Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis der Erbfolge durch öffentliche Urkunde

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Nachweis der Erbfolge durch öffentliche Urkunde, wenn Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Ersatzerben nach Ausschlagung der berufenen Erbin beantragt wird.

 

Normenkette

GBO § 18 Abs. 1, §§ 22, 29 Abs. 1 S. 2, § 35 Abs. 1, § 71 Abs. 1; BGB §§ 1944-1945

 

Verfahrensgang

AG Passau

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Passau - Grundbuchamt - vom 11.5.2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Im Grundbuch sind Dieter B. und dessen Ehefrau Helga je zur Hälfte als Eigentümer eines Grundstücks eingetragen. Der Beteiligte, Sohn des am 8.7.2015 verstorbenen Hans Dieter B., hat am 4.5.2016 Grundbuchberichtigung beantragt und dazu jeweils in notariell beglaubigter Kopie vorgelegt:

a) Anschreiben des auswärtigen Nachlassgerichts A. vom 24.8.2015 über die Eröffnung zweier für die Erbfolge nach Aktenlage maßgeblicher Verfügungen von Todes wegen mit dem Zusatz, dass "nach Ausschlagung von B. Helga" zu Miterben der Beteiligte und Sabine B. (dessen Schwester) berufen seien;

b) Niederschrift des AG A. vom 24.8.2015 über die Eröffnung zweier Erbverträge vom 3.6.1976 und vom 16.6.2015;

c) Erbvertrag unter den Eheleuten vom 3.6.1976;

d) Erbvertrag unter den Eheleuten vom 16.6.2015, mit dem alle früheren Verfügungen widerrufen werden, beide Eheleute sich gegenseitig zum alleinigen und unbeschränkten Erben einsetzen sowie als Schlusserben und Ersatzerben nach jedem von ihnen sämtliche Abkömmlinge von ihnen beiden zu unter sich gleichen Teilen, nämlich die Kinder Sabine B. und Oliver B. (= der Beteiligte), bestimmt werden.

Das AG - Grundbuchamt - hat am 11.5.2016 folgende fristsetzende Zwischenverfügung getroffen:

Zum Nachweis der Erbfolge sei vorliegend ein Erbschein vorzulegen. In der Verfügung vom 16.6.2015 sei die Ehefrau des Erblassers als Erbin, als Schluss- und Ersatzerben seien die gemeinsamen Kinder eingesetzt. Nach der formlosen Feststellung des zuständigen Nachlassgerichts solle die eingesetzte Erbin die Erbschaft ausgeschlagen haben. Nach ebenfalls formlos mitgeteilter Ansicht des Nachlassgerichts solle Ersatzerbfolge eingetreten und der Erblasser von seiner Tochter und seinem Sohn, dem Antragsteller, beerbt worden sein.

Die Erbfolge beruhe nicht nur auf Tatsachen, die in der öffentlichen Verfügung von Todes wegen enthalten oder durch Auslegung zu ermitteln seien, sondern auf weiteren noch zu ermittelnden Tatsachen, so der Klärung, inwieweit die zunächst berufene Erbin wirksam ausgeschlagen habe und im Anschluss daran Ersatzerbfolge eingetreten sei. Diese Prüfung könne das Grundbuchamt nicht vornehmen.

Beim Grundbuchamt liegt mittlerweile in am 1.6.2016 beglaubigter Kopie des Nachlassgerichts die notariell beglaubigte, alle Berufungsgründe umfassende Ausschlagungserklärung der Witwe Helga B., datiert auf den 4.8.2015, vor.

Gegen die Zwischenverfügung richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 1.6.2016, der das Grundbuchamt am 7.6.2016 nicht abgeholfen hat.

II. Das gegen die nach § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung des Grundbuchamts gerichtete Rechtsmittel ist als Grundbuchbeschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Sie ist in schriftlicher Form beim Grundbuchamt eingelegt (vgl. § 73 Abs. 1 und 2 Satz 1 GBO); Antrag und Begründung, welche hier fehlen, bilden keine Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. Demharter GBO 30. Aufl. § 74 Rn. 5 und 9). Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist nur das mit der Zwischenverfügung bezeichnete und mit der Beschwerde beanstandete Hindernis, also der fehlende Erbschein zum Nachweis der Erbfolge, nicht aber der Eintragungsantrag selbst (Demharter § 77 Rn. 15).

In der Sache bleibt die Beschwerde erfolglos. Das Grundbuchamt besteht zu Recht auf der Vorlage eines Erbscheins, um die Grundbuchunrichtigkeit nach dem Ableben von Dieter B. nachzuweisen.

1. Das Grundbuch kann gemäß § 22 GBO berichtigt werden, wenn die bestehende Unrichtigkeit und die Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung jeweils in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sind. Für den Nachweis der Erbfolge ist § 35 GBO zu beachten, wonach ein Erbschein dann nicht erforderlich ist, wenn sich die Unrichtigkeit des Grundbuchs schon aus einer Verfügung von Todes wegen in formgültiger öffentlicher Urkunde sowie der Niederschrift über ihre Eröffnung ergibt (Senat vom 29.1.2016, 34 Wx 50/15, vom 4.8.2016, 34 Wx 139/16, beide juris; vgl. Demharter § 35 Rn. 31; Hügel/Wilsch GBO 3. Aufl. § 35 Rn. 111; Böhringer ZEV 2001, 387).

2. Eine Besonderheit besteht hier insofern, als die Erbfolge sich nicht ausschließlich aus dem am 16.6.2015 geschlossenen Erbvertrag selbst ergeben soll, durch den der frühere Erbvertrag aufgehoben wurde (vgl. auch § 2258 Abs. 1 BGB). Begehrt wird nämlich im Weg der Grundbuchberichtigung nach § 22 Abs. 1 GBO die Eintragung einer anderen Erbfolge. Nach der letztwilligen Verfügung ist der Längstlebende der Vollerbe...

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