Leitsatz (amtlich)

Zu den Vollstreckungsvoraussetzungen eines österreichischen Titels (Wechselzahlungsauftrags) für die Eintragung einer Zwangshypothek im Grundbuch eines in Deutschland gelegenen Grundstücks.

 

Normenkette

EGVO Nr. 44/2001 -EuGVVO a.F. - Art. 38, Nr. 44/2001 -EuGVVO a.F. - Art. 39, Nr. 805/2004 -EuVTVO -Art. 5; AVAG § 8; ZPO § 867

 

Verfahrensgang

AG Passau (Beschluss vom 19.11.2015)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Passau - Grundbuchamt - vom 19.11.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, eine in Österreich ansässige Bank in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft, erwirkte gegen den in Deutschland wohnhaften Schuldner aufgrund einer unter dem 6.10.2014 zu dem österreichischen Landesgericht R. erhobenen Wechselmandatsklage einen am 9.10.2014 erlassenen Wechselzahlungsauftrag. Darin wird dem Schuldner auf der

Grundlage eines seitens der Antragstellerin vorgelegten, nicht eingelösten Wechsels die Zahlung von 12.846,38 EUR und weiteren 42.946,15 EUR jeweils nebst Zinsen seit 7.10.2014 sowie Kosten im Betrag von 2.139,68 EUR an die Antragstellerin binnen einer Frist von 14 Tagen nach Zustellung "bei sonstiger Exekution" aufgetragen. Am 20.11.2014 bestätigte das österreichische Gericht auf einer Ausfertigung des Wechselzahlungsauftrags die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Titels.

Der Schuldner ist im Grundbuch als Miteigentümer von Grundbesitz eingetragen. Am 2.4.2015 ersuchte die anwaltlich vertretene Antragstellerin das Grundbuchamt unter Vorlage der oben beschriebenen Titelausfertigung, auf dem Miteigentumsanteil des Schuldners eine Zwangssicherungshypothek in titulierter Forderungshöhe zuzüglich Zinsen und Kosten einzutragen. Beigefügt waren die Bescheinigung des Ausgangsgerichts vom 22.12.2014 darüber, dass der Titel im Ursprungsmitgliedstaat Österreich vollstreckbar ist, ein Antrag vom 17.12.2014 auf Ausstellung eines europäischen Vollstreckungstitels nebst Kostenfestsetzung des österreichischen Landesgerichts für dieses Verfahren vom 22.12.2014, die Exekutionsbewilligung des österreichischen Bezirksgerichts M. vom 4.12.2014, mit der die beantragte zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf einem in Österreich gelegenen Grundstück des Schuldners auf der Grundlage des Wechselzahlungsauftrags bewilligt worden ist, nebst Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit der Exekutionsentscheidung im Ursprungsmitgliedsstaat Österreich vom 26.1.2015.

Nach erfolglosem Hinweis darauf, dass die eingereichten Unterlagen als Vollstreckungsgrundlage nicht ausreichen, hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 19.11.2015 den Antrag zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde, mit der sie - die vorgenannten Unterlagen im Original nachreichend - ihren Antrag weiterverfolgt.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Die in der Beschwerdeinstanz erneut eingeräumte Gelegenheit zur Vervollständigung der Vollstreckungsunterlagen blieb ungenutzt.

II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Grundbucheintragung (vgl. Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 2169 ff.; Demharter GBO 29. Aufl. Anh. zu § 44 Rn. 68) sind nicht erfüllt.

1. Die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek, § 867 ZPO, ist zwar verfahrensrechtlich ein Grundbuchgeschäft, aber als Zwangsvollstreckungsmaßnahme zugleich ein Vollstreckungsakt (BGHZ 27, 310/313; Zöller/Stöber § 867 Rn. 1). Das Grundbuchamt bzw. im Beschwerdeverfahren das Oberlandesgericht hat daher nicht nur zu prüfen, ob die begehrte Eintragung mit den Vorschriften der Grundbuchordnung in Einklang steht, sondern auch, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt sind (BGHZ 148, 392/394; 27, 310/313; Meikel/Böttcher § 18 Rn. 43). Dies ist mangels tauglichen Vollstreckungstitels nicht der Fall.

2. Der in der Republik Österreich erlassene und dort vollstreckbare Gerichtsentscheid kann im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nicht vollstreckt werden. Die Antragstellerin hat nicht in grundbuchmäßiger Form (§ 29 GBO) nachgewiesen, dass die vorgelegte gerichtliche Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt oder von einem deutschen Gericht in einem Exequaturverfahren für vollstreckbar erklärt worden ist.

a) Der in Österreich erlassene Gerichtsentscheid kann nicht unmittelbar in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckt werden.

Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12.12.2012 (fortan: EuGVVO) ist hier nicht einschlägig, denn sie ist gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nur anzuwenden auf Verfahren, öffentliche Urkunden oder gerichtliche Vergleiche, die am 10.1.2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw. gebilligt oder geschlossen worden ...

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