Leitsatz (amtlich)
Erkenntnisse zu Nichtkatalogtaten aus einer ordnungsgemäß angeordneten Telekommunikationsüberwachung können Ausgangspunkt für weitere Ermittlungen sein und als Begründung für den Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses dienen.
Begründungsmängel des Durchsuchungsbeschlusses führen jedenfalls dann nicht zu einem Verbot der Verwertung der gefundenen Beweise, wenn der Tatrichter feststellen kann, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Durchsuchung vorlagen.
Tatbestand
Das Amtsgericht verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Gegen das Urteil legten der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berufung ein, wobei die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte und die Verhängung einer Vollzugsstrafe erstrebte. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hob das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts auf, verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von acht Monaten aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte, und verwarf die Berufung des Angeklagten. Hiergegen wandte sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügte. Dem statthaften (§ 333 StPO) und auch im Übrigen zulässigen (§ 341 Abs.1, §§ 344, 345 StPO) Rechtsmittel der Revision des Angeklagten blieb ein Erfolg versagt (§ 349 Abs.2 StPO).
Entscheidungsgründe
Eine Überprüfung des angefochtenen Urteils ergab keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.
1.
Die erhobene Verfahrensrüge ist zulässig (§ 344 Abs.2 Satz 2 StPO), aber unbegründet.
a)
Nach dieser Vorschrift muss die Revision die den Verfahrensmangel enthaltenen Tatsachen angeben. Dies hat so vollständig und genau zu geschehen, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden. Dabei genügt es nicht, auf Fundstellen in den Akten Bezug zu nehmen, vielmehr müssen solche Stellen, wenn sie für die Beurteilung der Rüge von Bedeutung sein können, in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Rechtfertigungsschrift wiedergegeben werden (BGH NStZ-RR 2006, 48/49; Meyer-Goßner StPO 49.Aufl. § 344 Rn.21 ff.).
Die Revision genügt diesen Anforderungen. Sie wendet sich gegen die Verwertung von Beweismitteln, die aufgrund einer Durchsuchung erlangt wurden, die auf einen Durchsuchungsbeschluss gestützt war, dessen Verdachtsgrundlage durch einen Zufallsfund bei einer gegen einen Dritten rechtmäßig angeordneten Telefonüberwachung nach § 100a StPO gewonnen worden war.
b)
Der Verfahrensrüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Durch eine gegen den anderweitig Verfolgten F rechtmäßig angeordnete Telefonüberwachung nach § 100 a StPO wurde den Ermittlungsbehörden bekannt, dass der Angeklagte von diesem am 10.6.2003 fünf Gramm Kokain erhalten habe. Die Staatsanwaltschaft leitete deshalb gegen den Angeklagten am 10.11.2003 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln ein. Am 21.11.2003 beantragte die Staatsanwaltschaft, die das Verfahren am gleichen Tag übernommen hatte, den Erlass eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses für die Wohnung des Angeklagten, der auf das Auffinden von Betäubungsmitteln, Betäubungsmittelutensilien und Gegenständen, die den Umgang mit Betäubungsmittel belegen, gerichtet war. Diesen Beschluss erließ das Amtsgericht am 4.12.2003 und begründete ihn wie folgt:
"Aufgrund der bisherigen Ermittlungen besteht der Verdacht, dass der Beschuldigte am 10.06.2003 von F 5 Gramm Kokain in seiner Wohnung in der...-Str. in G kaufte und übernahm.
strafbar als vorsätzlicher, unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln gemäß §§ 29 Abs.1 Nr.1, 1 Abs.1, 3 Abs.1 BtmG.
Die oben genannten Gegenstände können als Beweismittel von Bedeutung sein.
Die Beschlagnahme steht in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts und ist für die Ermittlungen notwendig.
Es ist zu vermuten, dass die Durchsuchung zum Auffinden der Gegenstände führen wird."
Am 24.2.2004 wurde die Wohnung des Angeklagten aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses vom 4.12.2003 durchsucht; dabei wurden u.a. aufgefunden: eine Plombe mit Kokain, ein kleiner Brocken Haschisch, eine kleine Plombe mit Kokain, ein schwarzes Plättchen und ein kleiner Brocken Haschisch.
Der Angeklagte äußerte sich bei seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am gleichen Tag zur Sache nicht.
Mit Verfügung vom 9.9.2004 stellte die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen den Angeklagten nach § 170 Abs.2 StPO insoweit ein, als ihm vorsätzlicher unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln am 10.6.2003 zur Last lag, da die vorliegenden Telefonüberwachungsprotokolle nach § 100b Abs.5 StPO nicht verwertbar seien und andere Bewe...