Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Aufgebotsverfahren zum Ausschluss des Hypothekengläubigers bei Erfüllung der Forderung
Leitsatz (amtlich)
Das Aufgebotsverfahren zum Ausschluss unbekannter Gläubiger steht nicht zur Verfügung, wenn der Eigentümer des belasteten Grundstücks die durch Hypothek gesicherte Forderung des eingetragenen Gläubigers, der der Person nach bekannt ist, nach eigener Behauptung erfüllt hat, die Erfüllung aber nicht beweisen kann.
Normenkette
BGB § 362 Abs. 1, §§ 894, 1163 Abs. 1 S. 2, § 1170; FamFG §§ 447, 449; ZPO § 867
Verfahrensgang
AG Günzburg (Beschluss vom 09.09.2016) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des AG Günzburg vom 9.9.2016 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens sowie - insoweit unter Änderung der Festsetzung im Beschluss vom 9.9.2016 - für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 8.084 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte ist Eigentümer des mit dem aufzubietenden Grundpfandrecht belasteten Grundbesitzes. In der Zweiten Abteilung des Grundbuchs ist unter lfd. Nr. 2 zugunsten des Gläubigers R. G. unter Bezugnahme auf gerichtliche Vollstreckungstitel (Endurteil und Kostenfestsetzungsbeschlüsse) seit 19.8.1998 eine - nach Umschreibung der Währung - auf 8.084,53 EUR lautende Zwangssicherungshypothek eingetragen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 19.5.2016 beantragte der Beteiligte wegen dieser Hypothek die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zum Ausschluss unbekannter Gläubiger mit der Begründung, er habe nach seiner festen Überzeugung die Forderung im Zusammenhang mit einem im Jahr 1999 angeordneten und im November 2000 durch Antragsrücknahme beendeten Zwangsversteigerungsverfahren erfüllt. Allerdings verfüge er über keine Zahlungsbelege mehr; seine unter anderem an Banken gerichtete Ersuchen, ihm nachweistaugliche Unterlagen aus den dortigen Vorgängen zu überlassen, seien wegen Verstreichens der Aufbewahrungsfrist ohne Erfolg geblieben. Daher sei unbekannt, ob das Recht noch dem eingetragenen Gläubiger oder dem Beteiligten zustehe. Außerdem sei der Aufenthalt des eingetragenen Gläubigers unbekannt, was die Durchführung des Aufgebotsverfahrens nach zwar umstrittener, aber vorzugswürdiger Ansicht ebenfalls rechtfertige.
Nach den vom AG durchgeführten Ermittlungen hat sich der eingetragene Gläubiger am 15.11.2014 nach Brasilien an eine beim Einwohnermeldeamt nicht erfasste Anschrift abgemeldet.
Mit Beschluss vom 9.9.2016 hat das AG den Antrag zurückgewiesen. Für die Einleitung des Aufgebotsverfahrens sei der unbekannte Aufenthalt des Gläubigers nicht ausreichend.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte mit dem als "Erinnerung" bezeichneten Rechtsmittel. Er beanstandet insbesondere, das Grundbuchamt habe außer Acht gelassen, dass nach - zwar nicht belegbarer, aber nach eigener Überzeugung vorgenommener - Zahlung unbekannt sei, ob die Hypothek noch dem eingetragenen Gläubiger oder inzwischen als Eigentümergrundschuld dem Beteiligten zustehe.
Das Grundbuchamt hat dem als Beschwerde behandelten Rechtsmittel vom 19.9.2016 nicht abgeholfen. Die Behauptung des Beteiligten zugrunde gelegt, sei der Gläubiger nicht unbekannt, sondern mit dem Eigentümer identisch.
II. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
1. Gegen die im Verfahren nach §§ 447 ff. FamFG ergangene Entscheidung des AG ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG die Beschwerde zum Oberlandesgericht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG) das statthafte Rechtsmittel. Als solche ist der Rechtsbehelf des Beteiligten auch auszulegen, denn mit ihm wird die sachliche Überprüfung der Antragszurückweisung im dafür vorgesehenen Verfahren begehrt. Die Bezeichnung als Erinnerung beruht auf der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des AG. Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen (§ 10 Abs. 2 Satz 1, § 59 Abs. 2 mit § 448 Abs. 1, § 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, § 64 Abs. 1 und 2 FamFG) sind erfüllt.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Nach § 1170 BGB findet das Aufgebotsverfahren statt, wenn der Gläubiger unbekannt ist. Der Berechtigte eines Grundpfandrechts ist unbekannt im Sinne von § 1170 BGB, wenn er trotz Ausschöpfung aller naheliegenden und mit zumutbarem Aufwand erschließbaren Erkenntnisquellen "seiner Person nach nicht bekannt" ist (BGH NJW-RR 2004, 664/665; 2009, 660/661; 2014, 1360/1361; NJW 2014, 693/694; Staudinger/Wolfsteiner BGB [2015] § 1170 Rn. 6). Ist - wie hier - eine natürliche Person als Inhaber einer Buchhypothek eingetragen, kann der Gläubiger unbekannt im Sinne von § 1170 BGB sein, wenn der eingetragene Gläubiger verstorben und nicht aufzuklären ist, wer ihn beerbt hat (vgl. BGH NJW-RR 2004, 664/665; 2014, 1360/1361; NJW 2014, 693/694; Senat vom 29.11.2012, 34 Wx 478/11 = NJOZ 2013, 967; vom 20.11.2012, 34 Wx 364/12 = FGPrax 2013, 41; Schäuble ZEV 2013, 589/590). Der Unbekanntheit des Gläubigers gleichgestellt wird der Fall, dass der Gläubigerprätendent sein Recht nicht nachzuweisen vermag (RGZ 67, 95/99 f.; BGH NJW 2014, 693/694). Ein solcher Gläubiger soll nicht die Verkehrsfähigkei...