Leitsatz (amtlich)
1. Voraussetzung für die Eintragung eines Grundstücks als räumlich abgegrenzten Teils der Erdoberfläche im Grundbuch ist dessen selbständige Benennung im Liegenschaftskataster; auf die vollständige Abmarkung seiner Grenzen kommt es nicht an.
2. Über die behauptete Unrichtigkeit des Katasters durch eine fehlerhafte Grenzdarstellung hat nicht das Grundbuchamt, sondern die Katasterbehörde zu entscheiden (s. auch BayObLGZ 1976, 106/111).
3. Zu den Voraussetzungen eines Amtswiderspruchs gegen die Eintragung als Eigentümer.
Normenkette
AbmG Art. 1 Abs. 1; BGB § 919; GBO § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 1, § 53 Abs. 1
Gründe
I. Die Beteiligten zu 3 und 4 sind Miteigentümer des Grundstücks Fl. St. 703. Dieses grenzt im Osten an das vormalige Grundstück Fl. St. 702 (alt) an, das im Wesentlichen mit den daraus gebildeten Fl. St. 670 bzw. 670/6 identisch war. Dieses wurde 1996 veräußert und vom Erwerber im Zusammenhang mit der Ausweisung eines Neubaugebiets aufgeteilt. Hierbei wurden aus dem Fl. St. 670/6 u.a. die Grundstücke Fl. St.
670/15 - 670/19 gebildet. Ein Grundstücksstreifen zwischen dem Grundstück Fl. St. 703 und den neu gebildeten Grundstücken wurde nicht abgemarkt, da ein Einverständnis zwischen den Nachbarn nicht hergestellt werden konnte. Dieser streitige Grundstücksstreifen wurde gemäß Veränderungsnachweis 620.3 ebenfalls aufgeteilt, und zwar in die Fl. St. 670/23 - 670/27.
Im Jahr 1999 erwarben die Beteiligten zu 1 und 2 die im Grundbuch als Grundstücke gebuchten Fl. St. 670/16 und 670/24. Bei dem Grundstück Fl. St. 670/24 handelt es sich um einen Teil des Grundstücksstreifens, der sich zwischen Fl. St. 703 und Fl. St. 670/16 befindet. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind im Grundbuch zu je 1/2 als Eigentümer dieser Grundstücke eingetragen.
In einem zivilgerichtlichen Streitverfahren zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 als Klägern und den Beteiligten zu 3 und 4 als Beklagten wegen Grenzabmarkung und Feststellung der Grundstücksgrenze traf das AG am 1.2.2005 nach Erholung eines amtlichen Vermessungsgutachtens folgendes Endurteil:
I. Es wird festgestellt, dass die Grenzlinie zwischen den Grundstücken ... Fl. St. 703 und Fl. St. 670/24 ... entlang den Linienpoligonpunkten Nr. ... verläuft, wie sich dies graphisch aus dem anliegenden Auszug aus dem Katasterwerk und der digitalen Aufbereitung dieses Auszugs ... ergibt.
II. Es wird festgestellt, dass die ... (Beteiligten zu 1 und 2) Eigentümer des im Grundbuch für sie eingetragenen Grundstücks sind.
III. Die ... (Beteiligten zu 3 und 4) werden verurteilt, der Abmarkung der Grenze zwischen Fl. St. 703 und Fl. St. 670/24 ... entsprechend dem unter Ziff. I festgestellten Grenzverlauf nach Maßgabe des Bayerischen Abmarkungsgesetzes zuzustimmen.
Auf die Berufung der Beteiligten zu 3 und 4 schlossen die Parteien am 19.7.2005 vor dem LG folgenden Vergleich:
1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die ... (Beteiligten zu 3 und 4) Eigentümer des Grundstücks Fl. St. 670/24 sind ..., und zwar in den Grenzen, wie sie sich aus der Anlage 18 und 19 des Gutachtens des Vermessungsamts ... ergeben.
Die ... (Beteiligten zu 3 und 4) beantragen und die ... (Beteiligten zu 1 und 2) bewilligen, das Grundbuch entsprechend zu berichtigen.
2. Die ... (Beteiligten zu 3 und 4) zahlen an die ... (Beteiligten zu 1 und 2) 5.000 EUR.
Unter dem 28.8.2007 wandten sich die Beteiligten zu 3 und 4 an das Grundbuchamt und regten die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Eigentümereintragungen bezüglich der Grundstücke 670/23 bis 670/27 an. Sie begründeten dies damit, dass eine Abmarkung jener Grundstücke unterblieben sei. Aufgrund der fehlenden Abmarkung seien die neu gebildeten Grundstücke nicht entstanden und hätten deswegen auch nicht ins Grundbuch eingetragen werden dürfen.
Das Grundbuchamt hat am 12.10.2007 einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung des Eigentums zugunsten der Beteiligten zu 3 und 4 an den maßgeblichen Grundstücken eingetragen. Hiergegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat. Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 20.2.2009 stattgegeben und das Grundbuchamt angewiesen, den Amtswiderspruch an dem Grundstück Fl. St. 670/24 zu löschen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 mit dem Ziel, den landgerichtlichen Beschluss abzuändern und die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Eintragung des Amtswiderspruchs zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 3 und 4 erklärten zwischenzeitlich die Anfechtung des gerichtlichen Vergleichs vom 19.7.2005.
II. Die weitere Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 78, 80 Abs. 1 und 3 GBO). Sie kann auch von den Beteiligten zu 3 und 4 eingelegt werden. Denn es kommt nicht darauf an, dass diese die Erstbeschwerde erhoben haben (OLG Zweibrücken FGPrax 2006, 103). Ihre Beschwerdeberechtigung ergibt sich daraus, dass sie, falls die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen wurde und das Grundbuch dadurch unrichtig wäre, nach § 894 B...