Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Anordnung: Rechtmäßigkeit einer Gewaltschutzanordnung bei nicht zeitnaher Terminierung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit nach § 62 FamFG schließt auch die Verletzung von Verfahrensrechten ein.
2. Näherungsverbote nach GewaltSchG entfalten eine Dauerwirkung. Eine nicht zeitnahe Terminierung verletzt den verfahrensrechtlichen Anspruch auf erneute Entscheidung nach § 54 Abs. 2 FamFG
Normenkette
FamFG § 54 Abs. 2, § 62
Verfahrensgang
AG Günzburg (Beschluss vom 03.02.2010; Aktenzeichen 1 F 855/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird Nr. 2 des Beschlusses des AG Günzburg vom 3.2.2010 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des AG Günzburg vom 17.12.2009 den Antragsgegner in seinen Rechten verletzt.
2. Für das Beschwerdeverfahren werden Gerichtskosten nicht erhoben.
Im Übrigen tragen die Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.
3. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerde des Antragsgegners betrifft die Rechtmäßigkeit einer Gewaltschutzanordnung durch einstweilige Anordnung.
Beide Beteiligten sind Mieter des Anwesens Buchenweg 8 in B. Die Antragstellerin bewohnt die Erdgeschosswohnung, der Antragsgegner bewohnt die Wohnung im I. Stock dieses Anwesens.
Die Antragstellerin beantragte zur Niederschrift des AG am 16.12.2009 den Erlass einer Gewaltschutzanordnung. Zur Begründung trug die Antragstellerin unter Hinweis auf ihre polizeiliche Einvernahme vom 14.11.2009 vor, der Antragsgegner habe sie am 8.11.2009 im Keller des von beiden Beteiligten bewohnten Wohnanwesens an den Schultern gepackt und am Weitergehen gehindert sowie ihr am 11.11.2009 im Keller den Weg versperrt. Weiter habe der Antragsgegner seit Anfang Dezember 2009 sie im Eingang des Hausanwesens "gepackt und in die Ecke gedrückt". Am 27.11.2009 habe sie der Antragsgegner im Kellerflur des Anwesens eingesperrt. Zum Beweis bot die Antragstellerin teilweise die Einvernahme von Zeugen an.
Mit Beschluss vom 17.12.2009 erließ das AG ohne vorhergehende mündliche Anhörung eine einstweilige Anordnung, wonach es der Antragsgegner u.a. zu unterlassen hatte, sich in einem Umkreis von 10 m der Wohnung der Antragstellerin ohne vorhergehende Zustimmung aufzuhalten. Dem Antragsgegner wurde weiter verboten, mit der Antragstellerin in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen. Gleichzeitig ordnete das AG die sofortige Wirksamkeit an.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2009, eingegangen beim AG am selben Tag, beantragte der Antragsgegner aufgrund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden und bat ausdrücklich baldmöglichst Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Der Antragsgegner bestritt den Sachvortrag der Antragstellerin vollumfänglich und trug vor, die Antragstellerin würde ihm zustehende Räumlichkeiten trotz entgegenstehender Anweisungen des Vermieters nicht räumen, er habe auf Anweisung des Vermieters Schlösser ausgewechselt, die Antragstellerin habe Verblendungen seines Kellerabteils unberechtigt abgerissen. Einen unmittelbaren körperlichen Kontakt der Beteiligten habe es nur einmal Anfang Dezember 2009 gegeben. Die Antragstellerin habe den Antragsgegner dabei mit Hand, Armen und Schulter zur Seite gedrückt. Der Antragsgegner habe daraufhin die Antragstellerin zur Seite geschoben. Am 11.11.2009 habe die Antragstellerin dem Antragsgegner den Weg versperrt. Am 8.11.2009 sei die Antragstellerin nicht eingesperrt gewesen. Der Antragsgegner bietet für seinen Sachvortrag die Einvernahme von Zeugen an.
Das AG bestimmte daraufhin mit Verfügung vom 4.1.2010 Termin zur mündlichen Verhandlung auf 3.2.2010. In diesem Termin nahm die Antragstellerin ihren Antrag zurück, weil sie zwischenzeitlich aus der Wohnung ausgezogen war. Der Antragsgegner beantragte, den Beschluss vom 17.12.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Antragsgegner durch die einstweilige Anordnung in seinen Rechten verletzt worden ist.
Das AG hob mit Beschluss vom 3.2.2010 unter Nr. 1 den Beschluss des AG vom 17.12.2009 auf und wies unter Nr. 2 den Antrag des Antragsgegners auf Feststellung der Rechtswidrigkeit zurück.
Der Antragsgegner wendet sich mit Beschwerde gegen Nr. 2 dieses Beschlusses und beantragt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses vom 17.12.2009. Außerdem beantragt er, die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen. Der Antragsgegner meint, die Antragstellerin habe eine einstweilige Anordnung durch eine grob fehlerhafte Sachverhaltsdarstellung erwirkt und ihren Sachvortrag nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Das AG habe über Gebühr lange mit der Ansetzung eines Termins gewartet.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie meint, der Antragsgegner habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung. Außerdem sei dem Antragsgegner die Benutzung seiner Wohnung im 1. Stock des Hausanwesens nicht verboten worden.
Die Beteiligten erhielten vorab Gelegenheit, sich zur nun getroffenen Entscheidung des Sena...