Tenor
1.
Zu den Anforderungen an eine Verfahrensrüge wegen Verletzung des Richtervorbehalts nach § 81a Abs. 2 StPO.
2.
Eine Blutentnahme ohne richterliche Anordnung ist rechtswidrig und verletzt den Angeklagten in seinem Recht auf vorbeugenden richterlichen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG, wenn die wegen einer Trunkenheitsfahrt ermittelnden Polizeibeamten über einen Zeitraum von 60 Minuten hinweg keinerlei Maßnahmen ergriffen haben, den Richter des Notdienstes zu erreichen.
3.
Zur Verwertbarkeit einer aufgrund Verstoßes gegen den Richtervorbehalt nach § 81a Abs. 2 StPO erlangten Blutprobe.
Tatbestand
Das Amtsgericht hat einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr erlassen. Nach zulässigem Einspruch hat das Amtsgericht den Angeklagten wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die 0,5 Promille-Grenze nach § 24a Abs. 2, Abs. 3 StVG zu einer Geldbuße von 500,-- EUR verurteilt und gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Folgenden Sachverhalt hat das Amtsgericht der Verurteilung zugrunde gelegt:
Der Angeklagte fuhr am 07.11.2009 gegen 7.50 Uhr mit dem Pkw, Marke Peugeot, amtliches Kennzeichen xxx, in M. auf der Rosenheimer Straße auf öffentlichem Verkehrsgrund, obwohl er, wie er bei gehöriger und ihm zumutbarer Selbstprüfung hätte erkennen können, unter der Wirkung von berauschenden Mitteln i. S. der Anlage zu § 24a StVG, nämlich Haschisch oder Cannabis, stand.
Die bei dem Angeklagten am 07.11.2009 um 9.28 Uhr entnommene Blutprobe ergab bei der toxikologischen Untersuchung
9,1 µg/l Tetrahydrocannabinol (THC) 3,9 µg/l
Hydroxy-THC
sowie 36 µg/l THC-Carbonsäure.
Die bei der toxikologischen Untersuchung der Blutprobe erhobenen Befunde beweisen die zeitnahe, vorangegangene Aufnahme von Cannabis-Zubereitungen wie z.B. Haschisch oder Marihuana mit Wirkung auf das zentrale Nervensystem einige Stunden vor Fahrtantritt.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Sprungrevision eingelegt, mit der er die Verletzung von Verfahrensrecht, nämlich der §§ 261, 81 a Abs. 2 StPO, sowie darüber hinaus die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Die Revision hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
1.
( ... ) a) Eine Verfahrensrüge ist in einer solchen Weise zu begründen, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der abgegebenen Revisionsbegründung prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn das Beschwerdevorbringen zutrifft (OLG Frankfurt NStZ-RR 2011, 45; OLG Celle NJW 2008, 3079; OLG Dresden StV 2009, 571; im Einzelnen Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 344 Rdn. 21 m.w.N.; OLG München Beschluss vom 22. September 2010 - Az.: 4 StRR 131 /10 - S. 5).
aa) Bei einer Rüge, die die Verletzung des § 81 a Abs. 2 StPO zum Gegenstand hat, gehört zur vollständigen Darstellung die Beschreibung des zur Blutentnahme führenden Sachverhalts einschließlich der Mitteilung einer fehlenden Einwilligung des Betroffenen (dazu OLG Celle NJW 2008, 3079; OLG Celle StV 2009, 518; OLG Dresden StV 2009, 571; Hans. OLG Hamburg NJW 2008, 2597/2599; OLG Hamm NJW 2009, 242), weil anderenfalls die Anordnung nach § 81a Abs. 2 StPO überflüssig ist, sowie, wenn es wegen Gefahr im Verzug darauf ankommt, die Beschreibung aller zeitlichen Umstände (vgl. OLG Köln zfs 2010, 224 ff.) und der gegebenen Situation, ob ein Richter hätte erreicht werden können.
bb) Diesen Anforderungen wird das Revisionsvorbringen des Angeklagten gerecht. Denn aufgrund des Revisionsvorbringens ist der zur Blutentnahme um 9:28 Uhr am Morgen des 7. November 2008 führende Sachverhalt dem Senat zugänglich. Bei dem Amtsgericht M. gab es an diesem Tag einen richterlichen Bereitschaftsdienst in der Zeit von 6:00 Uhr bis 21:00 Uhr. Auch geht aus dem Revisionsvorbringen (in Verbindung mit den durch die Sachrüge zugänglichen Urteilsgründen) hervor, dass der Angeklagte nicht in die Blutentnahme eingewilligt hat. Die gemäß § 344 Abs. 2 StPO i.V.m. §§ 81 a Abs. 2, 261 StPO erhobene Verfahrensrüge ist deshalb zulässig.
b) Die Revision wird auch der von dem erkennenden Senat geforderten Widerspruchslösung bei der Rüge der Verletzung von Verfahrensvorschriften gerecht (vgl, dazu Meyer-Goßner StPO 53. Aufl. § 136 Rdn. 25 m.w.N.).
aa) Beanstandet der Revisionsführer nämlich, dass das Ergebnis einer Blutalkoholuntersuchung Grundlage des Schuldspruchs ist, obwohl es unverwertbar gewesen sei, so ist nach § 344 Abs. 2 StPO konkret vorzutragen, dass einer tatrichterlichen Verwertung in der Hauptverhandlung bis zu dem in § 257 StPO bezeichneten Zeitpunkt (BGHSt 42, 15/23; OLG Hamm NJW 2009, 242/243; OLG München Beschluss vom 22. Oktober 2010 - Az.: 4 StRR 131/10 - S. 4; OLG Frankfurt NStZ-RR 2011, 46/48) widersprochen worden ist (BGH NJW 2006, 707/708; OLG Hamm Beschluss vom 13. Oktober 2009 - Az.: 3 Ss 359/09 - zit. nach [...]; OLG Stuttgart NStZ 1997, 405; OLG München Beschluss vom 15. September 2009 - Az.: 4 StRR 114/10; OLG München Beschluss vom 22. Oktober 2010 - Az.: 4 StRR 131/10 - S. 4; OLG München Beschluss vom 30. Juli 2009 - Az.: 4 StRR 105/09 - S. 3; OLG Hamm StV 2009, 462/463; OLG Celle StraFO 2009, 330/3...