Leitsatz (amtlich)
Eine Anhörungsrüge ist nicht formgerecht eingelegt, wenn der Rügeschrift mit Blick auf die rechtliche Begründung der Beschwerdeentscheidung nichts für eine Entscheidungserheblichkeit des als übergangen gerügten tatsächlichen Vorbringens entnommen werden kann.
Normenkette
FamFG § 44 Abs. 2 S. 4; GBO § 81 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Kempten (Beschluss vom 18.12.2015) |
Tenor
Die Gehörsrüge des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss vom 18.12.2015 wird verworfen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist als Miteigentümer zu ½ eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Gegen die am 3.11.2015 zugunsten der Beteiligten zu 2 eingetragene Zwangssicherungshypothek in Höhe von 830,56 EUR zzgl. Zinsen hat er Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Eintragung zur Sicherung einer Forderung im Betrag von weniger als 1.000 EUR sei unüblich und unangemessen. Sie würde zudem die geplante Übertragung seines Miteigentumsanteils behindern. Der titulierten Forderung halte er Gegenforderungen "aufgrund von Schlechtleistung und Störung" entgegen. Mit Beschluss vom 18.12.2015, der Geschäftsstelle übergeben am 21.12.2015 und unter demselben Datum formlos an den Beteiligten zu 1 hinausgegeben, hat der Senat das Rechtsmittel zurückgewiesen und dem Beteiligten zu 1 die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Beteiligten zu 2 erwachsenen außergerichtlichen Kosten auferlegt.
Gleichfalls am 21.12.2015 gelangte das Schreiben des Beteiligten zu 1 vom 17.12.2015 zur Geschäftsstelle, mit dem dieser sich gegen den Nichtabhilfebeschluss des Grundbuchamts mit "Widerspruch/Einspruch/Beschwerde" wendet und die "sofortige Zurückweisung der Eintragung dieser Zwangssicherungshypothek" sowie die "umgehende Löschung dieses erfolgten Eintrags" beantragt. Er habe der Beteiligten zu 2 einen legitimen Vorschlag zur Tilgung der titulierten Forderung unterbreitet, den die Beteiligte zu 2 in Kenntnis der Veräußerungsabsicht des Beteiligten zu 1 und der daraus zu erwartenden Liquidität ignoriert habe. Mit deren Antragstellung vom 23.10.2015 habe sie sich in Widerspruch gesetzt zu ihrer mit Schreiben vom 21.10.2015 gegebenen Zusicherung einer Zahlungsfrist bis 30.10.2015. Die eingetragene Zwangshypothek blockiere nun den Verkauf der Immobilie. Damit drohe auch die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens. Der Beteiligten zu 2 seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beteiligten zu 1 bekannt. Ihr Verhalten lasse den Verdacht entstehen, dass sie die Interessen des Beteiligten zu 1 bereits bei Durchführung des der Titelforderung zugrunde liegenden Mandats nicht neutral wahrgenommen habe. Zudem drohten durch das Vorgehen der Beteiligten zu 2 diverse weitere Schädigungen sowohl des Beteiligten zu 1 als auch dessen geschiedener Ehefrau. Die Eintragung der Sicherungshypothek sei aus diesen Gründen unverhältnismäßig.
Unter Bezugnahme auf diese bei der Entscheidung nicht berücksichtigte Stellungnahme beantragt der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 28.12.2015, der Beschwerde unter Beachtung dieser "Nachtragungen und Klarstellungen" unter Zurückweisung von Kosten stattzugeben.
II. Der als Anhörungsrüge zu behandelnde Rechtsbehelf ist zwar nach § 81 Abs. 3 GBO i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft und fristgerecht erhoben (§ 44 Abs. 2 Satz 1 FamFG), erweist sich aber dennoch als unzulässig. Eine Fortsetzung des Verfahrens (§ 44 Abs. 5 FamFG) und eine erneute Entscheidung über die Beschwerde kommen daher nicht in Betracht.
1. Die Anhörungsrüge ist als unzulässig zu verwerfen, weil der gesetzlichen Begründungsanforderung gemäß § 44 Abs. 2 Satz 4 FamFG nicht genügt ist. Nach dieser Vorschrift muss sich nicht nur der übergangene Sachvortrag, sondern auch dessen Entscheidungserheblichkeit aus der Rügebegründung ergeben (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG).
a) Ob das Schreiben vom 17.12.2015 zeitlich vor dem Erlass der Beschwerdeentscheidung, das heißt vor dem Zeitpunkt der Übergabe des unterschriebenen Beschlusses an die Geschäftsstelle am 21.12.2015 (§ 69 Abs. 3 i.V.m. § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG), bei Gericht eingegangen war und daher bei der Entscheidung hätte berücksichtigt werden müssen (vgl. BGH FGPrax 2015, 286/287), kann dahinstehen und bedarf daher keiner Aufklärung. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil der Rügeschrift mit Blick auf die rechtliche Begründung der Beschwerdeentscheidung nichts für eine Entscheidungserheblichkeit des als übergangen gerügten tatsächlichen Vorbringens entnommen werden kann (vgl. BGH NJW 2008, 378/379; Gottwald in Bassenge/Roth FamFG 12. Aufl. § 44 Rn. 10; Zöller/Festkorn ZPO 31. Aufl. § 44 FamFG Rn. 4; HK-Familienverfahrensrecht/Simon 3. Aufl. § 44 FamFG Rn. 13).
b) Entscheidungserheblichkeit ist bereits dann, aber auch erst dann zu bejahen, wenn die Entscheidung bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens möglicherweise anders ausgefallen wäre, mithin wenn nicht auszuschließen ist, dass das Gericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens anders entschie...