Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Sperrfrist für den Auskunftsanspruch bei Trennungs- und Geschiedenenunterhalt
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 1, §§ 1570, 1580 Sätze 1-2, § 1605 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Erding (Beschluss vom 17.07.2015) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Erding vom 17.07.2015 dahingehend abgeändert, dass der Antragstellerin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwältin W. bewilligt wird.
Gründe
I. Die Ehe der Beteiligten wurde durch das AG Heidenheim rechtskräftig seit 14.10.2014 geschieden.
Die Antragstellerin hat am 10.06.2015 bei dem AG Erding einen Auskunftsstufenantrag auf nachehelichen Unterhalt eingereicht und hierfür die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 17.07.2015 hat das AG - Familiengericht - Erding den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die Antragstellerin habe keinerlei Gründe vorgetragen, aus denen sich ein Rechtsschutzbedürfnis für einen erneuten Auskunftsanspruch innerhalb der Frist des § 1605 Abs. 2 BGB ergeben könnte.
Gegen diese am 23.07.2015 zugestellte Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 05.08.2015, eingegangen am 07.08.2015. Zur Begründung führt die Antragstellerin aus, dass das Familiengericht nicht berücksichtigt habe, dass die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und die Ansprüche auf Geschiedenenunterhalt zwei verschiedene Streitgegenstände darstellen. Im Übrigen sei die im Trennungsunterhaltsverfahren erteilte Auskunft veraltet, da für den nachehelichen Unterhaltsanspruch beide Parteien ihre aktuellen Einkommensverhältnisse offen zu legen hätten. Zu dem Beschwerdevorbringen im Einzelnen wird auf die sofortige Beschwerde vom 05.08.2015 (Blatt 7/9 VKH-Heft Antragstellerin) Bezug genommen.
Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 07.08.2015 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. §§ 567, 569, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und im Übrigen auch zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache auch begründet.
Aus nicht zutreffenden Erwägungen hat das Familiengericht eine hinreichende Erfolgsaussicht des Stufenantrages der Antragstellerin verneint. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragsgegners und der Familienrichterin besteht die in § 1580 Satz 2 BGB i.V.m. § 1605 Abs. 2 BGB vorgesehene Sperrfrist von 2 Jahren zur Geltendmachung des Auskunfts- und Belegsanspruchs nicht, wenn sich die erstmalige Geltendmachung auf den Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs. 1 BGB bezog, danach aber Auskunft und Belegvorlage hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts verlangt wird, weil die jeweils zugrundeliegenden materiellen Ansprüche nicht identisch sind (OLG Brandenburg, FamRZ 2015, 1200; so auch Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 1 Rn. 173). Diente die erste Auskunft der Berechnung des Trennungsunterhalts, muss die 2-Jahres-Frist für eine Auskunft zum nachehelichen Unterhalt nicht beachtet werden, weil die Ansprüche nicht identisch sind (OLG Hamm, FamRZ 1996, 868; OLG Hamm, FamRZ 2004, 377; OLG Düsseldorf FamRZ 2002, 1038). Soweit das Familiengericht sich bei seiner Entscheidung auf die Ausführungen von Gerhardt im Handbuch des Fachanwalts, Familienrecht, bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass auch dort ausgeführt wird, dass die Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB dann nicht gilt, wenn im Trennungsunterhalt Auskunft erteilt wurde und nunmehr nachehelicher Unterhalt verlangt wird, da es sich insoweit um zwei verschiedene Streitgegenstände handelt. Es sei dann lediglich zu prüfen, ob die frühere Auskunft so zeitnah erteilt wurde, dass dem Auskunftsberechtigten bereits alle Umstände bekannt sind, um seinen Anspruch berechnen zu können. Hierzu hat die Antragstellerin vorgetragen, so dass hier nicht von einer fehlenden hinreichenden Erfolgsaussicht gesprochen werden kann.
Der Antragstellerin ist daher in Abänderung der Entscheidung des Familiengerichts ratenfreie Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
Die übrigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe liegen vor.
Fundstellen
Haufe-Index 9110545 |
FamRZ 2015, 2069 |