Leitsatz (amtlich)
Die Frage, ob das Prozessgericht oder das Wohnungseigentumsgericht zuständig ist, ist vom Gericht der Hauptsache auch noch in der Beschwerdeinstanz zu prüfen, wenn das erstinstanzliche Gericht trotz eindeutigen Klageantrags zum Prozessgericht das Verfahren als Wohnungseigentumsgericht geführt hat, ohne vorab über die Frage der Verfahrenszuständigkeit zu entscheiden.
Normenkette
WEG § 46 Abs. 1; GVG § 17a Abs. 3-5
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 06.02.2007; Aktenzeichen 8 T 4817/06) |
AG Wolfratshausen (Beschluss vom 20.07.2006; Aktenzeichen 3 UR II 8/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beklagten werden der Beschluss des LG München II vom 6.2.2007 in Ziff. 2 und der Beschluss des AG Wolfratshausen vom 20.7.2006 aufgehoben. Im Übrigen wird das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
II. Die Sache wird an das AG Wolfratshausen - Prozessgericht - abgegeben.
Gründe
I. Kläger und Beklagte sind die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft.
Die Beklagten, denen die Sondereigentumseinheit Nr. 20, verbunden mit einem Miteigentumsanteil von 331, 30/1000stel gehört, haben seit 1991 ihr Hausgeld nur teilweise gezahlt. In der Wohnungseigentümerversammlung vom 30.1.2006 fassten die Wohnungseigentümer unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 mehrheitlich folgenden Beschluss:
Die Versammlung möge beschließen, von den Eigentümern C., gem. § 18 Abs. 1 und 3 WEG, die Veräußerung ihres Teileigentums Nr. 20 zu verlangen. Des Weiteren den bestehenden Anspruch durchzusetzen.
Von der Versammlung werden die Rechtsanwälte D. mit der Durchsetzung dieses Anspruchs beauftragt und bevollmächtigt. Die Anwälte D. werden explizit mit der Erhebung der Entziehungsklage beauftragt und bevollmächtigt. Die Bevollmächtigung beinhaltet auch einen später zu stellenden Zwangsversteigerungsantrag.
Mit Schriftsatz vom 7.4.2006 erhoben die anwaltlichen Vertreter der übrigen Wohnungseigentümer Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums zum AG Wolfratshausen. Trotz der eindeutigen Formulierung des Klageantrags wurde nicht das zuständige Prozessgericht tätig, sondern das Wohnungseigentumsgericht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.7.2006, bei dem keiner der Beklagten erschienen war, erließ das Wohnungseigentumsgericht folgenden Beschluss:
1. Die Antragsgegner werden zur Veräußerung ihres 331/30/tausendstel Miteigentumsanteil am Grundstück Wohn- und Geschäftsgebäude S. straße ..., verbunden mit Sondereigentum am Laden und Kellerräumen sowie je 6/1000stel Miteigentumsanteil verbunden mit Sondereigentum an den Garagen; im Aufteilungsplan bezeichnet mit Nr. bis, vorgetragen im Grundbuch des AG Wolfratshausen, Band, Blatt verurteilt.
2. Die Antragsgegner haben die Kosten des Rechtsstreits sowie die außergerichtlichen Auslagen der Antragsteller zu tragen.
Mit Schreiben vom 7.8.2006, eingegangen am selben Tag, legte der Beklagte zu 1 durch einen bevollmächtigten Vertreter gegen den Beschluss sofortige Beschwerde, hilfsweise "jedes andere gebotene" Rechtsmittel ein. Der Beklagte zu 2 erhob mit Schreiben vom 6.8.2006, eingegangen am 8.8.2006, "Einspruch gegen das Urteil vom 20.7.2006".
Nach eingehender Diskussion der Sach- und Rechtslage erließ das LG am 6.2.2007 folgenden Beschluss:
1. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG München II wird aufgehoben.
2. Die Akten werden an das AG Wolfratshausen zur dortigen Weiterführung des Zivilverfahrens zurückgereicht.
Gegen diese Entscheidung hat der nunmehrige anwaltliche Vertreter der beiden Beklagten am 21.2.2007 Rechtsmittel eingelegt. Er trägt vor, das LG habe als Berufungsgericht durch Endurteil zu entscheiden gehabt. Der Beschluss sei daher aufzuheben.
II.1. Die in Ziff. 1 des landgerichtlichen Beschlusses verfügte Absetzung des Termins zur mündlichen Verhandlung ist lediglich eine verfahrensleitende Zwischenverfügung und damit keine Entscheidung i.S.d. § 45 Abs. 1 WEG (BayObLG WE 1989, 59); sie kann folglich auch nicht mit der Beschwerde angegriffen werden.
2. Bezüglich Ziff. 2 des Beschlusses hat das LG, das als Beschwerdegericht in Wohnungseigentumssachen tätig geworden ist, entweder in analoger Anwendung von § 46 Abs. 1 WEG einen Abgabeschluss an das Prozessgericht der unteren Instanz erlassen, oder eine sonstige instanzbeendende Entscheidung getroffen. Insoweit ist das Rechtsmittel der Beklagten entweder als sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. § 46 Abs. 1 WEG, §§ 21, 22 FGG oder als sofortige weitere Beschwerde nach § 45 Abs. 1 WEG zulässig ist.
a) § 46 WEG regelt nach seinem Wortlaut zwar nur die Abgabe durch das Prozessgericht an das Wohnungseigentumsgericht, findet aber auf den umgekehrten Fall entsprechende Anwendung (BGH v. 24.11.1988 - V ZB 11/88, MDR 1989, 342 = NJW 1989, 714/715). Ein solcher Abgabebeschluss ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 30.6.1995 - V ZR 118/94, BGHZ 130, 159 = MDR 1996, 139) entsprechend den Grundsätzen der §§ 17a Abs. 3 bis 5 und 17b GVG zu überprüfen. Das Rechtsmittel der Beklagten...