Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung ohne Erfolg
Normenkette
HGB § 377 Abs. 1; ZPO § 522 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 30.08.2019; Aktenzeichen 22 O 1189/19) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München I, Az. 22 O 1189/19, vom 30.08.2019 wird einstimmig zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieser Beschluss sowie das in Ziffer 1 genannte Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 320.222,30 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Am 15.09.2016 bestellte die Klägerin, eine GmbH, einen Rolls-Royce Dawn zum Preis von 314.647,90 EUR bei der Beklagten, einer Rolls-Royce-Händlerin. In einer Anlage zur Bestellung war vermerkt, dass der streitgegenständliche Pkw über "Front Massage Seats" verfügen solle. Die Beklagte bestätigte die Bestellung am 26.09.2016.
Am 12.10.2016 schloss die Klägerin mit der a. f. GmbH einen Leasingvertrag über die Finanzierung des Kaufpreises für den streitgegenständlichen Pkw.
Am 03.02.2017 wurde der streitgegenständliche Pkw an die Klägerin übergeben. Laut Betriebsanleitung verfügte der Pkw über sogenannte Aktivsitze. Die Funktionsweise der Aktivsitze wird in der Betriebsanleitung wie folgt beschrieben: "Eine aktive Veränderung der Sitzfläche hilft, Verspannungen und Ermüdungserscheinungen der Muskulatur und dadurch Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich zu vermeiden".
Der Geschäftsführer der Klägerin nutzte das streitgegenständliche Kfz zunächst nur für kürzere Fahrten von bis zu einer Stunde. Für längere Fahrten engagierte er einen Fahrer. Bei einer längeren Fahrt im Sommer 2018, die der Geschäftsführer der Klägerin selbst durchführte, wollte er die Massagesitzfunktion aktivieren, wobei er allerdings keine Massagewirkung wahrnehmen konnte. Dies teilte er der Beklagten mit Schreiben vom 20.08.2018 mit.
Im September 2018 tauschte die Beklagte die Sitzeinheit aus.
Nachdem der Geschäftsführer der Klägerin keine Verbesserung der Massagefunktion verspürt und dies der Beklagten mitgeteilt hatte, erklärte ihm die Beklagte, dass der Pkw - wie in der Betriebsanleitung angegeben - über "Aktivsitze", nicht aber über Massagesitze verfüge. Im Zeitraum vom 24.09.2018 bis 28.09.2018 verstärkte die Beklagte die Sitzunterkonstruktion und erhöhte den Aufblasdruck.
Am 12.10.2018 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte eine Frist zur Rücknahme des Pkws bis zum 19.10.2018.
Die Beklagte wies die von der Klägerin geltend gemachten Gewährleistungsansprüche zurück.
Die Klägerin behauptete, die im Pkw eingebauten Sitze entsprächen nicht der vereinbarten Beschaffenheit einer "Massagesitzfunktion". Zudem habe die Beklagte die Klägerin arglistig getäuscht, weil in der Bestellung von Massagesitzen die Rede gewesen sei, obwohl tatsächlich Aktivsitze gemeint gewesen sein.
§ 377 HGB komme nicht zur Anwendung. Bei einem Neuwagen müsse der Käufer nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine Mangelhaftigkeit die Sache untersuchen.
Durch die von der Beklagten vorgenommenen Nachbesserungsversuche habe diese konkludent auf die Anwendung von § 377 HGB verzichtet.
Die Klägerin beantragte,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Leasinggeberin a. f. GmbH, ... 320.222,30 EUR zzgl. 9 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz liegender Zinsen hieraus seit 20.10.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe des Kfz Rolls-Royce Dawn FIN ...14.
II. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Kfz Rolls-Royce Dawn FIN ...14 in Verzug befindet.
III. Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an dem Kfz Rolls-Royce Dawn FIN ...14 die Massagesitzfunktion der Vordersitze dergestalt herzustellen, dass für Fahrer und Beifahrer eine Massagebewegung sowohl in der Sitzfläche als auch entlang der Rückenlehne im Fahrbetrieb deutlich wahrnehmbar ist.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 4.723,40 EUR (netto) zzgl. 5% Punkte über dem jeweiligen Basiszinssatz liegender Zinsen hieraus seit der Zustellung der Klageschrift zu zahlen [sic].
Die Beklagte beantragte,
Klageabweisung.
Die Beklagte erwiderte, dass ein Mangel nicht vorläge und ein solcher auch nicht rechtzeitig iSd. § 377 HGB gerügt worden wäre. Der Austausch der Sitze sowie die weiteren Reparaturmaßnahmen seien nur kulanzweise erfolgt, nicht aber in Anerkennung eines Mangels.
Mit Endurteil vom 30.08.2019, Az. 22 O 1189/19, wies das Landgericht München I die Klage ab, da kein Sachmangel vorläge und im Übrigen Gewährleistungsansprüche der Klägerin schon deshalb ausgeschlossen seien, weil das Fahrzeug nach § 377 HGB als von der Klägerin genehmigt gelte.
Auf den Tatbestand und die Entscheidu...