Verfahrensgang
LG Landshut (Entscheidung vom 07.08.2012; Aktenzeichen 71 O 2086/11) |
Tenor
I.
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 07.08.2012 durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Hierzu wird binnen 3 Wochen ab Zugang Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
II.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 48.843,91 EUR festgesetzt.
Gründe
A.
Das Landgericht hat eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten zutreffend verneint.
1. Es existiert von Rechts wegen keine uneingeschränkte Räum- und Streupflicht bei winterlicher Glätte. Vielmehr ist Grundvoraussetzung für das Einsetzen der Räum- und Streupflicht das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen (vgl. BGH vom 12.06.2012, VI ZR 138/11; BGH vom 21.01.1982, III ZR 80/81, VersR 1982, 299, 300; BGH vom 26.02.2009, III ZR 225/08, NJW 2009, 3302, Rdnr. 4 m.w.N.; OLG Jena, NZV 2009, 599, 600 m.w.N.; Carl, VersR 2012, 414, 415; Geigel/Wellner, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 14 Rdnr. 147; Staudinger/Hager, Kommentar zum BGB-2009, § 823 Rdnr. E 128).
2. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass am Unfalltag keine allgemeine Glätte geherrscht hat. Für den streitgegenständlichen Gehweg hat die Klägerin im Schriftsatz vom 03.11.2011 selbst vorgetragen, dass dieser bis zur Eisplatte von einwandfreier Beschaffenheit, insbesondere trocken und gut begehbar war. Dies hat die Klägerin bei ihrer Anhörung vom 13.03.2012 im Wesentlichen bestätigt. Auch der Zeuge S. hat den Gehweg als sauber und trocken geschildert. Mithin war der Beklagte am 08.01.2011 bei insgesamt unstreitig sonnigem und trockenem Wetter jedenfalls an der Unfallstelle nicht streupflichtig.
Dabei kommt es, abgesehen davon, dass die Klägerin in Anbetracht der Aussage des Zeugen S. ihr diesbezügliches Vorbringen auch nicht beweisen könnte, nicht entscheidend darauf an, ob die vereinzelte Eisplatte die gesamte Breite des Gehwegs oder nur einen Teil von diesem eingenommen hat.
Entgegen der Einschätzung der Berufung ist die unter Ziffer 1.) genannte Rechtsprechung uneingeschränkt auf die verfahrensgegenständliche Unfallstelle anwendbar. Nach der Rechtsprechung (zuletzt OLG Koblenz, Beschluss v. 10.01.2012, 5 U 1418/11 m.w.N.) spielt es für den an den Pflichtigen anzulegenden Sorgfaltsmaßstab keine Rolle, ob sich der Unfall auf einem von der öffentlichen Hand betriebenen Parkplatz oder einem privaten Kundenparkplatz zugetragen hat. Für den Gehweg von bzw. zu einem Parkhaus gilt dies auch. Für solch einen im Freien verlaufenden Gehweg gilt damit entgegen der Einschätzung der Berufung kein verschärfter Haftungsmaßstab. Auch aus dem von der Berufung zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.01.1977 (VersR 1977, 431) lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten. Letztlich statuiert der Bundesgerichtshof dort nur die Verpflichtung des Vermieters, den Zugang vom Haus zum öffentlichen Gehweg pflichtgemäß zu räumen und zu streuen. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist im Übrigen, was hier auch nicht passt, zum Umfang der Verkehrssicherungspflicht bei außergewöhnlich schwierigen und gefährlichen Witterungsverhältnissen ergangen.
Mithin gelten, entgegen der Einschätzung der Berufung, für die streitgegenständliche Unfallstelle keine gegenüber der Verkehrssicherungspflicht auf öffentlichen Gehwegen verschärften Anforderungen an den vom Pflichtigen zu gewährleistenden Sicherheitsstandard.
3. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob, wie von der Beklagten behauptet, die Eisplatte, auf der die Klägerin ausgerutscht ist, durch Tropfwasser entstanden ist und derartiges von der Beklagten an der Unfallstelle zuvor noch nicht beobachtet worden war.
Der Klägerin wird empfohlen, die Berufung zur Kostenminderung zurückzunehmen.
B.
Bei in der Sache unverändertem Klagebegehren bemisst der Senat den Streitwert für das Berufungsverfahren im Anschluss an die Klageschrift und den Beschluss des Landgerichts vom 07.08.2012 mit 48.843,91 EUR.
Fundstellen