Entscheidungsstichwort (Thema)
Jackpot-Werbung II
Leitsatz (amtlich)
In den nach der "Kerntheorie" zu bestimmenden Verbotsbereich eines Unterlassungstitels fallen nur solche Abwandlungen der darin wiedergegebenen konkreten Verletzungsform, die ihrerseits schon implizit Gegenstand der Prüfung im Erkenntnisverfahren waren.
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG München I (Entscheidung vom 04.02.2010; Aktenzeichen 4 HK O 11315/08) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 4. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
II. Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 125.000,- € festgesetzt.
Gründe
I. Die Gläubigerin ist die Wettbewerbszentrale. Der Schuldner, der Freistaat Bayern, veranstaltet die Zahlenlotterie LOTTO - 6 aus 49.
Nachdem eine entsprechende einstweilige Verfügung des Senats (vgl. Beschl. v. 22. April 2008 - 29 W 1211/08 - Jackpot-Werbung; WRP 2008, 972 ff., GRUR-RR 2008, 310 ff.) mangels rechtzeitiger Vollziehung aufgehoben worden war, erwirkte die Gläubigerin am 6. November 2008 ein - nicht angefochtenes - landgerichtliches Hauptsacheurteil, in welchem antragsgemäß dem Schuldner unter Androhung eines Ordnungsgelds bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, unter anderem verboten wurde,
im geschäftlichen Verkehr bei der Bewerbung der Lotterie "Lotto" die Höhe des möglichen Geldgewinns ("Jackpot") mitzuteilen, wenn dies wie nachstehend abgebildet geschieht:
[...]
Zur Begründung führte das Landgericht aus, die angegriffenen Handlungen seien gemäß § 4 Nr. 11 UWG unlauter, weil sie gegen die Marktverhaltensregeln des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GlüStV verstießen. Die Anzeige stelle die Höhe des möglichen Gewinns blickfangmäßig in den Vordergrund; andere Informationen als diesen die besondere Attraktivität der Spielteilnahme begründenden Umstand erwähne sie nur in wesentlich kleinerer Schrift. Zwischen der plakativen Hervorhebung der Gewinnangabe und der im Schriftbild demgegenüber kaum in Erscheinung tretenden Erwähnung von Suchtgefahr und geringer Gewinnwahrscheinlichkeit bestehe ein eklatantes Missverhältnis; diese Unausgewogenheit bewirke einen gesteigerten Anreiz für die Spielteilnahme. Entsprechendes gelte verstärkt - unter anderem - für die weitere beanstandete Werbemaßnahme; hier komme der besondere verbotene Anreizcharakter in noch höherem Maße zur Geltung, weil sie nicht einmal untergeordnete Hinweise auf gegen eine Spielteilnahme sprechende Umstände, sondern nur die attraktive Gewinnhöhe in Alleinstellung enthalte.
Nach Zustellung des Urteils schaltete der Schuldner eine Vielzahl von Anzeigen (vgl. Anl. Gl 2 - Gl 15, Gl 20 - 53, Gl 58 - Gl 75, Gl 78, Gl 79, Gl 84, Gl 85, Gl 88, Gl 89, Gl 94, Gl 95, Gl 99, Gl 100, Gl 105 und Gl 106) der folgenden Art in Münchener und Nürnberger Tageszeitungen
(Anl. Gl 3)
(Anl. Gl 5)
(Anl. Gl 2),
die sich lediglich durch die Höhe des jeweiligen Millionenbetrags und dadurch unterschieden, ob die Hinweise Chance 1:140 Millionen, Spielteilnahme ab 18. Glückspiel kann süchtig machen.
Infos unter www.lotto.de. zwei-, drei- oder vierzeilig gehalten waren.
Außerdem schaltete der Schuldner eine Vielzahl von Anzeigen (vgl. Anl. Gl 54 - 57, Gl 76, Gl 77, Gl 80 - Gl 83, Gl 86, Gl 87, Gl 90 - Gl 93, Gl 96- Gl 98, Gl 101 - Gl 104, Gl 107 und Gl 108) der folgenden Art in Münchener und Nürnberger Tageszeitungen:
(Anlage Gl 54)
die sich ebenfalls lediglich durch die Höhe des jeweiligen Millionenbetrags unterschieden.
Daneben ließ der Schuldner mit einer achteckigen Werbetafel in folgender Weise werben:
(Anl. Gl 16)
(Anl. Gl 17)
(Anl. Gl 18)
(Anl. Gl 19)
Der auf den Bildern nicht lesbare Text im unteren Teil der Werbetafel enthielt Warnhinweise.
Die Gläubigerin hat sowohl die Anzeigen als auch die Werbetafeln als Zuwiderhandlungen gegen das gerichtliche Verbot angesehen und beantragt,
1. gegen den Schuldner deswegen ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festzusetzen;
2. dem Schuldner für jeden Fall der weiteren Zuwiderhandlung Ordnungshaft anzudrohen, zu vollziehen an dem Präsidenten der Staatlichen Lotterieverwaltung.
Der Schuldner hat beantragt,
die Anträge der Gläubigerin zurückzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Werbetafel läge schon deshalb nicht im Verbotsbereich, weil sie die Gewinnhöhe nicht in Alleinstellung enthalte, wie das bei der dem Verbot zu Grunde liegenden Tafel der Fall gewesen sei. Bei den Anzeigen sei die Unausgewogenheit der Anzeige, die zu dem Verbot geführt habe, durch eine Verkleinerung der für die Gewinnangabe verwendeten Schrift und eine Vergrößerung der für die Warnhinweise verwendeten beseitigt worden.
Im Lauf des Verfahrens hat sich die Gläubigerin eine vollstreckbare Ausfertigung des landgerichtlichen Urteils erteilen lassen und im Verfahren vorgelegt.
Nach mündlicher Verhandlung über den Antrag der Gläubigerin am 12. November 2009 hat das Landgericht mit Beschluss vom 4. Februar 2010
1. geg...