Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzungsverfahren, Rechtsbeschwerde, Scheidungsverfahren, Ratenzahlung, Staatsangehörigkeit, Kaufvertrag, Beschwerde
Verfahrensgang
AG Altötting (Beschluss vom 08.08.2016; Aktenzeichen 002 F 20/14) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Altötting vom 08.08.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsgegnerin wurde mit Beschluss des AG Altötting vom 27.03.2014 Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren Scheidung bewilligt und Rechtsanwalt J. beigeordnet. Die Beiordnung erfolgte mit Ratenzahlung, wobei die Ratenhöhe 225 EUR betrug. Mit Beschluss vom 22.05.2014 hat das AG Altötting die Ratenzahlung gestundet. Nach der notariellen Scheidungsvereinbarung vom 05.01.2016 im Scheidungsverfahren erhielt die Antragsgegnerin gemeinsam mit ihrer Mutter einen Betrag von 180.000 EUR für die Aufgabe eines Wohnrechts aus einem früheren ehelichen Anwesen. Hiervon hat sie 17.582,95 EUR an den anwaltlichen Vertreter als Honorar in Abstimmung mit der Mutter und Mitgläubigerin bezahlt; weitere 86.700 EUR erhielt die Mutter und Mitgläubigerin aus einer valutierten Buchgrundschuld in Höhe von 75.000 EUR sowie einem Kostenerstattungstitel in Höhe von 11.700 EUR. Der Antragsgegnerin verblieben somit 75.717,05 EUR. Das AG Altötting hat mit Beschluss vom 08.08.2016 eine Einmalzahlung in Höhe der Verfahrenskosten angeordnet. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, die geltend macht, dass sie sich gemäß notariellem Kaufvertrag 02.08.2016 eine Zweizimmerwohnung für einen Kaufpreis von 130.000 EUR gekauft hat. Diese Wohnung stelle ein Surrogat für das frühere eheliche Anwesen dar und diene dazu, den Wohnbedarf der Antragsgegnerin in bescheidenem Umfang zu decken. Der Bezirksrevisor des LG Traunstein hat in seiner Stellungnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2008, 302) verwiesen, wonach der Umstand, dass aus dem erworbenen Vermögen eine neue Eigentumswohnung im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII erworben worden ist, der Zurechnung nach § 120a Abs. 1 ZPO nicht entgegenstehe. Das AG Altötting hat der Beschwerde daher nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet.
1. Da die Ausgangsentscheidung des AG Altötting bereits zum neuen Recht (Verfahrenskostenhilfeantrag nach dem 01.01.2014) erging, war auch das Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren nach neuem Recht durchzuführen (Thomas/Putzo/Seiler ZPO, 37. Aufl., Vorbem. § 114Rn. 4).
2. Die Antragsgegnerin hat das Vermögen, welches ihr aus der notariellen Scheidungsvereinbarung vom 05.01.2016 im Scheidungsverfahren zugeflossen ist, für die Verfahrenskostenhilfe einzusetzen.
A. Nachdem der Antragsgegnerin nach Abzug aller Verbindlichkeiten nach eigenem Vortrag tatsächlich ein Überschuss von 75.717,05 EUR verblieb, muss sie diesen Betrag für die Kosten der Verfahrensführung gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. 115 Abs. 3, 120a Abs. 1, 3 ZPO einsetzen.
Diese Rechtsfrage hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden. So führt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 31.10.2007 (BGH NJW-RR 2008, 302 Rn. 5) aus, dass dem Beteiligten im Rahmen einer Änderungsentscheidung Vermögen zugerechnet werden könne, das er inzwischen erworben, aber in Kenntnis der Abänderungsmöglichkeit wieder ausgegeben habe, womit er seine zeitweilig entfallene Leistungsunfähigkeit böswillig wieder herbeigeführt habe. Das gelte wegen der im Gesetz normierten Möglichkeit zur Änderung einer Verfahrenskostenhilfeentscheidung innerhalb der folgenden vier Jahre (§ 120 Abs, 4 ZPO, jetzt § 120a Abs. 1 S. 4 ZPO) generell und sei auch nicht vom Zugang einer entsprechenden Verfügung des Gerichts abhängig.
Dieser gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (auch FamRZ2007, 1720) schließt sich der Senat an, da sich dies auch gerade aus der Neufassung des § 120a ZPO noch deutlicher als bei § 120 Abs. 4 ZPO a.F. ergibt. Der Beteiligte muss danach immer mit der Verpflichtung des Einsatzes des aus dem Verkauf erlangten Vermögens rechnen und er kann das Vermögen nur für berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten verwenden, die schon vorhanden waren. Ist das Verfahren oder der Rechtsstreit bereits absehbar, darf ein Vermögenszufluss vorrangig zum Abtrag dieser Verbindlichkeiten verwendet werden und führt erst im Übrigen zu einem für die Prozesskosten einzusetzenden Vermögen i. S. von § § 115 Abs. 3 ZPO. Diese Abzüge wurden hier beim AG Altötting hinsichtlich der Buchgrundschuld und den Rechtsanwaltskosten sowie dem Kostenfestsetzungsverfahren bereits unstreitig vorgenommen, so dass lediglich ein einzusetzendes Vermögen von 75.717,05 EUR verblieb.
B. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin nunmehr gemäß notariellem Kaufvertrag 02.08.2016 eine Zweizimmerwohnung gekauft hat, welche als privilegierte Wohnung nach § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 ...