Leitsatz (amtlich)
Auskunftspflichtiger gemäß § 1686 BGB bei vorübergehender oder dauerhafter Inobhutnahme ist hinsichtlich einzelner Teilbereiche der elterlichen Sorge derjenige, der die elterliche Sorge für diesen Teilbereich inne hat. Dies gilt zumindest für den Teilbereich Gesundheitssorge, da der Inhaber dieses Teilbereichs Art und Umfang von Behandlungen bestimmt."
Verfahrensgang
AG Rosenheim (Beschluss vom 30.11.2016; Aktenzeichen 52F 1141/16) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers hin, wird der Beschluss des AG Rosenheim vom 30.11.2016 aufgehoben. Der Antragsgegner wird verpflichtet, in Bezug auf das Kind C.K. geboren am 28.07.2004, dem Antragsteller folgendes mitzuteilen:
- die Diagnose, die zur Thearapie führte
- die Art der psychotherapeutischen Therapie und
- der zeitlichen Umgang der Therapie mitzuteilen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Von einer Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner Auskunft hinsichtlich des Gesundheitszustands des Kindes C.K., geboren am 28.07.2004. Der Antragsgegner ist Ergänzungspfleger (Verf. 52 F 328/16) für folgende Teilbereiche der elterlichen Sorge: hinsichtlich des Bereichs Gesundheitsfürsorge, das Recht, öffentliche Jugendhilfe zu beantragen und des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind C.K. Beiden Elternteilen ist die elterliche Sorge für diese Teilbereiche entzogen worden. Das Kind C. lebt bei der Mutter im Einverständnis mit dem Antragsgegner. Das Kind befindet sich in therapeutischer Behandlung; der Antragsteller beruft sich hinsichtlich seines Auskunftsrechts auf § 1686 BGB. Der Antragsgegner verweigert die Auskunft aus verschiedenen Gründen; zum Einen, da sich die Auskunftpflicht stets nur gegen den anderen Elternteil richte, soweit sich das Kind in dessen Obhut befindet; zum Anderen habe die Mutter bereits die Auskunft erteilt, indem die zahnmedizinische Behandlung mitgeteilt wurde und auch die Therapeutin genannt wurde. Eine weiter gehende Auskunft bestünde schon nicht. Des weiteren entspreche eine weiter gehende Auskunft nicht dem Kindeswohl.
Das AG Rosenheim hat mit Beschluss vom 30.11.2016 den Auskunftsantrag des Antragstellers abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Dieser beruft sich darauf, dass beiden Elternteilen die elterliche Sorge hinsichtlich des Teilbereichs Gesundheitsfürsorge entzogen wurde. Danach sei das Jugendamt als Ergänzungspfleger bestellt worden und somit an die Stelle der Eltern getreten. Daher sei der Antragsgegner auch zur Auskunft verpflichtet.
Weiter stünden auch Gründe des Kindeswohls nicht entgegen. Die Eltern hätten ein Recht darauf, zumindest im Kern die Diagnose und den Therapieablauf zu erfahren. Zwar hat der Antragsteller keinen ausdrücklichen Antrag im Beschwerdeverfahren gestellt; aus der Beschwerdeschrift ergibt sich jedoch, dass er den ursprünglichen Auskunftsantrag vom 7.6.2016 aufrecht erhält.
Danach stellt der Antragsteller folgenden Antrag:
Der Antragsgegner wird verurteilt, über das Kind C.K., geb. 28.07.2004, wohnhaft bei I.S., 1, Auskunft über die gesundheitliche Situation seit 17.02.2016 gemäß § 1686 BGB zu erteilen.
Der Antragsgegner beantragt zuletzt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Auf die gewechselten Schriftsätze wird inhaltlich Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff., 151 ff. FamFG zulässig, insbesondere erfordert die Zulässigkeit der Beschwerde keinen Beschwerdeantrag. Die Beschwerde ist teilweise begründet, im Übrigen aber zurückzuweisen.
1. Der Antragsgegner ist dem Antragsteller zur Auskunft entsprechend § 1686 BGB verpflichtet. Zunächst stellt sich die Frage, wer Auskunftpflichtiger im Sinne des § 1686 BGB ist. Grundsätzlich ist Aufkunftspflichtiger der jeweils andere Elternteil, der das Kind in Obhut hat und Auskunft erteilen kann (MüKo/Hennemann BGB, 7. Aufl. 2017, § 1686 Rn. 5).
Nach überwiegend herrschender Meinung ist die Bestimmung hinsichtlich des Auskunftsverpflichteten zu eng gefasst, da das aus dem Elternrecht (Art. 6 GG) fließende Auskunftsbedürfnis sich in gleicher Weise ergeben kann, wenn das Kind nicht bei dem anderen Elternteil lebt, sondern bei Pflegeeltern, einem Vormund oder in einem Heim (vergleiche nur Staudinger-Rauscher, BGB, Neubearbeitung 2014, § 1686, Rn. 5; DIJuF- Rechtsgutachten vom 02.04.2013, Jugendamt 2013, 203; OLG Hamm NZFam 2016, 1052 = MDR 2016, 1389).
Ist das Kind vorübergehend oder dauerhaft in der Obhut eines Dritten, z.B. in einer stationären Einrichtung oder bei Pflegeeltern, so stellt sich die Frage, ob die Eltern in analoger Anwendung von § 1686 BGB entweder die Auskunftsrechte gegen das Heim oder die Pflegeeltern als Inhaber der Obhut über das Kind haben oder ob die Auskun...