Leitsatz (amtlich)
Die Gestattung von Grundbucheinsicht an einen Pressevertreter setzt voraus, dass das Rechercheinteresse in tatsächlicher Sicht hinreichend konkret dargelegt wird und sich aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt, dass die beantragte Grundbucheinsicht auf die Beschaffung journalistisch verwertbarer Informationen abzielt und daher als Teil der publizistischen Vorbereitungstätigkeit dem Schutzbereich der Pressefreiheit zuzuordnen ist (vgl. BVerfG vom 7.10.2000, 1 BvR 1521/00). - Im konkreten Fall verneint für Recherchen "u.a. in Belangen von öffentlichem Interesse aufgrund gesundheits- und Umweltgefahren im Zusammenhang mit ehemaligen militärischen Liegenschaften" und "Begleitung" einer Person in einem Verfahren gegen die öffentliche Hand.
Normenkette
GBO § 12 Abs. 1; GBV § 46 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten vom 11.12.2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte ist Inhaber einer über www.presse.ag bezogenen International Press Card (Presseausweis). Unter Vorlage des Ausweises beantragte er als freier Journalist am 26.10.2015 Einsicht in die Grundbücher der Fliegerhorstsiedlung in K. Er sei als "auf Wirtschaftskriminalität, unterdrückte Pressefreiheit, Politverflechtungen, Justizdefizite und Mängel im Gutachterwesen ausgerichteter Journalist" im Rahmen seiner Recherchen "u.a. in Belangen von öffentlichem Interesse aufgrund Gesundheits- und Umweltgefahren im Zusammenhang mit ehemaligen militärischen Liegenschaften eingebunden". Sein berechtigtes Interesse liege "in einem Anfangsverdacht nach bereits erfolgten Recherchen" begründet. Auf den Hinweis, dass zur Prüfung des berechtigten Interesses weitere Angaben erforderlich seien, versicherte er, dass seine Recherche Fragen betreffe, welche die Öffentlichkeit wesentlich im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung angingen. Dies sei mit Blick auf die herausgehobene politische Stellung des Grundstückseigentümers, einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts, der Fall. Die Aufbereitung gewährleiste eine ernsthafte und sachbezogene Auseinandersetzung. Aus nachvollziehbaren Vertraulichkeitsgründen könnten im derzeitigen Stadium keine weiter gehenden Details offengelegt werden, um das Ergebnis nicht zu gefährden.
Mit Beschluss vom 10.11.2015 wies das Grundbuchamt - Rechtspfleger - das Einsichtsgesuch zurück, weil das berechtigte und öffentliche Interesse nicht ausreichend dargelegt und eine klare Zuordnung zu Grundakten mangels konkreter Bezeichnung der Grundbuchstellen nicht möglich sei.
Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit Anwaltsschriftsatz vom 11.12.2015, mit dem unter Einlegung der Beschwerde vorgetragen wird, der Beteiligte begleite eine namentlich bezeichnete Person in einem Verfahren gegen die öffentliche Hand und habe als Pressevertreter einen berechtigten Anspruch auf Grundbucheinsicht. Nur so seien ihm eine sachgerechte Recherche und eine objektive Berichterstattung möglich.
Das Grundbuchamt hat auch die ergänzten Angaben für unzureichend gehalten und dem Rechtsmittel deshalb nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 12c Abs. 4, § 71 Abs. 1 GBO statthaft und auch sonst in zulässiger Weise, § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG, eingelegt. Sofern der Rechtspfleger vorliegend ein Geschäft des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wahrgenommen hat, ändert dies an der Wirksamkeit des Geschäfts nichts (vgl. § 8 Abs. 5 RPflG).
In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 3 GBO, § 46 Abs. 1 GBV ist die Einsicht des Grundbuchs und der Grundakten jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Auch aus dem in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Grundrecht auf Pressefreiheit kann ein (öffentliches) berechtigtes Interesse an der Einsicht erwachsen. Dies setzt voraus, dass ein Informationsbeschaffungsinteresse einer publizistisch tätigen Person dargelegt wird. Dabei wirkt die Pressefreiheit ihrerseits auf die Anforderungen zurück, die an die Darlegung des Interesses zu stellen sind. Deshalb dürfen nur solche Konkretisierungen verlangt werden, die für die Feststellung des Informationsinteresses bedeutsam sind (BVerfG NJW 2001, 503/505; BGH NJW-RR 2011, 1651 f.; auch OLG Düsseldorf NJW 2016, 89; OLG Stuttgart, 8 W 222/12 und 8 W 228/12, jeweils juris; OLG Hamm, 15 W 500/11, juris Rn. 12 und 14). Einer Bewertung hingegen hat sich das Gericht wegen des Gebots staatlicher Inhaltsneutralität zu enthalten (BVerfG NJW 2001, 503/506).
Ist danach die Kompetenz des Grundbuchamts und in zweiter Instanz des Beschwerdegerichts bei der Entscheidung über das Einsichtsgesuch auf die Prüfung beschränkt, ob ein Informationsinteresse besteht, so entbindet dies den Pressevertreter nicht von der Notwendigkeit, das Rechercheinteresse in tatsächlicher Sicht hinreichend konkret darzulegen, um dem Gericht die ihm in diesem Umfang obliegende Überprüfung zu ermöglichen. Erforderlich ist ...