Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 23.10.2013; Aktenzeichen 534 F 4112/13) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Endbeschluss des AG München vom 23.10.2013 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 3.358,92 festgesetzt.
5. Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird abgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten sind getrennt lebende türkische Eheleute. Die Antragstellerin will eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen, die ihr gestattet, von ihrem Ehemann getrennt zu leben. Sie beruft sich hierbei auf die Anwendbarkeit türkischen Rechts, das unter bestimmten Voraussetzungen eine solche Anordnung vorsieht. Beide Ehegatten lebten bei Verfahrenseinleitung in Deutschland.
Mit Beschluss vom 23.10.2013, dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 28.10.2013 zugestellt, hat das AG München den Antrag abgewiesen. Es ist von der Anwendbarkeit des türkischen Rechts ausgegangen, weil das deutsche Recht keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Getrenntleben kennt. Die Voraussetzungen für den Ausspruch der Trennung nach türkischem Recht lägen jedoch nicht vor.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin am 20.11.2013 Beschwerde eingelegt, mit der der erstinstanzliche Antrag weiterverfolgt wird. Sie meint, die Voraussetzungen für die gerichtliche Gestattung des Getrenntlebens der Eheleute nach türkischem Recht lägen vor.
Der Vorsitzende des zuständigen 12. Familiensenats hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 117 III S. 1, 68 III S. 2 FamFG entschieden wird, weil die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg habe, denn Trennungsstatut sei deutsches Recht, das eine gerichtliche Trennung nicht kenne; hilfsweise könne auch nicht auf türkisches Recht zurückgegriffen werden.
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass Art. 8 Rom lll-VO Verfassung konform ausgelegt werden müsse; daher sei immer auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit zurückzugreifen, wenn das Trennungsstatut eine gerichtliche Trennung nicht kenne. Andernfalls seien die Rechte der Antragstellerin verkürzt. Sollte der Senat an seiner Rechtsauffassung festhalten, sei die Sache dem Verfassungsgericht vorzulegen oder die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss vom 23.10.2013 aufzuheben und der Antragstellerin zu gestatten, bzgl. der am 1.9.1995 vor dem Standesbeamten des Standesamtes Devrik/Zonguldak, Türkei unter der Heiratsregisternummer 54 10712 geschlossenen Ehe der Beteiligten bis zu 3 Jahren nach dem Ermessen des Gerichts getrennt zu leben.
Der Antragsgegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Einen eigenen Antrag hat der Antragsgegner nicht gestellt.
II. Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.
Das AG hat im Ergebnis zu Recht den Antrag abgewiesen.
Zutreffend ist das AG von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgegangen, die sich vorliegend aus Art. 1 I lit. a), Art. 31 lit. a 1. Spiegelstrich EuEheVO ergibt.
Da hier auf Grund der türkischen Staatsangehörigkeit der Beteiligten ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vorliegt, ist das anwendbare Recht zu ermitteln. Die Frage, ob eine gerichtlich gestattete Trennung mit Aussicht auf Erfolg beantragt werden kann, beurteilt sich nach dem Trennungsstatut, das der vorrangig anzuwendenden Rom lll-VO zu entnehmen ist (Art. 3 Nr. 1 lit. d) EGBGB).
Das Trennungsstatut wird mangels einer vorrangigen Rechtswahl nach Art. 5 Rom lll-VO durch Art. 8 Rom lll-VO bestimmt. Danach ist gem. Art. 8 lit. a) Rom lll-VO Trennungsstatut das im Zeitpunkt der Antragstellung gemeinsame Aufenthaltsrecht der Eheleute, hier also deutsches Recht. Da eine Anknüpfung möglich ist, kann nicht mehr auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute gem. Art. 8 lit. c) Rom lll-VO zurückgegriffen werden. Die Anknüpfungskriterien der Rom lll-VO sind starr (NK-BGB/Hilbig-Lugani, 2013, Bd. 6, Art. 8 Rom lll-VO Rz. 5) und können nur durch eine Rechtswahl nach Art. 5 Rom lll-VO aufgefangen werden.
Da im deutschem Recht für eine gerichtliche Entscheidung zu einer Erlaubnis einer Trennung von Tisch und Bett keine Regelung vorgesehen ist und diese dem deutschen Recht selbst unbekannt ist, sind der Antrag und damit auch die Beschwerde unbegründet.
Der Senat hat keine Möglichkeit, die Frage der Vereinbarkeit von Art. 8 Rom lll-VO mit Art. 6 oder 3 GG dem BVerfG vorzulegen. Da die Rom lll-VO eine auf Art. 288 AEUV beruhende Rechtsnorm ist, unterliegt sie nicht der Überprüfungskompetenz des BVerfG, sondern derjenigen des EuGH, der im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV von einem nationalen Gericht angerufen werden kann, wenn die Auslegung der Verordnung unklar ist. Dies trifft vorliegend aber nicht zu. Der Senat hat keinerlei Zweifel daran, wie Art. 8 Rom lll-VO auszulegen ist. Liegt ein sog...