Entscheidungsstichwort (Thema)
Jackpot-Werbung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschriften in § 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) sind Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG.
2. Eine einseitig die Vorteile der Teilnahme am Glücksspiel, insbesondere die Möglichkeit besonders hoher Gewinne, herausstellende Werbung steht im Widerspruch zu den Vorgaben aus § 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GlüStV und ist gem. § 4 Nr. 11, § 3 UWG unlauter.
Normenkette
GlüStV § 5 Abs. 1, 2 S. 1; UWG § 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 20.03.2008; Aktenzeichen 4 HK O 4680/08) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München I vom 20.3.2008 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
1. Dem Antragsgegner wird es bei Meidung eines Ordnungsgelds bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, verboten, im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung der Lotterie "Lotto" die Höhe des möglichen Geldgewinns ("Jackpot") mitzuteilen, wenn dies wie nachstehend abgebildet geschieht: ...
oder ...
oder ...
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
2. Der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin 1/5 und der Antragsgegner 4/5 zu tragen.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die Wettbewerbszentrale, ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen.
Der Antragsgegner, der Freistaat Bayern, veranstaltet - jedenfalls in Bayern - die Zahlenlotterie LOTTO - 6 aus 49. Für diese veranlasste er folgende den Gegenstand des vorliegenden Verfügungsverfahrens bildende Werbemaßnahmen:
1. Eine am 8.2.2008 erschienene Zeitungsanzeige (vgl. Anlage ASt 4), bei der die letzten drei Zeilen lauteten: Chance 1: 140 Mio. Spielteilnahme ab 18. Glücksspiel kann süchtig machen. Infos unter www.lotto.de wie nachfolgend abgebildet:
2. Die nachfolgend abgebildete Werbetafel (vgl. Anlage ASt 5):
3. Die Ausgabe Nr. 6 vom 5.2.2008 des vom Antragsgegner herausgegebenen Magazins Spiel mit (vgl. Anlage ASt 6) mit dem nachfolgend wiedergegebenen Titelblatt und dem dort diagonal verlaufenden Text: Lotto: rund 15 Mio. EUR am Mittwoch zu gewinnen: ...
Die Antragstellerin hat in der Werbung mit der Gewinnhöhe einen Verstoß gegen den Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag [GlüStV], BayGVBl. 2007, 906) gesehen, der gem. § 4 Nr. 11, § 3 UWG deren Unlauterkeit begründe, und den Antragsgegner deshalb mit Schreiben vom 19.2.2008 (vgl. Anlage ASt 7) erfolglos abgemahnt.
Die entsprechenden Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags lauten:
§ 1 - Ziele des Staatsvertrages
Ziele des Staatsvertrages sind
1. das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen,
2. das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,
3. den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten,
4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.
und
§ 5 - Werbung
(1) Werbung für öffentliches Glücksspiel hat sich zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Glücksspielmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Glücksspiel zu beschränken.
(2) Werbung für öffentliches Glücksspiel darf nicht in Widerspruch zu den Zielen des § 1 stehen, insbesondere nicht gezielt zur Teilnahme am Glücksspiel auffordern, anreizen oder ermuntern. Sie darf sich nicht an Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen richten. Die Werbung darf nicht irreführend sein und muss deutliche Hinweise auf das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, die von dem jeweiligen Glücksspiel ausgehende Suchtgefahr und Hilfsmöglichkeiten enthalten.
(3) Werbung für öffentliches Glücksspiel ist im Fernsehen (§§ 7 und 8 Rundfunkstaatsvertrag), im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen verboten.
(4) Werbung für unerlaubte Glücksspiele ist verboten.
Die Antragstellerin hat in ihrer am 18.3.2008 eingegangenen Antragsschrift beantragt, dem Antragsgegner aufzugeben, es bei Meidung eines Ordnungsgelds bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung der Lotterie "Lotto" die Höhe des möglichen Geldgewinns mitzuteilen, ("Jackpot"), insbesondere wenn dies wie nachstehend abgebildet geschieht:
Das LG hat den Antrag mit Beschluss vom 20.3.2008 ohne Anhörung des Antragsgegners zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Mitteilung der Jackpot-Höhe überschreite n...