Leitsatz (amtlich)
Zur Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses, der die Kosten für die Instandsetzung von Fenstern im Bereich der Wohnungen abweichend vom vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel "auch zukünftig" dem einzelnen Wohnungseigentümer auferlegt.
Verfahrensgang
LG Bayreuth (Entscheidung vom 19.06.2006; Aktenzeichen 42 T 7/06) |
AG Bayreuth (Aktenzeichen 9 UR II 7/05) |
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer größeren Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. In der Eigentümergemeinschaft herrscht Uneinigkeit darüber, wer für die Instandhaltung der Fenster der einzelnen Wohnungen verantwortlich ist. Der Teilungsvertrag vom 1.3.1994 enthält hinsichtlich der Fenster keine eigenständigen Vereinbarungen. Er verweist hinsichtlich der nicht geregelten Punkte auf die Geltung des Wohnungseigentumsgesetzes in seiner jeweiligen Fassung (§ 2 Nr. 9).
Im Protokoll der Eigentümerversammlung vom 19.6.1996 ist unter Tagesordnungspunkt (TOP) 11 aufgeführt:
Beschlussfassung über die Sanierung/Austausch der Fenster
Für den Austausch aller Fenster liegt der Hausverwaltung ein Kostenvoranschlag vor. Die damit verbundenen Kosten belaufen sich auf über DM 830.000. Die Anwesenden beschließen einstimmig, dass kein Austausch der Fenster erfolgen soll.
(...)
Die Kosten für den Austausch von Fenstern im gemeinschaftlichen Eigentum sind von der Wohnungseigentümergemeinschaft zu tragen. Wohnungs- und Ladenfenster sind vom Eigentümer zu finanzieren (...). Die Wohnungseigentümer, welche die Fenster schon vor der nächsten Eigentümerversammlung ersetzen lassen wollen, setzen sich bitte vor dem Austausch mit der Hausverwaltung in Verbindung.
Eine Beschlussfassung über die Kostentragung für den Austausch der Fenster ist nicht vermerkt.
In der Eigentümerversammlung vom 27.6.1997 kam es zu folgendem Eigentümerbeschluss:
TOP 10: Beschlussfassung über den Austausch der Wohnungsfenster mit Information der zu beachtenden technischen Voraussetzungen
Die Anwesenden beschließen einstimmig, dass der Austausch der Wohnungsfenster jedem Eigentümer selbst überlassen bleibt. (...).
Bei dieser Abstimmung wurden 107 Ja-Stimmen (= 7.787/10.000 Miteigentumsanteile) abgegeben.
In der Eigentümerversammlung vom 9.6.2005 beantragte der Antragsteller, seine Fenster außenseitig auf Kosten der Gemeinschaft streichen zu lassen. Die Eigentümergemeinschaft beschloss daraufhin mehrheitlich,
TOP 8 a:
.... es wird beschlossen, dass - wie bisher - sowohl die Kosten für die Fensterinstandsetzungen und den Anstrich als auch für den Austausch der Fenster im Bereich der Wohnungen auch zukünftig von jedem Eigentümer zu tragen sind. Fenster in gemeinschaftlichen Bereichen, wie z.B. in Treppenhäusern und Fluren, sind auf Kosten der Eigentümergemeinschaft instand zu setzen bzw. auszutauschen.
TOP 8 b:
Der Antrag von Herrn D. (= Antragsteller) zum außenseitigen Anstrich seiner Wohnungsfenster wird .... abgelehnt.
Die Antragsteller haben beantragt, die zu den TOP 8 a und 8 b ergangenen Beschlüsse für ungültig zu erklären (Antrag zu Ziffer 1) und die Antragsgegner zu verpflichten, die Kosten für den Anstrich der Außenfenster ihrer Wohnung zu übernehmen (Antrag zu Ziffer 2).
Mit Teilbeschluss des Amtsgerichts vom 22.12.2005 wurde der Eigentümerbeschluss zu TOP 8 a für ungültig erklärt, soweit beschlossen wurde, dass wie bisher sowohl die Kosten für die Fensterinstandsetzungen und den Anstrich als auch für den Austausch der Fenster im Bereich der Wohnungen auch zukünftig von jedem Eigentümer zu tragen sind. Im Übrigen wurde der Antrag zu Ziffer 1 abgewiesen. Die Entscheidung über den Verpflichtungsantrag wurde bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den ersten Antrag zurückgestellt. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht mit Beschluss vom 19.6.2006 zurückgewiesen hat. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
1.
Das Landgericht hat ausgeführt:
Gemäß § 16 Abs. 2 WEG obliege auch die Instandhaltung der zu den Sondereigentumseinheiten gehörenden Fenster der gesamten Eigentümergemeinschaft, wobei die Kosten hierfür von den Eigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zu tragen seien. Eine Abänderung dieser gesetzlichen Lasten- und Kostenverteilung, auf die die Teilungserklärung verweise, bedürfe grundsätzlich einer Vereinbarung der Eigentümer. Eine Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung bestehe für eine dauerhafte Abänderung nicht, weswegen der Eigentümerbeschluss nichtig sei. Mit dem Beschluss sei nicht lediglich ein zuvor schon wirksam gefasster Beschluss oder eine früher getroffene Vereinbarung bestätigt worden. Auch der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.6.1997 sei jedenfalls mangels Beschlusskompetenz nichtig. Zwar sei er schon vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.9.2000 (BGHZ 145, 158) gefasst wo...