Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Zwangsverwaltung über Wohnungseigentum wegen Zuschlags in der Zwangsversteigerung aufgehoben, so ist der Verwalter weiterhin befugt, anhängige Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG aus der Zeit seiner Amtstätigkeit auf der Aktiv- und Passivseite fort zu führen.
2. Bei Eigentümerbeschlüssen, durch die aufgrund einer Öffnungsklausel der vereinbarte Verteilungsschlüssel abgeändert werden soll, muss sich aus dem Protokoll zumindest eindeutig ergeben, zu welchem Antrag eine Abstimmung erfolgt ist und welches Abstimmungsergebnis erzielt wurde, damit auf eine konkludente Feststellung und Verkündung des Beschlussergebnisses geschlossen werden kann.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 2-3, § 16 Abs. 2, § 28 Abs. 5, § 43 Abs. 4 Nr. 2; ZVG §§ 89, 161
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 11.09.2006; Aktenzeichen 7 T 772/06) |
AG Augsburg (Beschluss vom 02.02.2006; Aktenzeichen 3 UR II 126/05) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zu 1) bis 6) werden der Beschluss des LG Augsburg vom 11.9.2006 in Ziff. I und II und der Beschluss des AG Augsburg vom 2.2.2006 in Ziff. 2 und 4 aufgehoben. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Genehmigung der Jahresendabrechung für 2004 für das Gesamtobjekt und der Einzelabrechnungen, aufgestellt von der Hausverwaltung gemäß Tagesordnungspunkt 3 der Eigentümerversammlung vom 11.5.2005, sowie der Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne für den Zeitraum ab Januar 2005 gemäß Tagesordnungspunkt 5 der Eigentümerversammlung vom 11.5.2005 wird abgewiesen.
III. Gerichtskosten und außergerichtliche Kosten werden in allen Instanzen gegeneinander aufgehoben.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Antragsteller und Antragsgegner zu 1) bis 6) sind Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten als derzeitiger Notverwalterin verwaltet wird. Die Antragsgegnerin zu 7) war als Zwangsverwalterin für das Sondereigentum von Herrn Dr. G. bestellt. Die Zwangsverwaltung wurde mit amtsgerichtlichem Beschluss vom 24.10.2006 aufgrund des im Zwangsversteigerungsverfahren am 15.9.2006 ergangenen Zuschlagsbeschlusses aufgehoben.
Die Beteiligten streiten um die Anwendung des richtigen Verteilungsschlüssels für die Jahresabrechnungen für 2004 und die Wirtschaftspläne für 2005.
In der in der notariellen Urkunde vom 16.7.1974 als Nachtrag zur Teilungserklärung vom 5.7.1971 vereinbarten Gemeinschaftsordnung finden sich zur Kostenverteilung auszugsweise folgende Regelungen:
"1. ... In der Teilungserklärung wurde eine Größenfestsetzung des einzelnen Sondereigentums getroffen; diese auf Tausendstel abgestimmten Ziffern sind entscheidend für das Maß der Rechte und Pflichten der Sondereigentümer in der Gemeinschaft (Mitgliedschaftsrecht), des Gebrauchs, der Nutzungen und der Beteiligungen an den Lasten und Kosten für die gemeinschaftlichen Teile, Räume, Anlagen und Einrichtungen, soweit es sich nicht um solche handelt, die in Sondernutzung einer bestimmten Gruppe von Sondereigentümern stehen oder für welche eine besondere Lastenverteilung vereinbart wird. ...
5. Die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des Gebäudes, die Kosten der Verwaltung und ganz allgemein die Kosten, die die Gesamtheit des Gebäudes betreffen, werden von den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Tausendstelanteile getragen. Gleiches gilt auch für die Kosten ordnungsgemäß beschlossener Veränderungen und Neuerungen im Anwesen. ....
Sollten durch die Eigentümer des 5. Obergeschosses gemäß Ziffer VII der Vorurkunde ein weiteres Stockwerk aufgeführt werden, so ändern sich alle Verteilerschlüssel entsprechend der dann vorhandenen Gesamtnutzfläche. ...
9. Zur Änderung dieser Teilungserklärung bedarf es der Zustimmung von mindestens 9/10 Tausendstelanteilen aller Miteigentümer. ..."
Weiter sind in der Gemeinschaftsordnung vom 16.7.1974 Ausnahmen vom allgemein geltenden Verteilungsschlüssel für die Müllbeseitigung, die Aufzugsanlage, den Wasserverbrauch, Versicherungen, Heizkosten, die Reinigung und die Rücklagen geregelt.
In einer notariellen Nachtragsurkunde vom 17.9.1975 ist für Sondernutzungsrechte am Parkdeck folgende Kostentragung bestimmt:
"Die Kosten für die Unterhaltung des ganzen Parkdecks treffen den Sondernutzungsberechtigten. Unterhaltskosten in diesem Sinne sind die Kosten für Reinigung und Schneeräumung Heizung der Rampe Wartung und Instandhaltung der Schranke und der Ampelanlagen Instandsetzung des Fahrbelages und der Markierungen Isolierungsschäden, welche durch die Ausübung des Sondernutzungsrechts entstehen".
Im Jahr 1985 machten die Eigentümer der Wohneinheit im 5. Stock von ihrer bereits in der Teilungserklärung vom 5.7.1971 geregelten Berechtigung Gebrauch, das Gebäude um ein 6. Stockwerk zu erweitern. In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 23.6.1987, bei der ausweislich des Protokolls sämtliche Wohnungseigentümer anwesend oder vertreten waren, wurde die von einem Architekten gefe...