Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an den Unrichtigkeitsnachweis, wenn geltend gemacht wird, ein Leibgeding sei im Hinblick auf die dauernde Unbenutzbarkeit des Vertragsobjekts erloschen.
Normenkette
GBO § 22 Abs. 1, §§ 23, 29 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Deggendorf (Beschluss vom 07.01.2016) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Deggendorf - Grundbuchamt - vom 7.1.2016 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind im Grundbuch als Miteigentümer eines mit einem Leibgeding für die Mutter des Beteiligten zu 1 belasteten Grundstücks eingetragen.
Der Grundbesitz, auf dem ein als Wohnhaus genutztes Gebäude errichtet war, wurde dem Beteiligten zu 1 gemäß Vertrag vom 27.1.1992 von seiner Mutter überlassen. In diesem bewilligte er seiner Mutter ein unentgeltliches Leibgeding wie folgt (Ziff. X. A. der Urkunde):
1. Der Veräußerer erhält das ausschließliche Wohnungsrecht in den ersten beiden Zimmern rechts vom Eingang und in dem links vom Eingang gelegenen Bad jeweils im Erdgeschoß des Vertragsobjekts, verbunden mit dem Recht auf Mitbenützung der dem allgemeinen Gebrauch der Hausbewohner dienenden Anlagen und Einrichtungen. Die Kosten für Wasser, Licht, Strom und Beheizung für diese Räume trägt der Veräußerer.
2. Soweit dies im Vertragsobjekt ohne fachkundiges Personal möglich ist, hat der Erwerber dem Veräußerer bei Krankheit oder Altersgebrechlichkeit eine entsprechende Wart und Pflege, namentlich Krankenpflege zu gewähren, ihm Kleidung, Wäsche und Schuhwerk zu reinigen und instandzuhalten, sowie ihm alle Arbeiten zu verrichten oder verrichten zu lassen, die der Veräußerer wegen Alter oder Krankheit nicht mehr selbst verrichten kann, auch alle hierzu erforderlichen Gänge und Fahrten zu besorgen und alle Hilfen zu leisten.
Zur Löschung des Leibgedings soll der Nachweis des Todes der Berechtigten genügen.
Am 31.1.1992 ließ der Beteiligte zu 1 sodann einen halben Miteigentumsanteil des Grundbesitzes unter Hinweis auf die Belastung mit dem Leibgeding an seine Ehefrau, die Beteiligte zu 2, auf.
Am 14.12.2015 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 zur Niederschrift des Grundbuchamts die Löschung des Leibgedings. Für das Haus sei eine Baugenehmigung nicht erteilt gewesen, dieses sei durch eine Flut so beschädigt, dass es abgerissen werden müsse. Eine Baugenehmigung für einen Neubau werde nicht erteilt. Zum Nachweis legten sie die Kopie eines Schreibens der Stadt D. vom 26.3.2014 vor, in dem mitgeteilt wird, dass nach Aktenlage eine Wiedererrichtung des Gebäudes baurechtlich nicht genehmigt werden könne. Nach einem weiter in Abschrift vorgelegten Urteil des AG wurde die Klage der aus dem Leibgeding vom 27.1.1992 Berechtigten gegen die Beteiligten zu 1 und 2 auf Feststellung, dass diese unentgeltliches Wohnen in dem nun aktuell von ihnen bewohnten Gebäude zu gewähren hätten, abgewiesen.
Auf einen Hinweis des Grundbuchamts zu den Nachweisanforderungen für eine Berichtigung nach § 22 GBO erklärten die Beteiligten zusätzlich, dass in Folge des Gebäudeabrisses weder das Wohnrecht noch die als Reallast geschuldete Wart und Pflege in dem Objekt erbracht werden könne.
Den Antrag hat das AG - Grundbuchamt - mit Beschluss vom 7.1.2016 schließlich zurückgewiesen, da ein förmlicher Unrichtigkeitsnachweis nicht geführt sei. Auch wenn man annehme, die Ausübung des Leibgedings sei im Sinne von § 275 BGB unmöglich, komme eine Löschung nicht in Betracht, da die Eintragung auch Rückstände sichere. Hinsichtlich möglicher Rückstände, insbesondere im Hinblick auf die Reallast, sei aber nichts vorgetragen.
Dagegen wenden sich die Beteiligten zu 1 und 2 mit ihrer Beschwerde vom 20.1.2016 und tragen ergänzend vor, es sei durch Zeugen nachweisbar, dass keine Rückstände aus der Reallast entstanden sein können.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Wegen der möglichen Rückstände scheide auch eine Löschung nach § 84 GBO aus.
II. Das Rechtsmittel erweist sich als zulässig, in der Sache aber als nicht begründet.
1. Gegen die Zurückweisung des Grundbuchberichtigungsantrags ist nach herrschender Meinung die unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft, wenn - wie hier - mit ihr eine nachträgliche Grundbuchunrichtigkeit geltend gemacht wird (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn 152 m.w.N.). Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig eingelegt (§ 73 GBO).
2. Eine berichtigende Eintragung im Grundbuch kann gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO nur vorgenommen werden, wenn entweder die Berichtigungsbewilligung des Betroffenen nach § 19 GBO vorgelegt wird oder der Antragsteller die Grundbuchunrichtigkeit in grundbuchtauglicher Form (§ 29 Abs. 1 GBO) nachweist.
a) Eine Berichtigungsbewilligung der Berechtigten des Leibgedings (vgl. Art. 7 ff. AGBGB; zum Inhalt Demharter GBO 30. Aufl. § 49 Rn. 3 f.) liegt nicht vor, so dass eine Löschung nur in Betracht kommt, wenn der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit erbracht i...