Tenor

1. Das aus den Schiedsrichtern Y. F., I. P. und I. S. bestehende Internationale Schiedsgericht bei der Belarussischen Industrie- und Handelskammer erließ in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagter geführten Schiedsverfahren am 29. März 2019, mit Ergänzung vom 22. Mai 2019, in Minsk, Belarus, folgenden Schiedsspruch: Dem Antrag ist stattzugeben.

Von der M. -GmbH (..., ...) sind zugunsten des privaten einheitlichen Produktions- und Handels-Dienstleistungsunternehmens P ... (..., ..., ...) die Vorauszahlung in Höhe von 232.200 USD, eine Vertragsstrafe für Lieferverzug in Höhe von 20.201,40 USD, und die für die Prozessführung anfallenden Anwaltskosten des Antragstellers in Höhe von 2.351,93 USD, d.h. ein Gesamtbetrag von 254.753,33 USD (in Worten zweihundertvierundfünfzigtausendsiebenhundertdreiundfünfzig Komma dreiunddreißig) US-Dollar sowie die Kosten für die Schiedsgerichtsgebühr in Höhe von 10.428,88 (zehntausendvierhundertachtundzwanzig Komma achtundachtzig) EURO zu erheben. Die Frist für die freiwillige Erfüllung dieser Entscheidung beträgt 5 Tage ab Erhalt der Entscheidung durch den Antragsgegner.

2. Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt.

3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.

4. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 240.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragstellerin (= Schiedsklägerin) begehrt die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs, den sie gegen die in Bayern ansässige Antragsgegnerin erwirkt hat.

1. Die Antragstellerin ist eine in Minsk/Belarus ansässige Einzelfirma. Die in S. ansässige Antragsgegnerin (= Schiedsbeklagte) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

a) Die Parteien schlossen am 17.7.2018 einen Kaufvertrag über die Lieferung von Pflanzenschutzmitteln.

aa) In Ziff. 14 des in englischer und russischer Sprache abgefassten Vertrages vom 17.7.2018 haben die Parteien, wie sich aus der von der Antragstellerin vorgelegten deutschen Übersetzung ergibt, vereinbart, dass alle Streitigkeiten, Meinungsverschiedenheiten und Ansprüche gemäß den Bestimmungen des Internationalen Schiedsgerichts (im Folgenden Schiedsordnung) bei der Belarussischen Industrie- und Handelskammer in Minsk (im Folgenden ISG) vor einem oder mehreren gemäß deren Regeln ernannten Schiedsrichtern geprüft und endgültig beigelegt werden. Die englische Fassung der Passage über die Anzahl der zu bestellenden Schiedsrichter lautet wörtlich: "by one ormiore arbitrators". In Ziff. 8.1. des Vertrages ist geregelt, dass im Falle des Lieferverzugs der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer eine Vertragsstrafe i.H.v. 0,1 % des Wertes der nicht gelieferten Ware für jeden Tag der verspäteten Lieferung zu bezahlen. Außerdem ist die Anwendung belarussischen Rechts vereinbart.

bb) Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der maßgeblichen Schiedsordnung können die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter vereinbaren. Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht, wenn eine Vereinbarung fehlt. Nach Art. 7 Abs. 1 der Schiedsordnung ernennt bei einem Dreierschiedsgericht jede Partei binnen 30 Tagen einen Haupt- und einen Ersatzschiedsrichter; nach Ablauf ersatzweise der Vorsitzende des ISG. Art. 9 Abs. 1 Unterabsatz 4 der Schiedsordnung bestimmt, dass binnen 15 Tagen, nachdem die Bestellung des Schiedsrichters oder der Grund für die Ablehnung bekannt geworden ist, ein begründeter schriftlicher Ablehnungsantrag einzureichen ist. Gleiches regeln Art. 18 und Art. 19 des Gesetzes der Republik Belarus über das internationale Schiedsgericht. Nach Art. 32 Abs. 1 der Schiedsordnung kann, sofern eine ordnungsgemäße Ladung vorliegt, das Schiedsgericht verhandeln und entscheiden, wenn eine Partei ohne Angabe eines wichtigen Grundes zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint.

b) Die Antragstellerin leistete am 20.7.2018 vereinbarungsgemäß eine Vorauszahlung in Höhe von 232.200 USD. Die Lieferung der Pflanzenschutzmittel sollte bis 5.8.2018 erfolgen. Da die Antragsgegnerin ihren Lieferverpflichtungen aus dem Vertrag auch auf mehrmalige Mahnung der Antragstellerin nicht nachkam, hat diese mit Schriftsatz vom 1.11.2018 das Schiedsgericht angerufen. Die Antragstellerin begehrte in dem Schiedsverfahren die Rückgewähr der Vorauszahlung i.H.v. 232.200 USD, die Zahlung einer Vertragsstrafe für Verletzung der Verpflichtung zur rechtzeitigen Lieferung von Waren in Höhe von 20.201,40 USD, die Kosten für juristische Dienstleistungen in Höhe von 2.351,93 USD sowie Kosten für die Schiedsgebühr in Höhe von 10.428,88 EUR.

c) Das Schiedsgericht hat am 29.3.2019 in Minsk/Belarus den oben wiedergegebenen Schiedsspruch erlassen und diesen mit Beschluss vom 22.5.2019 hinsichtlich einer Währungsangabe im zweiten Absatz ergänzt.

Aus dem in deutscher Übersetzung vorgelegten Schiedsspruch (Fassung vom 1.6.2021) ergibt sich folgendes:

Die Antragstellerin hat in der Klageschrift vorgeschlagen, den Streit durc...

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