Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbares Verfahrensrecht für Überwachung einer Vormundschaft und Genehmigung einer Erbausschlagung
Normenkette
FGG-RG Art. 111 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Augsburg (Aktenzeichen 454 F 3430/09) |
Tenor
Als zuständige Abteilung des AG Augsburg zur weiteren Führung der Vormundschaft wird das Vormundschaftsgericht bestimmt.
Gründe
I. Das AG Augsburg hat durch Endurteil vom 22.11.2001 den Eltern die elterliche Sorge für die gemeinsamen minderjährigen Kinder ..., geboren 13.2.1993, und ..., geboren 23.11.1996, entzogen und auf einen Vormund übertragen. Zum Vormund hat es Frau ..., Katholische Jugendfürsorge Augsburg, bestimmt. Die Vormundschaft wird vom AG - Vormundschaftsgericht - Augsburg unter dem Az. VII 14/02 geführt. Der Vormund hat seit dem Jahr 2002 regelmäßige Berichte über die Mündel (Kinder) an das Vormundschaftsgericht gesandt.
Mit Beschluss vom 12.11.2009 hat das AG - Vormundschaftsgericht - Augsburg das Verfahren auf das Familiengericht übergeleitet.
Das AG - Familiengericht - Augsburg hat mit Beschluss vom 15.12.2009 die Überleitung abgelehnt und die Akten dem OLG zur Entscheidung über die Zuständigkeit vorgelegt. Das AG - Vormundschaftsgericht - Augsburg hat in seiner Stellungnahme vom 7.1.2010 erklärt, dass es am Beschluss vom 12.1.2009 festhalte.
Soweit der Vormund eine Genehmigung zur Erbausschlagung beantragt hat (Eingang des Antrags durch den Vormund nach dem 1.9.2009), hat das Familiengericht sich für zuständig erklärt.
Beide Abteilungen des AG streiten über die Auslegung des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG. Das Vormundschaftsgericht verweist auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 29.7.2009 und des Bundesministeriums der Justiz vom 21.7.2009, in dem die Ministerien die Auffassung vertreten, Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG sei bei Bestandsverfahren, wie der Führung einer Vormundschaft, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden seien, dahingehend auszulegen, dass solche Verfahren von den Vormundschaftsgerichten auf die Familien- oder Betreuungsgerichte überzuleiten seien.. Das Übergangsrecht sehe zwar keine spezielle Regelung vor. Aus der Vorschrift des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG könne jedoch der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, den Rechtsübergang in allen vormundschaftsgerichtlichen Bestandsverfahren zügig wirksam werden zu lassen, um die Vormundschaftsgerichte in einem vertretbaren Zeitraum auflösen zu können.
Demgegenüber vertritt das Familiengericht die Auffassung, solange in Vormundschaftssachen kein Antrag auf Abänderung und Verlängerung oder Aufhebung gestellt werde, sei nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das Vormundschaftsgericht zur Überwachung der Vormundschaft weiterhin zuständig.
Der Antrag auf Genehmigung der Erbausschlagung stelle nach Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ein eigenständiges Verfahren dar.
II.1. Das OLG ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zur Entscheidung zuständig. Nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG ist neues Verfahrensrecht anzuwenden, da die Abteilungen d es AG Augsburg sich nach dem 1.9.2009 für unzuständig erklärt haben. § 5 FamFG gilt für alle Familiensachen mit Ausnahme der Ehesachen und Familienstreitsachen und alle sonstigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG. § 5 FamFG ist im Gegensatz zu § 5 FGG nicht allein auf die Regelung der örtlichen Zuständigkeit beschränkt. Die Norm des § 5 FamFG ist für die Bestimmung jeder Zuständigkeitsart anwendbar (MünchKomm zur Zivilprozessordnung/FamFG, 3. AufL/Pabst, § 5 Rz. 5). Das nächsthöhere gemeinsame Gericht ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG das OLG.
2. Als zuständiges (funktionelles) Gericht ist das AG - Vormundschaftsgericht - Augsburg zu bestimmen (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG).
Art. 111 Abs. 1 und Abs. 2 FGG-RG sind dahingehend auszulegen, dass. fur Dauerverfahren, die vor dem Stichtag des 1.9.2009 eingeleitet wurden, wie die Überwachung von Vormundschaften, weiterhin das alte Recht gilt und die Überwachung durch das Vormundschaftsgericht fortbesteht (MünchKomm, a.a.O., Anhang Art. 111 Rz. 10; Musielak/Borth, Familiengerichtliches Verfahren, Einl. vor § 1 FamFG, Rz. 101; Keidel/Engelhardt, FamFG, 16. Aufl" Art. 111 FGG-RG Rz. 3). Wird im Rahmen eines Dauerverfahrens (Überwachung der Vormundschaft) nach dem 1.9.2009 ein Antrag gestellt, der zu einer selbständigen Endentscheidung (§ 38 FamFG) führt, wird dieser Verfahrensteil als selbständig nach Art. 111 Abs. 2 FGG-RG angesehen (MünchKomm, a.a.O., Rz. 15; Keidel/Engelhardt, a- a. O. Rz. 3, 4). In diesen Fällen ist das neue Recht anwendbar, wobei z.B. einzelne gerichtliche Genehmigungen darunter fallen (Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt, Kommentar zum FGG, Rz. 3).
Für Dauerverfahren verbleibt es aber bei der allgemeinen Regelung des § 111 Abs. 1 FGG-RG. Der Gesetzgeber ist mit der Regelung des Art. 111 FGG-RG von der allgemeinen intertemporalen Regel des Verfahrens rechts abgewichen. Die Auffassung des Bundesministeriums der Justiz findet im Gesetz und im Gesetzgebungsverfahren keine Stütze. Die Überl...