unter Übergabe von Handelsregisterauszügen darauf hingewiesen, dass deren Passivlegitimation nicht gegeben sei, weil sie nicht Vertragspartner der Insolvenzschuldnerin gewesen sei. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 31.3.2009 die Berichtigung des Passivrubrums dahingehend beantragt, dass die K. Hausbau GmbH & Co. KG verklagt sein sollte. Das LG München II hat mit Beschluss vom 15.5.2009 das Rubrum auf der Passivseite antragsgemäß berichtigt, die Scheinbeklagte K. Wohnbau GmbH & Co. KG aus dem Rechtsstreit entlassen und der Klagepartei insoweit die Kosten auferlegt. Die entlassene Beklagte hat die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr sowie einer 1,2 Terminsgebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer beantragt. Der Rechtspfleger hat nur eine 0,8 Verfahrensgebühr gemäß der Nr. 3403 RVG-VV als erstattungsfähig angesehen.
Hiergegen wendet sich die vormalige Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, die damalige Beklagte habe bereits in der Klageerwiderung vom 18.8.2009 darauf hingewiesen, dass gegen sie keine Zahlungsansprüche aus der Rechnung der Insolvenzschuldnerin vom 11.3.2005 hergeleitet werden könnten. Auch in der Folge habe sie auf den nicht schlüssigen Vortrag des Klägers verwiesen. Es könne der vormaligen Beklagten nicht angesonnen werden, den Kläger zu einer Klage gegen die eigene Mandantin des Prozessbevollmächtigten, die K. Hausbau GmbH & Co. KG, zu ermuntern. Der Kläger hätte die fehlende Passivlegitimation der früheren Beklagten bereits vor der mündlichen Verhandlung feststellen können, wenn er sich mit deren Argumenten auseinandergesetzt hätte. Es sei nicht Aufgabe der Beklagten, den Kläger auf seinen Irrtum hinzuweisen. Damit würden die prozessualen Pflichten überspannt.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet. Der Rechtspfleger hat zutreffend nur eine 0,8 Verfahrensgebühr für sonstige Einzeltätigkeiten gemäß der Nr. 3403 RVG-VV als erstattungsfähig angesehen.
1. Das LG hat mit Beschluss vom 15.5.2009 an Hand einer Auslegung der Klageschrift und der dieser beigefügten Anlagen festgestellt, dass der Kläger von Anfang an die Vertragspartnerin der Insolvenzschuldnerin, also die nunmehrige Beklagte K. Hausbau GmbH & Co. KG in Anspruch nehmen wollte und es sich damit nur um eine falsche Parteibezeichnung handelte, die gem. § 319 ZPO analog zu berichtigen gewesen sei. An diese Beurteilung sind der Rechtspfleger und der Senat im Kostenfestsetzungsverfahren gebunden.
2. Es lag damit nur ein Bezeichnungsirrtum vor und keine gewillkürte Parteiänderung, die im Hinblick auf die ausgeschiedene Beschwerdeführerin wie eine Klagerücknahme zu behandeln gewesen wäre (Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 263 Rz. 3 und 23; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., Vorbem. § 50 Rz. 22).
a) Die Firma K. Wohnbau GmbH & Co. KG ist durch die Zustellung der Klage an sie nicht Partei des vorliegenden Rechtsstreits geworden. Als sog. Scheinbeklagte hatte sie von Anfang an nur das Recht, durch eine Entscheidung des Gerichts aus dem Rechtsstreit entlassen zu werden, wobei gleichzeitig dem Kläger, der die falsche Zustellung veranlasst hatte, die Kosten aufzuerlegen waren, die zur Geltendmachung der fehlenden Parteistellung notwendig waren. Für eine Klageabweisung war dagegen auf Grund der fehlenden Parteistellung kein Raum, nachdem der Kläger nach dem Hi...