Leitsatz (amtlich)

Die gesetzliche Vertretung des Betroffenen durch einen Rechtsanwalt als berufsmäßigen Betreuer beim notariell beurkundeten Verkauf eines Grundstücks begründet nur dann einen Anspruch auf Aufwendungsersatz für eine berufsspezifische Tätigkeit, wenn aus diesem Anlass auch ein Berufsbetreuer gleicher Vergütungsstufe, der kein Volljurist ist, anwaltlichen Rat eingeholt hätte. Als Indiz hierfür genügt weder die vom Käufer vorgenommene Auswahl des Notars, wenn Anhaltspunkte für Zweifel an dessen Unparteilichkeit fehlen, noch die Tatsache, dass die in der Immobilie vorhandenen Wohn- und Gewerbeeinheiten überwiegend vermietet sind.

 

Normenkette

BGB § 1812 Abs. 1, § 1813 Abs. 1 Nr. 2, § 1835 Abs. 3, § 1908i Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 18.02.2009; Aktenzeichen 13 T 20430/08)

AG München (Aktenzeichen 716 XVII 843/04)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 18.2.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer ist seit 23.4.2004 als Berufsbetreuer mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge; Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und So-zialleistungsträgern sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Aufgabenkreis bestellt. Die im notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 20.7.2006 enthaltenen Erklärungen des Betreuers über den Verkauf eines Grundstücks des Betroffenen zum Kaufpreis von 1.784.500 EUR genehmigte das Vormundschaftsgericht mit Beschluss vom 28.7.2006. Die vom Betreuer mit Schreiben vom 8.7.2008 beantragte Entnahme einer Vergütung i.H.v. 10.691,91 EUR nach Anwaltsgebührenrecht von einem der Konten des Betroffenen wies das Vormundschaftsgericht am 18.7.2008 zunächst zurück. Auf die mit ergänzendem Sachvortrag versehene Beschwerde des Betreuers hob es mit Beschlüssen vom 22.8.2008 die Entscheidung vom 18.7.2008 auf und genehmigte die beantragte Entnahme für anwaltliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem am 28.7.2006 genehmigten Immobilienverkauf. Auf die Beschwerde des Betroffenen bestellte das LG für diesen eine Verfahrenspflegerin, hob am 18.2.2009 die Beschlüsse des AG vom 22.8.2008 auf und stellte unter Zurückweisung der Beschwerde des Betreuers den amtsgerichtlichen Beschluss vom 18.7.2008 wieder her. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Betreuers.

II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere bedurfte sie nicht der Zulassung durch das LG gem. § 56g Abs. 5 Satz 2, § 69g Abs. 1 FGG. Das Antragsverfahren betrifft nicht eine Zahlungsfestsetzung nach § 56g Abs. 1, § 69e Abs. 1 FGG; es geht um die auch für einen Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge genehmigungspflichtige Entnahme eines Geldbetrags von mehr als 3.000 EUR von einem Konto des Betroffenen gem. § 1812 Abs. 1, § 1813 Abs. 1 Nr. 2, § 1908i Abs. 1 BGB. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

Dem Betreuer stehe eine RVG-Vergütung als Aufwendungsersatz nach § 1835 Abs. 3, § 1908i Abs. 1 BGB nur für solche Dienste zu, für die ein nichtanwaltlicher Betreuer der höchsten Vergütungsstufe einen Rechtsanwalt zugezogen hätte. Grundstückskaufverträge würden in aller Regel auch von juristischen Laien, die nicht unter Betreuung stünden, ohne Zuziehung von Rechtsanwälten abgeschlossen. Die beiderseitigen Interessen würden durch den pflichtgemäß handelnden neutralen Notar wahrgenommen. Erst recht würde ein erfahrener nichtanwaltlicher Betreuer der höchsten Vergütungsstufe in der Regel ohne Zuziehung eines Rechtsanwalts auskommen. Anderes könne gelten, wenn - etwa bei der Vermarktung einer größeren Wohnanlage - der Notar vom Bauträger ausgesucht worden und aufgrund seiner wirtschaftlichen Interessen zu besorgen sei, dass er entgegen seinen Neutralitätspflichten im Lager des Veräußerers stehe und Käuferinteressen nicht entsprechend wahrgenommen würden. Der Stellungnahme des Notars vom 15.12.2008 sei eine derartige Fallkonstellation nicht zu entnehmen. Bezeichnend sei, dass der Betreuer ausführe, bei denselben Vertragsformulierungen hätte er keine RVG-Vergütung berechnet, wenn der Notar nicht von der Käuferseite beauftragt worden wäre. Auch ein nichtanwaltlicher Betreuer hätte einen Vertrag zumindest durchgelesen, bevor er sich dafür entscheide, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Die Geltendmachung einer RVG-Vergütung könne dann nur noch davon abhängen, ob das Vertragswerk als solches Anlass zur Einschaltung eines Rechtsanwalts gebe. Der Veräußerer benötige keine rechtliche Beratung oder Unterstützung, um vertragserhebliche Belange in das Vertragswerk einfließen zu lassen, da es Aufgabe des Notars sei, einen interessengerechten Vertrag zu erstellen. Insbesondere sei es nicht erforderlich, diesem Formulierungsvorschläge zu unterbreiten. Ausreichend sei, vertragserhebliche Belange zur Sprache zu bringen, für die der Notar dann interessengerechte Vertragslösungen zu finden habe. Über den Sachverstand des für seine Tätigkeit auch haftenden Notars hin...

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