Leitsatz (amtlich)
1. Ein Anspruch auf Löschung von in der Gesellschafterliste enthaltenen und gesetzlich
nicht zwingend erforderlichen Daten durch Austausch der im Registerordner aufgenommen Gesellschafterliste besteht nicht.
2. Die Beibehaltung sämtlicher Gesellschafterlisten im Registerordner und damit auch die Verarbeitung der bei der Einreichung der Listen übermittelten Daten ist für die Wahrnehmung der Aufgaben des Handelsregisters zwingend erforderlich.
3. § 9 Abs. 7 HRV stellt keine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Austausch von Dokumenten im Registerordner dar, sondern regelt lediglich die Durchführung.
Normenkette
DSGVO Art. 6, 17, 21; GmbHG §§ 16, 40; HRV § 9
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt - Registergericht - vom 27.12.2023 wird zurückgewiesen.
2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte ist Gesellschafter und Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die seit 18.2.2008 im Handelsregister eingetragen ist.
Am 2.7.2012 wurde aufgrund der Abtretung eines Geschäftsanteils eine notariell bescheinigte Gesellschafterliste in den Registerordner aufgenommen, in der bei den beiden Gesellschaftern G. S. und M. S. [= der Beteiligte] jeweils die vollständige Wohnanschrift (Postleitzahl, Ort, Ortsteil, Straße und Hausnummer) angegeben ist. Bei dem Beteiligten ist als Wohnort die Gemeinde P. angegeben, aktuell ist er wohnhaft in der Gemeinde V.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.11.2023 beantragte der Beteiligte die Löschung personenbezogener Daten, namentlich die in der Gesellschafterliste vom 2.7.2012 enthaltenen Angaben von Straße und Hausnummer. Nach Art. 17 DSGVO bestehe ein Anspruch auf Löschung dieser Daten. Beigefügt war eine von dem Beteiligten mit Datum vom 2.7.2012 unterzeichnete Gesellschafterliste, bei der für den Beteiligten nicht mehr die vollständige Anschrift, sondern als Wohnort lediglich die Gemeinde V. angegeben ist. Unter Löschung sei der Austausch der aktuellen im Handelsregister hinterlegten Gesellschafterliste mit der übersandten neuen Liste zu verstehen.
Mit Beschluss vom 27.12.2023 wies die Richterin am Registergericht den Antrag zurück. Eine Rechtsgrundlage bestehe hierfür nicht. Aufgrund der Publizitätsfunktion des Handelsregisters, § 9 HGB, sowie der Grundsätze der Registerwahrheit und Registerkontinuität komme eine Austausch von in den Registerordner aufgenommenen Dokumenten nur auf der Basis einer entsprechenden Rechtsgrundlage in Betracht. Eine solche ergebe sich weder aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO, noch aus Art. 21 oder Art. 18 DSGVO. Auch die Neuregelung des § 9 Abs. 7 HRV enthalte keine rechtliche Grundlage für die Löschung einer Gesellschafterliste.
Gegen den am 4.1.2024 zugestellten Beschluss wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde vom 2.2.2024, die er mit Schriftsatz vom 4.3.2024 begründete. Der Verarbeitung der beanstandeten Daten fehle aus sämtlichen rechtlichen Gesichtspunkten die notwendige datenschutzrechtliche Erforderlichkeit. Mangels einer solchen sei der Anspruch auf Löschung nicht nach Art. 17 Abs. 3 DSGVO ausgeschlossen.
Das Registergericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 19.3.2024 nicht abgeholfen. Das Handelsregister erfülle eine fortdauernde Transparenz- und Beweisfunktion. Ein etwaiger Löschungsanspruch würde diesen Prinzipien zuwiderlaufen. Die Vorhaltung eines stabilen Datenbestandes wäre im Fall eines Löschungsanspruchs nicht mehr gewährleistet. Die Grundsätze der Registerwahrheit und der Registerkontinuität verböten es dem Registergericht grundsätzlich, und vor allem abseits von gesetzlichen Ermächtigungen, Änderungen an eingereichten Dokumenten vorzunehmen bzw. diese nachträglich der unbeschränkten Einsicht zu entziehen. Eine derartige gesetzliche Ermächtigung liege nicht vor.
II. 1. Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt, §§ 63 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG.
2. Die Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Registergericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Löschung der vom Beschwerdeführer beanstandeten Daten (Straße und Hausnummer) im Wege des Austauschs der Gesellschafterliste vom 2.7.2012 abgelehnt.
a) Zutreffend weist der Beschwerdeführer zwar darauf hin, dass in der Gesellschafterliste lediglich die Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort, nicht aber die Angabe der kompletten Wohnanschrift gesetzlich vorgeschrieben ist, § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Unabhängig von der Frage, ob und gegebenenfalls welche Anspruchsgrundlage für die begehrte Datenlöschung besteht, kommt ein Austausch der Gesellschafterliste vom 2.7.2012 vorliegend bereits deshalb nicht in Betracht, da keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende "bereinigte" Liste eingereicht wurde. Gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG - auch in der im Jahr 2012 geltenden Fassung - ist im Falle einer Geschäftsanteilsabtretung (vgl. § 15 Abs. 3 GmbHG) die Einreichung eine...