Entscheidungsstichwort (Thema)
RA-Gebühren Anrechnung der vorprozessualen Geschäftsgebühr
Normenkette
BGB §§ 280, 286; RVG-VV Nr. 2400-2403; RVG-VV 3100
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 534 F 6937/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerinnen wird der Beschluss des AG - FamG - München dahin gehend abgeändert, dass den Klägerinnen Prozesskostenhilfe gewährt wird, soweit sie beantragen:
1. Der Beklagte wird verurteilt, ab dem 1.1.2006 monatlich im Voraus fälligen
a) Kindesunterhalt an die Klägerin zu 1) zu Händen ihrer Mutter, nach der 13. Einkommensgruppe und der jeweiligen Altersstufe abzgl. hälftigen Kindergelds, somit derzeit monatlich 331 EUR,
b) Unterhalt an die Klägerin zu 2) i.H.v. monatlich 1.557,37 EUR
zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, rückständigen Unterhalt bis einschließlich 31.12.2005
a) für die Klägerin zu 1) zu Händen der Klägerin zu 2) i.H.v. 9.670,00 EUR
b) für die Klägerin zu 2) i.H.v. 49.353,73 EUR
c) sowie Sonderbedarf für die Klägerin zu 1) i.H.v. 1.367,24 EUR
d) an die Klägerinnen für außergerichtliche Kosten 578,26 EUR
nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1.1.2006 sowie bisher angelaufene Zinsen i.H.v. 4.050,26 EUR zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin macht Kindesunterhalt und Unterhalt nach § 1615l BGB geltend. Ihrem Prozesskostenhilfeantrag hat das FamG nur teilweise entsprochen und ihn im Übrigen zurückgewiesen. Die Unterhaltsanträge hätten nur teilweise Aussicht auf Erfolg, Sonderbedarf sei anteilig von den Eltern zu tragen und außergerichtliche Anwaltskosten seien nicht veranlasst gewesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II. Die gem. § 127 ZPO zulässige Beschwerde ist überwiegend begründet.
Der Klägerin war für ihren gesamten Klageantrag mit Ausnahme eines Teiles des geltend gemachten Verzugsschadens Prozesskostenhilfe zu gewähren.
1. Im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens ist zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass der Beklagte für den bislang nicht bestrittenen Unterhaltsanspruch von Mutter und Kind leistungsfähig ist. Die Klägerin hat ihren Bedarf nach § 1615l BGB mit einem monatlichen Nettoeinkommen vor der Geburt von 1.557 EUR dargelegt, der Beklagte wurde angehört und hat seine Leistungsfähigkeit nicht bestritten oder in Frage gestellt. Eine Beschränkung des Bedarfs für den Unterhalt nach § 1615l BGB wegen eines Verstoßes gegen den wie beim Ehegattenunterhalt geltenden Halbteilungsgrundsatz kann im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu Ungunsten der Klägerin erfolgen. Eine etwaige Einschränkung kann erst im Rahmen der Leistungsfähigkeit bei der Entscheidung in der Hauptsache berücksichtigt werden.
2. Hinsichtlich des Kindesunterhalts ist der Beklagte bei einem nicht bestrittenen Einkommen von 4.200 EUR in die Einkommensgruppe 13 einzustufen, da nur eine Unterhaltsverpflichtung ggü. 2 Berechtigten besteht. (SüdL 11.2).
Der Klägerin zu 2) war somit für ihren Unterhalt nach § 1615l BGB wie auch der Klägerin zu 1) für den Kindesunterhalt sowie für die jeweils geltend gemachten Unterhaltsrückstände Prozesskostenhilfe in voller Höhe zu gewähren.
3. Für Sonderbedarf haften die Eltern eines Kindes zwar grundsätzlich anteilig; da aber ein Haftungsanteil der Mutter noch nicht feststeht, ist zu ihren Gunsten Prozesskostenhilfe für den gesamten Betrag zu gewähren.
Darüber hinaus macht die Mutter aber auch Ansprüche aus § 1615l Abs. 1 S. 2 BGB bezüglich der Umstandsbekleidung geltend, die vom Beklagten ggf. in voller Höhe zu erstatten sind.
4. Bezüglich der geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus Verzug war die Klägerin grundsätzlich berechtigt, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerinnen machen außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren als Verzugsschaden im Unterhaltsverfahren geltend. Seit In-Kraft-Treten des RVG geht die Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Tätigkeit nicht mehr wie noch nach der BRAGO in der Verfahrensgebühr auf, sondern wird nur teilweise angerechnet.
Insoweit handelt es sich auch um eine Familiensache kraft Sachzusammenhangs gem. §§ 23b Nr. 5, 13 GVG (OLG Braunschweig FamRZ 1979, 719; Zöller, ZPO, 24. Aufl. § 621 Rz. 7; so auch BGH v. 5.5.1994 - III ZR 98/93, MDR 1994, 717 = FamRZ 1995, 348, zur Kostenerstattung als Verzugsschaden bei Stufenklagen).
Die anwaltliche Vertreterin der Klägerinnen wurde nach Mahnung durch die Klägerin zu 2) selbst und nach erfolgloser Einschaltung des Jugendamtes für die Klägerin zu 1) am 28.7.2003 beauftragt. Die beauftragte Rechtsanwältin versuchte außergerichtlich den Unterhaltsanspruch durchzusetzen. Nach Scheitern der Verhandlungen wurde am 10.8.2005 der Prozesskostenhilfeantrag zur Unterhaltsklage beim FamG eingereicht.
Die Klägerinnen können grundsätzlich die gesondert entstandenen Anwaltsgebühren als Verzugsschaden nach §§ 280, 286 BGB geltend machen.
Angefallen ist vor dem 1.7.2004 eine 10/10 Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO aus dem Gegenstandswert Kindesunterhalt und eine 10/10 Geschäftsgebühr aus d...