Leitsatz (amtlich)
Der Verwalter von Wohnungseigentum kann nicht durch Mehrheitsbeschluss ermächtigt werden, eine im Gemeinschaftseigentum stehende Fläche an einen Dritten aufzulassen, auch wenn sich alle Wohnungseigentümer individualvertraglich dazu verpflichtet haben.
Normenkette
BGB § 184; WEG § 1 Abs. 5, § 10 Abs. 6, § 27 Abs. 1-2, 3 S. 1 Nr. 7
Gründe
I. Das Eigentum an den im Grundbuch eingetragenen aus mehreren Flurstücken bestehenden Grundstück ist in Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an bestimmten Räumlichkeiten, aufgeteilt und auf die einzelnen Wohnungseigentümer umgeschrieben. Aus zwei Flurstücken wurde eine Teilfläche von 100 m2 herausgemessen, die im aktuellen Fortführungsnachweis nun als FlSt. 94/2 bezeichnet ist. Diese soll an die Beteiligte aufgelassen werden; ferner sollen zugunsten des jeweiligen Eigentümers des neugebildeten Grundstücks verschiedene Grunddienstbarkeiten eingetragen werden. Messungsanerkennung sowie Auflassung samt Bewilligungen wurden auf der Grundlage von ursprünglich in den Kaufverträgen
der Wohnungs- und Teileigentümer enthaltenen Vollmachten zugunsten des Veräußerers am 1.9.2008 notariell erklärt. Diese Vollmachten sind infolge Zeitablaufs bereits vor dem Jahr 2008 unstreitig erloschen. Die Notarin hat nunmehr (u.a.) für die Erwerberin am 1.10.2009 Antrag auf Vollzug der Auflassung und der Dienstbarkeiten gestellt und dazu die Genehmigung der notariellen Erklärungen vom 1.9.2008 durch den Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgelegt. Dieser ist durch Bestellungsbeschluss in öffentlich beglaubigter Urkunde ausgewiesen. Er stützt sich auf einen Ermächtigungsbeschluss in der Eigentümerversammlung vom 28.1.2009, deren Protokoll in notariell beglaubigter Form vorliegt.
Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 7.10.2009 unter Hinweis auf frühere Zwischenverfügungen die (noch immer) fehlende Genehmigung der schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfte beanstandet und Frist zur Beseitigung des Hindernisses gesetzt. Der Verwalter könne auch nach neuem Recht nicht durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft zur Veräußerung einer zum Wohnungseigentum gehörenden Gemeinschaftsfläche bevollmächtigt werden. Ein Mehrheitsbeschluss könne auch nicht den Erfordernissen der §§ 20, 29 GBO genügen.
Der namens der Erwerberin eingelegten Beschwerde hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass aus den als Beschlüssen bezeichneten Verlautbarungen der Wohnungseigentümer nicht ohne weiteres die Zustimmung zu den gegenständlichen Rechtsgeschäften ersichtlich sei. Die Beschlüsse seien nicht bestimmt genug. Es sei nur von einem Brunnennutzungsrecht für die Beteiligte, das nicht verhindert werden könne, die Rede. Zur Veräußerung der Teilfläche sowie zur Bestellung der übrigen Dienstbarkeiten träfen die maßgeblichen Beschlüsse keine konkreten bzw. gar keine Aussagen.
II. Auf den nach dem 31.8.2009 gestellten Antrag ist das seit 1.9.2009 maßgebliche Recht (vgl. Art. 112 Abs. 1 FamFG) anzuwenden. Dass bereits zuvor ein Vollzug derselben Auflassung und der Dienstbarkeiten beantragt worden war, spielt keine Rolle. Denn den früheren Antrag vom 9.3.2009 hat die Urkundsnotarin am 25.5.2009 formwirksam (vgl. § 31 Satz 1 GBO; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 31 Rz. 7) zurückgenommen, so dass der Antrag erledigt war. Die Wiederholung ist als neuer Antrag zu behandeln.
1. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung ist, solange der Eintragungsantrag noch nicht zurückgewiesen ist, nach § 71 Abs. 1, § 73 GBO zulässig. Die Beteiligte ist als gewinnender Teil (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO) antrags- wie beschwerdeberechtigt.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Grundbuchamt beanstandet zu Recht die fehlende Genehmigung des Rechtsgeschäfts vom 1.9.2008. Es liegt kein den Hausverwalter ermächtigender Eigentümerbeschluss vor (a). Überdies könnte ein derartiger Beschluss der Eigentümerversammlung den Verwalter auch nicht zur Vornahme des gegenständlichen Rechtsgeschäfts wirksam ermächtigen (b).
a) Ein Ermächtigungsbeschluss nach § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 WEG liegt nicht vor.
Eigentümerbeschlüsse sind wegen ihrer Wirkung gegenüber Sondernachfolgern aus sich heraus, objektiv und normativ so wie Eintragungen im Grundbuch auszulegen (BGH NJW 1998, 3713). Maßgebend sind Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH, a.a.O.). Dies gilt auch für die Frage, ob überhaupt ein Eigentümerbeschluss vorliegt (BayObLG NJW-RR 1993, 85/86; Bärmann/Merle WEG 10. Aufl., § 23 Rz. 54 a.E.).
Die maßgebliche Protokollstelle zu Tagesordnungspunkt 4 enthält zunächst zu drei (anderen) Angelegenheiten sog. Beschlussformulierungen, die Darstellung des Abstimmungsergebnisses und die Feststellung der Annahme des Beschlussantrags.
Hieran anschließend und den Tagesordnungspun...