Leitsatz (amtlich)
1. Die Abwicklung des Nachlasses hat bei Abwicklungsvollstreckung mit tunlicher Beschleunigung zu erfolgen (Anschluss an OLG München BeckRS 1994, 30840582). Stellt es der Erblasser dem Testamentsvollstrecker frei, innerhalb welcher Frist eine zum Nachlass gehörende Immobilie zu veräußern ist, führt diese Anordnung nicht dazu, dass Dauertestamentsvollstreckung angeordnet wäre.
2. Vermietet der Testamentsvollstrecker die zum Nachlass gehörende Immobilie und trennt die Mieteinnahmen nicht von seinem persönlichen Vermögen, setzt er die Erben dem Risiko aus, dass Eigengläubiger des Testamentsvollstreckers in den ungeteilten Nachlass vollstrecken können und damit auf eine Haftungsmasse Zugriff haben, die für Eigenverbindlichkeiten des Testamentsvollstreckers grundsätzlich nicht zur Verfügung steht. Eine derartige Pflichtverletzung rechtfertigt grundsätzlich die Entlassung des Testamentsvollstreckers.
3. Richtet der Testamentsvollstrecker, der die zum Nachlass gehörenden Immobilie vermietet, für die vom Mieter entrichtete Mietkaution kein separates Konto ein, um diese getrennt von seinem Vermögen zu verwahren, handelt es sich um eine erhebliche Pflichtverletzung, die seine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers rechtfertigen kann.
Normenkette
BGB §§ 551, 2205, 2227; ZPO § 747
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 617 VI 572/19) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Nachlassgericht - vom 07.12.2022, Az. 617 VI 572/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Beteiligten zu 2 und 3 erwachsenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren bleibt vorbehalten.
Gründe
I. Der verheiratete Erblasser ist am xxx.12.2018 in München verstorben. Er hinterließ seine zweite Ehefrau, die Beschwerdeführerin, und seine drei Kinder aus erster Ehe, die Beteiligten zu 2 bis 4.
Der Erblasser errichtete am xxx.xx.2015 ein notarielles Testament, in dem er seine zweite Ehefrau zu 4/10 und seine Kinder zu je 2/10 als Erben einsetzte.
Die Beschwerdeführerin ernannte er zur Testamentsvollstreckerin. Insoweit heißt es im notariellen Testament vom xx.xx.2015 auszugsweise:
"Ich ordne zur Abwicklung meines Nachlasses Testamentsvollstreckung an:
...
Mit der Abwicklung des Nachlasses ist die Testamentsvollstreckung beendet. Verkaufsverhandlungen über meine Doppelhaushälfte in Grünwald, ... führt ausschließlich meine Ehefrau [= Beschwerdeführerin]. Sie legt die Bedingungen des Verkaufs und den Zeitpunkt des Verkaufs eigenverantwortlich fest, ohne dass ihr die anderen Erben Weisungen erteilen können."
Die Beschwerdeführerin nahm mit Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht vom xx.05.2019 (Bl. 16 d.A.) das Amt der Testamentsvollstreckerin an.
Wesentlicher Nachlassgegenstand ist die im Testament erwähnte Immobilie in Grünwald. Diese soll nach einem von den Beteiligten zu 2 und 3 vorgelegten Gutachten einen Wert von 1.402.000,00 EUR haben.
Mit Schriftsatz an das Nachlassgericht vom xx.04.2021 (Bl. xx d. A.) beantragten die Beteiligten zu 2 und 3 die Entlassung der Beschwerdeführerin aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin. Sie trugen u. a. vor, dass die Beschwerdeführerin das Amt eigennützig führe, was sich daran zeige, dass sie den Erbteil des Beteiligten zu 4 durch Erbteils- und Übertragungsvertrag vom xx.06.2019 zu einem Preis von 187.000 EUR und damit deutlich unter Wert erworben habe, denn der Nachlasswert belaufe sich auf 1.295.549,00 EUR. Die Testamentsvollstreckerin habe die Immobilie zwischenzeitlich vermietet und für die Abwicklung des betreffenden Zahlungsverkehrs kein separates Konto eröffnet, so dass sie Privatausgaben mit Zahlungen, die der Erbengemeinschaft zustünden, vermengen würde.
Die Beschwerdeführerin ist diesem Antrag entgegengetreten. Angeordnet sei Dauertestamentsvollstreckung, was sich auch aus Äußerungen des Erblassers vor Errichtung der Verfügung belegen lasse. Es sei dem Erblasser wichtig gewesen, dass seine Kinder das Erbe nicht "verschwenden." Sie stellte sich auf den Standpunkt, der Erblasser habe keine Abwicklungs- sondern Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, so dass sie zur Vermietung der Immobilie berechtigt sei; wann diese veräußert werde, stünde in ihrem Belieben. Der Verbuchung der Mieten für die Immobilie auf ihrem privaten Konto räumte die Beschwerdeführerin ein, rechtfertigte sich aber damit, als Privatperson kein Anderkonto errichten zu können.
Das Nachlassgericht hat die Beschwerdeführerin mit Beschluss vom xx.12.2022 (Bl. xxx d. A.) aus dem Amt der Testamentsvollstreckerin entlassen. Es sah es als erwiesen an, dass die Nichtveräußerung der Immobilie eine erhebliche Pflichtverletzung der Testamentsvollstreckerin sei, die ihre Entlassung rechtfertige, ohne dass es auf die weiteren geltend gemachten Gründe ankäme.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Testamentsvollstreckerin vom xx.01.2023 (Bl. 120/12...