Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinsbeistandschaft: Vergütungspflicht des bayerischen Justizfiskus nach Übertragung der Aufgabe durch das Jugendamt

 

Leitsatz (amtlich)

Überträgt das Jugendamt eine Beistandschaft nach § 1712 BGB auf einen Verein, so führt dies nicht dazu, dass das Land (der Justizfiskus) dem Verein eine Vergütung zu gewähren oder Aufwendungen zu ersetzen hat.(Rz. 22)

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Normenkette

BGB § 1712 Abs. 1; BGBEG Art. 144; SGAG BY Art. 61 Abs. 1 S. 1; FGG § 67a Abs. 4; FamFG § 277 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 11.02.2010; Aktenzeichen 7 T 357/09)

AG Regensburg (Aktenzeichen X 331/07)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Regensburg vom 11.2.2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten der sofortigen weiteren Beschwerde zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 41,67 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Für das betroffene Kind hatte dessen Mutter eine Beistandschaft beantragt. Auf deren Wunsch hat das Jugendamt am 30.3.2006 die Beistandschaft dem Beteiligten, einem konfessionell getragenen Verein, der u.a. Vormundschaften und Beistandschaften führt, übertragen.

Am 13.9.2007 hat der Beteiligte für Schriftverkehr am 20.7.2006 und für ein Telefonat am 24.10.2006 mit dem Kindsvater mit einem Zeitaufwand von insgesamt 40 Minuten die Festsetzung einer Vergütung für "Betreuungsarbeit" i.H.v. 16,67 EUR gegen die Staatskasse beantragt.

Mit Schreiben vom 23.1.2008 hat der Beteiligte für "Betreuungsarbeit" von einer Stunde im Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 31.12.2007 beim zuständigen AG die Festsetzung einer Vergütung von 25 EUR gegen die Staatskasse geltend gemacht. Am 12.8.2008 hat der Beteiligte mitgeteilt, eine förmliche Verbescheidung der Anträge werde nicht gewünscht. Mit Schreiben vom 19.1.2009 hat der Beteiligte erklärt, man wolle ein Verfahren als Musterprozess durchführen.

Das AG hat am 26.9.2009 beide Festsetzungsanträge zurückgewiesen.

Die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde des Beteiligten hat das LG am 11.2.2010 zurückgewiesen und die sofortige weitere Beschwerde zugelassen.

Gegen diese am 22.2.2010 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beteiligte mit seiner am 8.3.2010 eingelegten sofortigen weiteren Beschwerde, mit der er vor allem rügt, dass die Versagung einer Vergütung grundgesetzwidrig sei. Einer Abwälzung des Vergütungsanspruchs auf das Jugendamt als Anspruchsgegner stünden rechtssystematische Gründe entgegen.

II. Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

1. Das LG hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

Das AG sei nicht für die geltend gemachten Ansprüche auf Vergütung und Aufwendungsersatz zuständig. Nach der bestehenden Gesetzeslage stehe dem Beteiligten kein Anspruch auf Vergütung und Aufwendungsersatz zu. Das Jugendamt habe von der nach Art. 49a BayKJHG bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Beistandschaft auf den Beschwerdeführer zu übertragen. Dabei könne dahinstehen, ob der Ausschluss von Vergütungsansprüchen verfassungswidrig sei, denn auch im Falle der Verfassungswidrigkeit führe dies nicht zu einer Zahlungspflicht der AG.

Insbesondere lasse sich eine Vergütungspflicht nicht aus einer analogen Anwendung von § 67a Abs. 4 FGG herleiten. Diese Vorschrift betreffe nur Fälle, denen eine gerichtlich angeordnete Bestellung als Pfleger vorausgegangen sei. Sie könne daher nicht auf die Beistandschaft nach § 1712 BGB angewandt werden, weil sowohl der Eintritt der Beistandschaft als auch deren Übertragung auf den Verein keine gerichtliche Mitwirkung erfordere und daher nicht einer Bestellung durch das Gericht gleichzusetzen sei. Anderes ließe sich auch nicht aus den Entscheidungen des BVerfG vom 11.11.1999 (1 BvR 122/94) oder des BGH vom 14.3.2007 (XII ZB 148/03) herleiten. Diese Entscheidungen beträfen nur Fallgestaltungen, in denen Pflegschaften aufgrund gerichtlicher Bestellung übernommen worden seien. Deshalb könnten sie auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen werden. Die Entscheidung des BGH gehe von einer planwidrigen Gesetzeslücke aus, die von den Fachgerichten im Wege der verfassungskonformen Gesetzesanwendung zu schließen sei. Auch hier sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Entscheidung eine gerichtlich angeordnete Verfahrenspflegschaft zugrunde gelegen habe und es nicht um Vergütungsansprüche gegangen sei, die ohne jegliche gerichtliche Beteiligung entstanden seien. Dem BGH sei zuzustimmen, dass es hinsichtlich verfassungsrechtlich gesicherter Vergütungsansprüche nicht auf die gewählte vormundschaftsrechtliche oder pflegschaftsrechtliche Konstruktion ankommen könne; jedoch sei sehr wohl erheblich, ob die Tätigkeit im Auftrag oder Interesse eines anordnenden Gerichts ausgeübt worden sei oder im Interesse oder Auftrag eines Dritten.

Bei der Beistandschaft nach § 1712 BGB und auch bei den Vereinsbeistandschaften aufgrund Übertragung gem. § 49a BayKJHG sei eine Beteiligung der...

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