Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit der Abänderung einer individualvertraglichen Vereinbarung über das schiedsrichterliche Verfahren durch gesellschaftsrechtlichen Mehrheitsbeschluss (hier: Bestellung des Schiedsrichters durch das Oberlandesgericht anstelle der Rechtsanwaltskammer).
Gründe
I.
Der Antragsgegner wurde zum 1.7.1999 Gesellschafter der Antragstellerin, eines Zusammenschlusses von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. In dem im Juni 1999 vom Antragsgegner unterzeichneten Aufnahmevertrag heißt es unter anderem:
§ 1
(...) Der Neupartner (erg. der Antragsgegner) ist Sozius der Gesellschaft. Gemäß des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft in der Fassung von Dezember 1997 (" Gesellschaftsvertrag") obliegt die Aufnahme von Partnern der Partnerversammlung. Der Gesellschaftsvertrag liegt dem Neupartner bereits vor und ist diesem bekannt.
Der Neupartner wird zum 1. Juli 1999 Partner der Gesellschaft.
§ 2
Der Neupartner erkennt den Gesellschaftsvertrag - auch in bezug auf seine nunmehrige Position als Partner - in jeder Hinsicht an.
Am 19.1.2000 unterzeichnete der Antragsgegner folgenden Beitritt zu einer Schiedsvereinbarung, die am 25.1.2000 gegengezeichnet wurde:
Beitritt zur Schiedsvereinbarung
Im Hinblick auf § 24 des Gesellschaftsvertrages der H. & Partner Sozietät von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern:
(1)
Alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsvertrag oder über seine Gültigkeit, die zwischen den Gesellschaftern und/oder zwischen einem oder mehreren Gesellschaftern einerseits und der Gesellschaft andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem aus drei Personen bestehenden Schiedsgericht endgültig entschieden.
(2)
Die Schiedsrichter werden auf Verlangen einer Partei vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer in M. ernannt.
(3)
Für die Hinterlegung des Schiedsspruchs und das sonstige Verfahren ist das Landgericht M. zuständig.
(4)
Im Übrigen gelten für das Verfahren die §§ 1025 ff ZPO.
§ 24 des Gesellschaftsvertrages von 1997 lautet:
§ 24
Schlussbestimmungen
(1)
Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag oder über seine Gültigkeit werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von einem Schiedsgericht endgültig entschieden. Die Schiedsgerichtsvereinbarung ist in einer gesonderten Urkunde als Anlage zu diesem Vertrag niedergelegt.
(2)
Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dem Schriftformerfordernis ist genügt, wenn - je nach Zuständigkeit - ein entsprechender Gesellschafter- bzw. Partnerbeschluss gefasst und protokolliert wird.
Eine aktuelle Fassung des Gesellschaftervertrages wird jedem Gesellschafter vor der jährlichen ordentlichen Gesellschafterversammlung übersandt. Wird der übersandten Fassung des Gesellschaftsvertrages nicht innerhalb von einem Monat nach Versendung widersprochen, gilt der Gesellschaftsvertrag rückwirkend als genehmigt.
(...)
(4)
Jeder Gesellschafter wird die Schiedsgerichtsvereinbarung unterzeichnen.
Auf der Gesellschafterversammlung vom 28.5.2001 beschlossen die Gesellschafter mit 146 von 158 möglichen Stimmen einen neuen Gesellschaftsvertrag, der unter anderem folgende Regelung enthält:
§ 23 a
Schiedsklausel
(1)
Alle Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis, diesem Vertrag oder dessen Gültigkeit, die zwischen den Gesellschaftern und/oder einem oder mehreren Gesellschaftern einerseits und der Gesellschaft andererseits entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges von einem aus drei Personen bestehenden Schiedsgericht endgültig entschieden.
(2)
Das Schiedsgericht besteht aus drei Schiedsrichtern, nämlich zwei beisitzenden Schiedsrichtern und einem Vorsitzenden. Jede Partei bestellt einen beisitzenden Schiedsrichter. Die von den Parteien bestellten Schiedsrichter bestellen den Vorsitzenden Schiedsrichter.
(3)
Für die Hinterlegung und das sonstige Verfahren ist das Landgericht München zuständig.
(4)
Im übrigen gelten für das Verfahren die §§ 1025 ff ZPO.
Der Antragsgegner schied im Jahr 2004 aus der Antragstellerin aus. In der Folgezeit entstand zwischen den Verfahrensbeteiligten Streit über die Auseinandersetzungsabrechnung. Mit Schreiben vom 28.6.2006 machte die Antragstellerin geltend, der Antragsgegner habe in der Vergangenheit Erlöse aus Mandaten vereinnahmt, die er nach dem Gesellschaftsvertrag an die Antragstellerin hätte abführen müssen, weswegen mit einem Saldo zugunsten der mittlerweile in Liquidation befindlichen Antragstellerin zu rechnen sei. So habe der Antragsgegner als Insolvenzverwalter der Gebrüder S. - GmbH einen der Gesellschaft zustehenden Betrag von 48.105,16 EUR zuzüglich 7.750 EUR Auslagen zuzüglich Umsatzsteuer vereinnahmt. Diesen Anspruch sowie einen Auskunftsanspruch - letzteren als ersten Teil einer Stufenklage, die sich auf Abführung erzielter Einnahmen an die Gesellschaft richte - kombiniert mit einem Zwischenfeststellungsantrag wolle die Antragstellerin vor dem Schiedsgericht durchzusetzen, für das sie Re...