Leitsatz (amtlich)

An einer Publikums-KG gleich ob als Direktkommanditisten oder als Treugeberkommanditisten beteiligte Anleger sind "am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligte" im Sinne des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO, deren Interesse an der Durchführung des Gesellschafterinnenausgleichs im Rahmen der Liquidation der KG deshalb kein "allgemeines Interesse" im Sinne des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO darstellt, sodass die gegenüber der Liquidationsgesellschaft erfolgende Versagung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Gesellschafterinnenausgleichs "allgemeinen Interessen" nicht zuwiderläuft.

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 28 O 17083/18)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 20.12.2018, Az. 28 O 17083/18, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist eine Publikums-KG, die mit Liquidationsbeschluss vom 30.01.2017 aufgelöst wurde und sich in Liquidation befindet. Zum Liquidator wurde die Rödl AIF Verwahrstelle GmbH bestellt. An der Antragstellerin haben sich über 400 Kleinanleger beteiligt.

Die Antragsgegnerin ist der Antragstellerin beigetreten. Die Beteiligungssumme in Höhe von 25.200,00 EUR sollte von der Antragsgegnerin in Raten erbracht werden. Bislang zahlte die Antragsgegnerin insgesamt 6.020,00 EUR an die Antragstellerin.

Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin die Zahlung der noch nicht geleisteten Restbeteiligungssumme in Höhe von 19.180,00 EUR zur Deckung der Kosten der Liquidation, der "Abwicklung der Drittverbindlichkeiten der Gesellschaft" sowie zur Durchführung des Gesellschafterinnenausgleichs. Die Antragstellerin macht zum selben Zweck in 140 weiteren Verfahren Ansprüche der Antragstellerin auf Zahlung der Restbeteiligungssumme gegen Anleger geltend.

Zum 04.01.2019 verfügte die Antragstellerin über Barmittel in Höhe von 56.452,92 EUR.

Die Antragstellerin beantragte, ihr zur gerichtlichen Geltendmachung des Zahlungsanspruchs in Höhe von 19.180,00 EUR gegen die Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe zu gewähren.

Mit dem Antragstellerinvertreter am 08.01.2019 zugestellten Beschluss vom 20.12.2018 (Bl. 1/6 PKH) lehnte das Landgericht München I den Prozesskostenhilfeantrag ab. Der dagegen mit Schriftsatz des Antragstellerinvertreters vom 07.02.2019, eingegangen beim Landgericht München I am selben Tag, eingelegten sofortigen Beschwerde (Bl. 28/30 d.A.) half das Landgericht mit Beschluss vom 11.02.2019 (Bl. 31/34 d.A.) nicht ab und ordnete die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht an. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt seien, da die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen nicht zuwiderlaufe. Denn betroffen seien von dem mit der Liquidation verfolgten Zweck des Gesellschafterinnenausgleichs nach dem Beschwerdevorbringen nur die 400 Anleger der Antragsteller und damit nur "am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligte", nicht aber die Allgemeinheit. Darüber reichten die zum 04.01.2019 verfügbaren Barmittel der Antragstellerin auch ohne weiteres zur Finanzierung des Rechtsstreits aus.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zwar zulässig, jedoch unbegründet, da das Landgericht den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 116 S. 1 ZPO zu Recht zurückgewiesen hat.

1. Entgegen der noch in der Antragsschrift von der Antragstellerin vertretenen Rechtsansicht kommt eine Gewährung von Prozesskostenhilfe unter den Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO schon deshalb nicht in Betracht, da Antragstellerin die Fondsgesellschaft ist und damit keine Partei kraft Amtes. Selbst wenn aber die Liquidatorin Partei des Rechtsstreits wäre, würde dies an der Unanwendbarkeit des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO nichts ändern, da ein Liquidator ebenfalls keine Partei kraft Amtes ist (BGH, Beschluss vom 19.07.2006 - II ZA 1/06, Rz. 1).

2. Zwar handelt es sich bei der Antragstellerin um eine KG und damit um eine "parteifähige Vereinigung" iSd. § 116 S. 1 Nr. 2 ZPO (BGH, Beschluss vom 10.02.2011 - IX ZB 145/09, Rz. 7), jedoch scheitert eine Prozesskostengewährung nach dieser Vorschrift - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - daran, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen nicht zuwiderläuft.

Der Gesetzgeber hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe an parteifähige Vereinigungen durch § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO in Einklang mit der Verfassung an das spezielle Erfordernis geknüpft, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Diese Beschränkung trägt den besonderen Verhältnissen der rechtsfähigen Vereinigungen Rechnung, die nur dann eine von der Rechtsordnung anerkannte Existenzberechtigung besitzen, wenn sie in der Lage sind, ihre Ziele aus eigener Kraft zu verfolgen (BT-Drucks. 8/3068 S. 26 unter Hinweis auf BVerfGE 35, 348 ff, 356). Vor diesem Hintergrund will die Regelung des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZP...

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