GmbH-Gesellschafterliste: Kein Datenschutz für die GmbH-Gesellschafter
Hintergrund
Bei der Gründung einer GmbH ist unter anderem eine Liste der Gesellschafter beim Handelsregister einzureichen. Die Liste hat nach § 40 Abs. 1 GmbHG unter anderem personenbezogene Daten der Gesellschafter zu enthalten. Gesetzlich vorgeschrieben sind bei natürlichen Personen als Gesellschafter Name, Vorname, Geburtsdatum sowie deren Wohnort. Bei Veränderung im Gesellschafterbestand oder deren Beteiligungsumfang ist die hinterlegte Liste unverzüglich durch Einreichung einer entsprechend geänderten Gesellschafterliste zu aktualisieren.
Die beim Handelsregister hinterlegten Gesellschafterlisten sind für jedermann ohne Registrierung online kostenlos abrufbar. Die darin enthaltenen personenbezogenen Daten sind also uneingeschränkt „öffentlich“.
Sachverhalt
In dem vom OLG München entschiedenen Fall beantragte der Gesellschafter(-Geschäftsführer) einer GmbH die Löschung personenbezogener Daten aus der Gesellschafterliste. Am 2.7.2012 wurde eine Gesellschafterliste der GmbH in den Registerordner aufgenommen, in der u. a. nicht nur den Wohnort, sondern die genaue Wohnanschrift mit Angabe der Straße und Hausnummer angegeben war (was tatsächlich häufig vorkommt, aber von Gesetzes wegen nicht erforderlich ist). Mit Schreiben vom 23.11.2023 beantragte der Gesellschafter, jene Angaben als personenbezogene Daten aus der Gesellschafterliste zu löschen. Hierzu war dem Schreiben eine vom Gesellschafter mit Datum vom 2.7.2012 unterschriebene Gesellschafterliste beigefügt, in der für den Gesellschafter lediglich der Wohnort angegeben war und mit der aktuellen Liste ausgetauscht werden sollte.
Beschluss des OLG München
Das OLG München gab dem Registergericht recht und bestätigte dessen Entscheidung. Es bestehe kein Anspruch auf Löschung der Daten.
Die Angabe der vollständigen Wohnanschrift sei nach § 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben; eine Anspruchsgrundlage für die geforderte Löschung der Daten bzw. Austausch der Liste sei aber nicht ersichtlich.
Art 17 Abs. 1 DSGVO, auf dessen Grundlage betroffene Personen die Löschung personenbezogener Daten verlangen können, finde nach der Ausnahmevorschrift des Art. 17 Abs. 3 lit. b Fall 1 DSGVO im Registerwesen keine Anwendung. Die Tätigkeit eines Hoheitsträgers, übermittelte Daten zur Erfüllung von Publizitätspflichten in einer Datenbank zu speichern und Einsicht zu gewähren, gehöre zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse und stelle eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe i.S.d. Art. 17 Abs. 3 lit. b Fall 1 DSGVO dar. Das Registergericht sei zur Datenverarbeitung nach § 387 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 9 Abs. 1 HRV, § 9 Abs. 1 HGB, § 40 GmbHG verpflichtet.
Eine gesetzliche Ermächtigung, Dokumente nachträglich zu verändern bzw. diese nachträglich der unbeschränkten Einsicht zu entziehen, sei nicht vorhanden. Insbesondere bei den Gesellschafterlisten erfordere die auf ihnen beruhende Legitimationswirkung nach § 16 Abs. 1 GmbHG, chronologisch die dort angegebene Inhaberschaft an den Gesellschaftsanteilen unzweifelhaft nachvollziehen zu können. Selbst die Entfernung oder Korrektur einer fehlerhaften Liste sei daher nicht möglich, sondern lediglich die Aufnahme einer neuen fehlerfreien Liste. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rechtswirkungen des § 16 Abs. 1 GmbHG sei die Aufnahme der jeweiligen Gesellschafterliste in das Handelsregister. Vorliegend bestünde bei einer Ersetzung der am 02.07.2012 in den Registerordner aufgenommenen Liste durch eine neue Liste für den Rechtsverkehr völlige Unklarheit über den Gesellschafterbestand im Zeitraum zwischen der Aufnahme und der Entfernung der alten Liste.
Weiterhin habe der EuGH bereits zur abgelösten Datenschutzrichtlinie betont, dass die Registerpublizität Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz genieße. Nichts anderes könne für die Rechtslage seit Inkrafttreten der DSGVO gelten.
Anmerkung und Auswirkungen
Die Entscheidung des OLG München führt die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zur Löschung von Registerdaten fort. Am 23.01.2024 entschied der BGH in zwei Fällen, dass ein Anspruch auf Löschung des Geburtsdatums und des Wohnorts aus dem Handelsregister weder für Geschäftsführer (BGH, Beschluss vom 23.01.2024 – II ZB 7/23) noch für Kommanditisten (BGH, Beschluss v. 23.01.2024 – II ZB 8/23) bestehe.
Bei den genannten Entscheidungen ging es aber um die Löschung gesetzlich zwingender (Wohnort und Geburtsdatum) und nicht um die Löschung überobligatorischer Angaben (Wohnadresse).
Fazit: Mehr denn je ist bei allen Anmeldungen und Unterlagen, die bei öffentlichen Registern eingereicht werden, darauf zu achten, dass nicht mehr preisgegeben wird als gesetzlich gefordert.
(OLG München, Beschluss v. 25.4.2024, 34 Wx 90/24e)
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