Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsverfahren: Umgangsregelung durch Einsetzung eines Umgangspflegers bei gleichzeitigem Entzug der gemeinsamen elterlichen Sorge
Leitsatz (amtlich)
Regelt das Familiengericht den Umgang eines Elternteils mit seinem Kind bei gleichzeitiger Anordnung einer Umgangspflegschaft, kommt daneben ein Entzug der gemeinsamen elterlichen Sorge bezüglich der Regelung der Umgangskontakte zwischen Eltern und Kind grundsätzlich nicht in Betracht.
Normenkette
BGB §§ 1666, 1684 Abs. 1
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 20.10.2009; Aktenzeichen 535 F 3049/09) |
Tenor
I. Der Beschluss des AG München vom 12.11.2010 wird in Ziff. 1 aufgehoben. Im Übrigen verbleibt es bei der Regelung in dieser Entscheidung, einschließlich der Ziff. 3 und 5 des Beschlusses des AG München vom 20.10.2009 im Verfahren 535 F 3049/09.
II. Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In dem im April 2009 eingeleiteten Umgangsverfahren 535 F 3049/09 hatte das AG der Mutter die elterliche Sorge bezüglich der Regelung der Umgangskontakte des Vaters mit dem am 31.7.2001 geborenen gemeinsamen Kind entzogen, einen Umgangspfleger bestellt und den Umgang des Vaters mit dem Kind so geregelt, dass der Vater berechtigt ist, das Kind alle zwei Wochen von Freitag 17:00 Uhr bis Sonntag 19:00 Uhr und die Hälfte der Schulferien zu sich zu nehmen.
Mit Schriftsatz vom 23.8.2010 hat die Mutter beantragt, die Sorgerechtsbeschränkung und die Umgangspflegschaft aufzuheben. Das AG hat am 26.8.2010 dem Kind eine Rechtsanwältin als Verfahrensbeistand bestellt. Im Erörterungstermin vom 9.11.2010 waren sich beide Eltern einig, dass der bisherige Umgangspfleger entlassen werden sollte. Der Vater hat die Bestellung eines neuen Umgangspflegers beantragt. Die Mutter hatte beantragt, ihr die elterliche Sorge in vollem Umfang wieder zu übertragen und keinen neuen Umgangspfleger zu bestellen.
Am 12.11.2010 hat das AG beiden Eltern das gemeinsame Sorgerecht bezüglich der Regelung des Umgangs der Eltern mit dem Kind entzogen, weiterhin Umgangspflegschaft angeordnet, den bisherigen Umgangspfleger entlassen und einen neuen Umgangspfleger bestellt sowie die Umgangsregelung in Ziff. 3 und 5 des Beschlusses vom 20.10.2009 aufrechterhalten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vaters, der sich dagegen wendet, dass ihm teilweise die elterliche Sorge entzogen wurde. Der Beschwerdebegründung ist zu entnehmen, dass die Bestellung eines neuen Umgangspflegers und die Aufrechterhaltung der bisherigen Umgangsregelung nicht angegriffen wird. Da insoweit die Beschwerdeschrift nicht absolut eindeutig erschien, hat die Verfahrenbevollmächtigte des Vaters auf telefonische Anfrage des Berichterstatters dieses (beschränkte) Beschwerdeziel bestätigt.
II. Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung der Sorgerechtsbeschränkung im angegriffenen Beschluss, nicht nur bezüglich des Vaters, sondern auch bezüglich der Mutter.
1. Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt (§ 1684 Abs. 1 BGB).
Obgleich das Umgangsrecht auch das Personensorgerecht berührt, etwa bezüglich der Herausgabe des Kindes und der Aufenthaltsbestimmung zur Durchführung und Regelung des Umgangs, ist es doch kein Teil des Sorgerechts. Denn einerseits besteht das Umgangsrecht unabhängig vom Sorgerecht, so dass der nicht sorgeberechtigte Elternteil ebenso das Recht zum Umgang hat wie der sorgeberechtigte. Und andererseits hat auch der Alleinsorgeberechtigte nicht das Recht, selbst, entgegen dem Willen das anderen Elternteils, Umfang und Ausübung des Umgangsrechts zu bestimmen. Das Umgangsrecht ist vielmehr - unabhängig von der Sorgerechtsfrage - grundsätzlich im Einvernehmen der Sorge- und Umgangsberechtigten auszuüben. Im Konfliktfall, wenn die Eltern und/oder sonst Sorgeberechtigten sich nicht einigen können, hat das Familiengericht über den Umfang des Umgangsrechts zu entscheiden und seine Ausübung zu regeln (§ 1684 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dementsprechend kommt einem Entzug der Befugnis, den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil zu regeln, nur die Bedeutung zu, die Eltern an einer einvernehmlichen Regelung zu hindern und so sicherzustellen, dass sie nicht zum Schaden des Kindes von einer dem Kindeswohl entsprechenden gerichtlichen oder früheren einvernehmlichen Regelung abweichen.
Anhaltspunkte für eine derartige Gefahr sind vorliegend nicht erkennbar, so dass der Teilentzug der elterlichen Sorge keinen Bestand haben kann.
2. Auch die Notwendigkeit der Anordnung einer Umgangspflegschaft (§ 1684 Abs. 3 Satz 3 BGB) kann eine solche Sorgerechtsbeschränkung nicht begründen. Zwar greift die Umgangspflegschaft in Teile des Sorgerechts ein, indem sie dem Pfleger den Herausgabeanspruch und das Aufenthaltsbestimmungsrecht zur Durchführung des Umgangs zuspricht. Insoweit liegt eine Sorgerechtseinschränkung vor. Währen...