Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des Invaliditätsgrades
Normenkette
BGB § 305 Abs. 2; ZPO § 286 Abs. 1, § 522 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 27.04.2018; Aktenzeichen 10 O 3770/16 Ver) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 27.04.2018, Az. 10 O 3770/16 Ver, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist der Senat an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171; BGH NJW 2004, 1876). Ein solcher Verfahrensfehler läge namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem landgerichtlichen Urteil den Anforderungen nicht genügen würde, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH NJW 1999, 3481, 3482; NJW 2004, 1876 m.w.N.). Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor, wenn Umständen Indizwirkung zuerkannt werden, die sie nicht haben können, oder wenn z.B. die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH NJW 1991, 1894, 1895; NJW 1997, 2757, 2759; NJW 2004,1876). Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden.
Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die Begründung des Ersturteils (S. 5/8, Bl. 86/89 d.A.). Die Einwendungen der Berufung sind nicht geeignet, eine hiervon abweichende Beurteilung zu rechtfertigen.
1.1. Die Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urt. V. 9. 7. 2003 - IV ZR 74/02; r+s 2003, 427) wonach die in der Gliedertaxe (§ 7 Absatz I (2) a AUB 88) enthaltene Wendung "... Funktionsunfähigkeit ... einer Hand im Handgelenk ..." unklar im Sinne von § 305 Absatz 2 BGB sei, da der Wortlaut "bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" zwei Auslegungen zulasse, nämlich zum einen, dass allein auf die Funktionsunfähigkeit des Gelenks unabhängig davon, ob die Hand selbst noch teilweise funktionsfähig geblieben ist, abzustellen sei, zum anderen wegen der Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit, dass die Funktionsunfähigkeit der restlichen Hand maßgeblich sei, weshalb Auslegungszweifel zu Lasten des Verwenders gehen würden und es ist deshalb von der für den Versicherungsnehmer günstigeren Auslegung auszugehen sei, ist vorliegend nicht einschlägig, nachdem das Bedingungswerk der Klägerin solche unklaren Formulierungen nicht enthält (vgl. Ziff. 2.1.2.2.1. AUB 2005; Ziff. 6 "Verbesserte Gliedertaxe" BB-AUB 2005; Anlage K 2). Allein die Funktionsunfähigkeit der Hand im Handgelenk wegen der vorliegenden Versteifung des linken Handgelenks der Beklagten führt daher nicht zu einem Invaliditätsgrad von 7/7 Handwert.
1.2. Die Feststellung der Invaliditätsgrade durch das Erstgericht auf Grundlage der Begutachtung des Sachverständigen Dr. V. ist nicht zu beanstanden. Das Erstgericht ist zu Recht den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen gefolgt. Soweit dieser im Gutachten vom 11.10.2017 (Bl. 54/59 d.A.) für die linke Hand zunächst von einem Handwert von 7/7 ausging, hatte er offensichtlich die unter 1.1. zitierte Rechtsprechung des BGH im Blick, welche aus den unter 1.1. genannten Gründen vorliegend nicht anwendbar ist. Der Sachverständige hat nach dem Hinweis des Erstgerichts daraufhin seine Einschätzung korrigiert. Er hatte im Gutachten vom 11.10.2017 dargelegt, dass die Handfunktionen seitengleich regelgerecht ausführbar seien. Sowohl Spitz- als auch Schlüsselgriff, Grob- und Feingriff und Faustschluss seien unauffällig. Die Fingerfunktionen seien von der Handgelenksversteifung links nicht betroffen. Das Karpaltunnelsyndrom beidseits sei operativ beseitigt worden und habe keine Dauerschäden hinterlassen. Der Handgelenksbruch rechts sei gut ausgeheilt und habe nur eine diskrete Bewegungseinschränkung hinterlassen.
Vor dem Hintergrund dieser Fest...