Leitsatz (amtlich)

Eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, durch die ein Brunnenrecht gesichert wird, fällt nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB.

 

Normenkette

BGB § 1092 Abs. 3 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Beschluss vom 24.01.2006)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Antragssteller gegen den Beschluss des LG Schweinfurt vom 24.1.2006 wird zurückgewiesen.

II. Der Gegenstandswert für das Verfahren der Beschwerde und der weiteren Beschwerde wird auf 60.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Zu Gunsten der Beteiligten zu 2 ist im Grundbuch des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes ein Brunnenrecht als Grunddienstbarkeit in Abt. II des Grundbuchs eingetragen. Dieses Brunnenrecht benötigt die Beteiligte zu 2 nicht mehr für ihre Trinkwasserversorgungsanlage. Zu notariellem Vertrag ihres Verfahrensbevollmächtigten räumte die Beteiligte zu 2 der Beteiligten zu 1 daher den Nießbrauch an dem vorbezeichneten Brunnenrecht ein und verkaufte die dazu gehörige Brunnenanlage für 60.000 EUR an die Beteiligte zu 1.

Der Urkundsnotar beantragte den Vollzug der Urkunde. Diesen Antrag wies das Grundbuchamt zurück, weil seiner Ansicht nach kein Nießbrauch an der Grunddienstbarkeit bestellt werden könne. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten wies das LG ebenfalls zurück. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Urkundsnotars namens der Beteiligten.

II. Die weitere Beschwerde ist gem. § 78 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insb. in der Form des § 80 Abs. 1 Satz 2 GBO eingelegt. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Ein Nießbrauch an einem Brunnenrecht, das als beschränkt persönliche Dienstbarkeit nicht übertragbar ist, kann nicht bestellt werden. Die Voraussetzungen des § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB lägen deswegen nicht vor, weil die Brunnenanlage nicht der Fortleitung, sondern der Gewinnung des Wassers diene. Sie sei deshalb keine Anlage i.S.v. § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in vollem Umfang stand:

Der Typenzwang des Sachenrechts verbietet Eintragungen im Grundbuch, die im materiellen Recht nicht vorgesehen sind (Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl., § 873 Rz. 7). Um eine solche Eintragung handelt es sich hier. Das Recht, um das es geht, ist i.S.d. § 1069 Abs. 2 BGB nicht übertragbar. Das ergibt sich schon aus dem Grundsatz des § 1092 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB liegen nicht vor:

Dies ergibt eine an Wortlaut und an der Geschichte des § 1092 Abs. 3 BGB orientierte Auslegung. Der Grund für die Schaffung der Vorschrift ist darin zu sehen, dass in den neunziger Jahren im Zuge der Liberalisierung der Energiewirtschaft, die zu Neugestaltungen und Neuordnungen des Marktes führte, das Bedürfnis des Gesetzgebers, in bestimmten Fallkonstellationen eine vereinfachte Übertragung von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten zu schaffen, entstand (Götting, Übertragung von Fernwärmedienstbarkeiten, ZfIR 2005, 344 [345]). Mit der Übertragbarkeit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass insb. die Leitungsrechte einer Vielzahl von Nutzern dienen und es für die betroffenen Grundstückseigentümer nach der objektiven Interessenlage ohne größere Bedeutung ist, welchem Unternehmen die Leitung gehört bzw. wer Inhaber der Dienstbarkeit ist (Jost in MünchKomm/BGB, § 1092 Rz. 9).

Der Gesetzgeber hat einen abgeschlossenen Katalog dessen geschaffen, was Gegenstand der Dienstbarkeit sein muss, um i.S.d. § 1092 Abs. 3 BGB übertragbar zu sein. Es muss sich entweder um eine Versorgungsleitung, eine Telekommunikationsanlage, eine Bahnanlage oder eine Produktleitung wie z.B. eine Ölpipeline handeln (Soergel/Stürner, Kommentar zum BGB, 13. Aufl., § 1092 Rz. 6).

Der hier in Betracht kommende Begriff der Transportleitung ergreift auch alle dazu gehörigen Anlagen, die der Fortleitung unmittelbar dienen z.B. Pumpanlagen (Staudinger/Mayer, BGB, 13. Aufl., § 1092 Rz. 28; Jost in MünchKomm/BGB, § 1092 Rz. 11). Aus dem Begriff des "unmittelbaren Dienens" erschließt sich aber auch, dass nur solche Pumpanlagen gemeint sein können, welche in die Transportleitung integriert sind und nicht solche, mittels derer die zu transportierende Flüssigkeit erst gewonnen wird.

Den Beschwerdeführern ist zuzugeben, dass bei einer Brunnenanlage eigentlich die Gesamtanlage auch der Fortleitung des gewonnenen Wassers dient. Die Besonderheit bei der Gewinnung von Wasser aus dem Boden ist es nämlich, dass dieses - im Gegensatz zu Elektrizität, Gas, Fernwärme oder Öl - im Boden schon vorhanden ist. Gleichwohl kann die Ausnahmevorschrift des § 1092 Abs. 3 Satz 1 BGB auf die Gewinnung des Wassers aus dem Boden nicht angewendet werden, weil der Begriff "Fortleitung" dies verbietet. Bei der Brunnenanlage steht naturgemäß zunächst die Erfassung und Reinigung des aus dem Boden gewonnenen Wassers im Vordergrund. Dass daraus im Rahmen eines einheitlichen Prozesses später auch ein Fortleitungsvorgang wird, ist demgegenüber unerheblich. Zu R...

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