Leitsatz (amtlich)
Werden in einem Vertrag über die unentgeltliche Übergabe eines Grundstücks zugunsten des Übergebers eintragungsfähige Rechte bestellt, so liegt darin eine stillschweigende Anordnung dahingehend, dass diese Rechte zusammen mit der Eigentumsumschreibung und im Rang vor später vom Erwerber bewilligten Rechten zugunsten Dritter eingetragen werden müssen. Bestellt der Erwerber in einer späteren Urkunde Grundpfandrechte, so kann er nicht wirksam anordnen, dass diese Grundpfandrechte Vorrang vor den Rechten des Übergebers haben sollen.
Normenkette
GBO § 45
Verfahrensgang
Tenor
I. Der Beschluss des LG Würzburg vom 22.8.2005 sowie der Beschluss des AG Gemünden a. Main, Grundbuchamt, vom 16.2.2005 werden aufgehoben.
II. Das AG - Grundbuchamt - Gemünden a. Main wird angewiesen, im Grundbuch von in Abt. III lfd. Nr. 8 einen Amtswiderspruch zugunsten der Beteiligten zu 1) gegen den Vorrang des eingetragenen Rechts ggü. denjenigen in Abt. II, lfd. Nr. 4 und 5 einzutragen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren und das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 25.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Zu notarieller Urkunde vom 7.11.2001 überließen die Beteiligten zu 1) den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz ihrem Sohn, dem Beteiligten zu 2; die Vertragsparteien erklärten die Auflassung. Der Beteiligte zu 2) räumte als Übernehmer den Beteiligten zu 1) in derselben Urkunde ein Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht ein. Er verpflichtete sich außerdem, den Vertragsbesitz nur mit Zustimmung der Übergeber zu belasten oder zu veräußern. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde den Übergebern ein Rückforderungsrecht eingeräumt. Dieses Recht sollten die Beteiligten zu 1) auch dann haben, wenn der Beteiligte zu 2) zu Lebzeiten der Eltern verstirbt, ohne dass der Vertragsbesitz auf seine Abkömmlinge oder seinen Ehegatten übergeht.
Zur Sicherung dieses bedingten Rückübertragungsanspruchs bewilligte und beantragte der Beteiligte zu 2) in derselben Urkunde zugunsten der Beteiligten zu 1) die Eintragung einer Eigentumsvormerkung. Zur Sicherung des eingeräumten Wohnungs- und Mitbenutzungsrechts wurde die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Beteiligten zu 1) und deren Eintragung im Grundbuch "an nächst offener Rangstelle" bewilligt und beantragt. Diese Bestimmungen finden sich in Abschnitt IV der Übergabeurkunde, welcher mit dem Titel "Bedingungen" überschrieben ist. Weiter ist in dieser Urkunde geregelt, dass verschiedene Rechte in Abt. III, die nach Angaben der Beteiligten nicht mehr valutierten, vom Erwerber mitgenommen werden sollten.
Die Urkunde wurde vom Notar nicht sofort zum Vollzug vorgelegt, sondern erst mit einer weiteren Urkunde vom 21.11.2001. In dieser Urkunde bewilligte und beantragte der Beteiligte zu 2) die Eintragung einer Buchgrundschuld zugunsten der Beteiligten zu 3) über 25.000 EUR. Am Ende dieser Urkunde findet sich der (anfangs maschinenschriftliche) Satz:
Die Grundschuld erhält vorerst nächst offenen Rang (nun handschriftlich weiter), jedoch Rang vor den Rechten der Ehegatten aus UR-Nr. ...
Nach Vorlage der beiden Urkunden beim Grundbuchamt wurde die in der zweiten Urkunde bezeichnete Grundschuld im Rang vor den Rechten der Beteiligten zu 1) eingetragen.
Die Beteiligten zu 1) beantragten zunächst mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 4.2.2005 wegen Verletzung gesetzlicher Vorschriften die Amtslöschung der Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 3. Diesen Antrag wies das AG - Grundbuchamt - mit Beschl. v. 16.2.2005 zurück. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1) wurde mit Beschluss des LG Würzburg vom 22.8.2005 ebenfalls zurückgewiesen. Gegen diese Zurückweisung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, die nunmehr das Ziel verfolgt, das Grundbuchamt zur Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen den Vorrang der Grundschuld vor den Rechten der Beteiligten zu 1) anzuweisen. Die Beteiligten zu 2) und 3 sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten, die Beteiligten zu 2) unter Vortrag neuen Sachverhalts.
II. Die nach § 78 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Das LG hat ausgeführt: Die gleichzeitige Vollziehung der Eigentumseintragung des Beteiligten zu 2) und der Grundschuldeintragung sei nicht zu beanstanden, da in der Grundschuldurkunde eine wirksame Rangbestimmung getroffen sei. Diese entspreche der Form des § 29 Abs. 1 S. 1 GBO. Der Notar sei auch gem. § 15 GBO und durch die in der ersten Urkunde enthaltene Vollmacht befugt gewesen, eine solche Rangbestimmung zu treffen.
2. Diese Ausführungen des LG halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand:
a) Dem Grundbuchamt ist bei Eintragung der Grundschuld im Rang vor den Rechten der Beteiligten zu 1) eine objektive Gesetzesverletzung i.S.d. § 53 GBO unterlaufen. Nur eine solche ist Voraussetzung bei Eintragung eines...