Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung eines Gemeinderatsbeschlusses, der den Ersten Bürgermeister einer bayerischen Gemeinde (allgemein) ermächtigt, ein bestimmtes Grundstücksgeschäft "zu protokollieren", im Hinblick auf eine Finanzierungsgrundschuld.
Normenkette
BGB § 133; BayGO Art. 38 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde wird die Zwischenverfügung des AG Pfaffenhofen a.d. Ilm - Grundbuchamt - vom 14.12.2011 aufgehoben, soweit die Eintragung der Grundschuld von der Vorlage eines weiteren Gemeinderatsbeschlusses abhängig gemacht wird.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2 ist ein bayerischer Markt. Dessen Gemeinderat beschloss in der nichtöffentlichen Sitzung vom 31.3.2011 den Verkauf von Grundbesitz an den Beteiligten zu 1. In dem Beschluss sind der Kaufpreis pro m3 sowie die zu veräußernden Grundstücke, in einem Fall eine noch zu vermessende Teilfläche aus einem Grundstück, festgelegt. In Ziff. 4 des Gemeinderatsbeschlusses heißt es:
Der Markt ... (Beteiligter zu 2) behält sich ein Rückkaufsrecht vor, wenn die Grundstücke nicht innerhalb von 10 Jahren, wie im Antrag vom 23.3.2011 beschrieben für Betriebszwecke und Erweiterung der Firma I. bebaut werden.
Der Markt ... (Beteiligter zu 2) tritt mit der Vormerkung zur Sicherung des Rückübereignungsanspruchs hinter Baugrundpfandrechte zurück.
Unter Ziff. 5 wurde der Erste Bürgermeister "ermächtigt zu protokollieren".
In nicht öffentlicher Sitzung des Gemeinderates vom 27.10.2011 wurde der Verkauf zweier der im früheren Beschluss genannten Grundstücke an den Beteiligten zu 1 beschlossen und hinsichtlich des weiteren Grundstücks die Vereinbarung einer Kaufverpflichtung. Alternativ sollten alle drei Grundstücke auf einmal an den Beteiligten zu 1 verkauft werden.
Mit notarieller Urkunde vom 8.11.2011 verkaufte der Beteiligte zu 2 - vertreten durch den Ersten Bürgermeister unter Vorlage u.a. der beiden Marktgemeinderatsbeschlüsse - die Grundstücke an den Beteiligten zu 1. Die Vertragsparteien vereinbarten ein Wiederkaufsrecht. Zu dessen Sicherung bestellte der Beteiligte zu 1 eine Eigentumsvormerkung. Gleichzeitig bewilligte der Beteiligte zu 2 dem Beteiligten zu 1 zur Sicherung seines Übereignungsanspruchs eine Eigentumsvormerkung, deren Eintragung zunächst jedoch nicht beantragt wurde. Unter § 9 ("Finanzierung") enthält der Vertrag folgende Bestimmung:
Der Veräußerer verpflichtet sich, bei der Bestellung von Grundpfandrechten an den Grundstücken ... aller (insbesondere auch vollstreckbarer) Art zur Finanzierung des Kaufs und des Bauvorhabens zugunsten deutscher Geldinstitute mitzuwirken, wenn durch Einschränkung der Zweckbestimmung sichergestellt ist, dass der Gläubiger sie bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung, längstens bis zur Eigentumsumschreibung, nur verwenden darf, soweit er Zahlungen mit Tilgungswirkung auf den Kaufpreis geleistet hat. Der Veräußerer übernimmt keinerlei persönliche Zahlungspflicht. Der Erwerber hat ihn von allen finanziellen Folgen der Grundpfandrechtsbestellung freizustellen.
Der Veräußerer bevollmächtigt den Erwerber, ihn bei der entsprechenden Grundpfandrechtsbestellung hinsichtlich der Grundstücke ... zu vertreten, und tritt seine Rechte an solchermaßen bestellten Grundpfandrechten unter der Bedingung der Kaufpreiszahlung an den die Grundpfandrechte übernehmenden Erwerber ab. Von der Vollmacht kann nur vor dem Notar oder seinem Sozius Gebrauch gemacht werden. Im Innenverhältnis muss die Grundpfandrechtsurkunde die vorgesehenen Sicherungen der Sache nach enthalten.
Unter dem 7.12.2011 bestellte der im eigenen Namen und zugleich für den Beteiligten zu 2 handelnde Beteiligte zu 1 der Beteiligten zu 3 an dem Grundbesitz eine Buchgrundschuld ohne Brief über 500.000 EUR. Unter demselben Datum beantragte der Notar gem. § 15 GBO u.a. die Eintragung dieser Grundschuld. Mit Zwischenverfügung vom 14.12.2011 hat das Grundbuchamt den Beteiligten u.a. Frist zur Nachreichung eines Gemeinderatsbeschlusses bezüglich der Eintragung der Grundschuld gesetzt. Es meint, die dem Ersten Bürgermeister mit Beschluss vom 27.10.2011 erteilte Vollmacht umfasse die Bestellung nicht. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Dieser hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen.
II. Die gem. § 71 Abs. 1, § 73 i.V.m. § 15 Abs. 2 GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO hat Erfolg. Das Grundbuchamt darf die Eintragung nicht von einem weiteren Gemeinderatsbeschluss abhängig machen.
1. Gibt der Erste Bürgermeister einer bayerischen Gemeinde Grundbucherklärungen ab, so hat er dem Grundbuchamt seine Rechtsmacht zur Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts nachzuweisen. Art. 38 Abs. 1 GO begründet nach überkommener Auffassung lediglich das Vertretungsrecht des Ersten Bürgermeisters, nicht jedoch seine Vertretungsmacht (BayObLG MittBayNot 1986, 22/23; Senat v. 4.2.2009 = MittBayNot 2009, 222; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 19 Rz. 85; Widtmann/Grasser, BayGO, Art. 38 Rz. 3; a.A. Bauer/Böhle/Ecker, BayGO, Art. 38 Rz. 3; offen ge...