Entscheidungsstichwort (Thema)

Löschung eines Nacherbenvermerks

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird in einem Verfahren nach § 22 Abs. 1 GBO geltend gemacht, dass der Nacherbenvermerk infolge Veräußerung des betroffenen Grundstücks durch den befreiten Vorerben gegenstandslos und das Grundbuch damit erwiesenermaßen unrichtig ist, so steht die Beschwerde gegen die den Berichtigungsantrag ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts nicht dem Veräußerer, sondern nur dem Erwerber zu.

2. Da es die Aufgabe des Grundbuchamts ist, den Nacherben gemäß Art. 103 Abs. 1 GG rechtliches Gehör zu gewähren, kann es vom Antragsteller nicht zu diesem Zweck durch Zwischenverfügung die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über das Fehlen oder die Existenz weiterer als Nacherben in Betracht kommender Personen verlangen.

 

Normenkette

BGB § 894; GBO § 18 Abs. 1, § 22 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen das Schreiben des Amtsgerichts Deggendorf - Grundbuchamt - vom 19. September 2019 wird verworfen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.152,03 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer von Grundbesitz, den er an den Beteiligten zu 2 verkauft hat.

An dem Grundbesitz ist in Abteilung II des Grundbuchs ein Nacherbenvermerk zugunsten der Abkömmlinge des befreiten Vorerben, des Beteiligten zu 1, eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 7.5.2019 verkaufte dieser das Grundstück an den Beteiligten zu 2 und erklärte zugleich die Auflassung. In derselben Urkunde teilte der Beteiligte zu 1 mit, X. sei sein einziges Kind, weitere Kinder, auch nichteheliche oder adoptierte, habe er nicht. Die Beteiligten beantragten die Löschung des Nacherbenvermerks Zug um Zug mit Eigentumsumschreibung und stimmten - wie auch X. - der Lastenfreistellung zu.

Mit Schreiben vom 9.8.2019 haben die Beteiligten über ihren Verfahrensbevollmächtigten unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift der o.g. notariellen Urkunde deren Vollzug beantragt.

Das Grundbuchamt hat mit Schreiben vom 19.9.2019 darauf hingewiesen, dass allen Nacherben rechtliches Gehör zu gewähren sei, weshalb ein Pfleger für noch unbekannte Nacherben zu bestellen sei. Weiter bat es um eine eidesstattliche Versicherung des Beteiligten zu 1 mit dem Inhalt, dass weitere Kinder, weder leibliche noch adoptierte, nicht vorhanden sind. Für die Vorlage hat das Grundbuchamt eine Frist von vier Wochen gesetzt.

Mit Schreiben vom 25.9.2019 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten "gegen o.g. Zwischenverfügung (...) Beschwerde erhoben, bzgl. des Erfordernisses, eine eidesstattliche Versicherung vorzulegen." Dieses finde keine Stütze im Gesetz. Der Vorerbe begehre die Löschung des Nacherbenvermerks nicht wegen Zustimmung gemäß § 19 GBO, sondern wegen Unrichtigkeit gemäß § 22 GBO. Die Anhörung erfolge aus rein prozessualen Gründen. Der Beteiligte zu 1 habe zudem bereits in der notariellen Urkunde versichert, nur ein Kind zu haben. Dem OLG München solle Gelegenheit gegeben werden, die entgegenstehende Rechtsprechung des OLG Frankfurt a.M. abzumildern.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 4.10.2019 erklärt, das Schreiben vom 19.9.2019 sei als Zwischenverfügung anfechtbar, es halte aber an seiner Rechtsauffassung fest. Die eidesstattliche Versicherung sei erforderlich, um den Kreis der gegebenenfalls anzuhörenden Nacherben einzugrenzen. Dass der Vorerbe keine weiteren Kinder habe, könne als negative Tatsache hierdurch in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden.

II. Das Rechtsmittel ist bereits unzulässig.

1. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde zu behandeln. Der Verfahrensbevollmächtigte des Rechtsmittelführers hat es nicht nur als solche bezeichnet, sondern begehrt ausdrücklich eine Entscheidung durch das OLG München. Dies ist gemäß §§ 71, 72 GBO nur über eine Beschwerde zu erreichen.

2. Dabei ist als Beschwerdeführer lediglich der Beteiligte zu 2 anzusehen.

Der Beschwerdeführer ist im Schreiben vom 25.9.2019 nicht ausdrücklich benannt. Legt der Notar das Rechtsmittel nicht explizit für einen einzelnen Antragsberechtigten ein, so gilt es als im Namen aller Antragsberechtigten erhoben (BGH NJW 1985, 3070/3071; Demharter GBO 31. Aufl. § 15 Rn. 11; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 15 Rn. 40). Zu diesen zählt im vorliegenden Fall von den formell Beteiligten jedoch nur der Beteiligte zu 2, nicht aber der Beteiligte zu 1. Letzterer ist gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO antragsberechtigt im Hinblick auf die Eigentumsumschreibung. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist aber eine Grundbuchberichtigung gemäß § 22 Abs. 1 GBO durch Löschung des Nacherbenvermerks. In einem solchen Verfahren ist antragsberechtigt neben demjenigen, der zu Unrecht eingetragen ist, nur derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen ist, also der unmittelbar gewinnende Teil, dem der Berichtigungsanspruch nach § 894 BGB zusteht (BGH NJW 2014, 1593; Senat vom 28.2.2019, 34 Wx 318/18 = NJW-RR 2019, 1037/1038; Budde in Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 74). Dies ist hier nicht d...

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