Leitsatz (amtlich)
Haben Ehegatten einen notariellen Ehe- und Erbvertrag wegen einer beabsichtigten Scheidung durch notarielle Vereinbarung wieder aufgehoben, so bedarf es jedenfalls dann der Vorlage eines Erbscheins, wenn die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags zweifelhaft bleibt und wegen behaupteten Aufgebens des Scheidungsbegehrens Ermittlungen tatsächlicher Art etwa zur Frage des Wegfalls der Geschäftsgrundlage erforderlich sind.
Normenkette
GBO §§ 22, 35
Verfahrensgang
AG Eggenfelden (Aktenzeichen RI-650-9) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Eggenfelden - Grundbuchamt - vom 11.7.2012 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Als Eigentümer eines Grundstücks sind im Grundbuch der Beteiligte und seine im Februar 2012 verstorbene Ehefrau gemäß einem am 18.12.1973 geschlossenen Ehe-und Erbvertrag in Gütergemeinschaft eingetragen.
Die Ehegatten hatten sich in diesem Ehe- und Erbvertrag gegenseitig zu alleinigen und ausschließlichen Erben des gesamten Nachlasses eingesetzt. Am 7.12.1978 hatten die Ehegatten im Hinblick auf die beabsichtigte Scheidung einen notariellen Auseinandersetzungsvertrag geschlossen, in dem sie u.a. den am 18.12.1973 geschlossenen Ehe- und Erbvertrag "vollinhaltlich" aufhoben (Ziff. II.). Zudem enthielt der Vertrag Regelungen zum Versorgungsausgleich und den Antrag auf Erteilung der Genehmigung durch das Familiengericht (Ziff. VII.). Aus vorgelegtem Schriftverkehr mit dem Nachlassgericht ist zu entnehmen, dass die Ehegatten das Scheidungsverfahren letztlich doch nicht durchführten und auch den Antrag auf Genehmigung des Vertrags durch das Familiengericht zurücknahmen.
Unter dem 11.4.2012 hat der Beteiligte die Annahme der Erbschaft nach seiner Ehefrau erklärt und die Berichtigung des Grundbuchs beantragt. Er ist der Ansicht, dass der Vertrag vom 7.12.1978 keine Wirkung entfalte und sich die Erbfolge daher aus dem notariellen Vertrag vom 18.12.1973 ergebe.
Am 11.7.2012 erließ das AG - Grundbuchamt - eine Zwischenverfügung und forderte zum Nachweis der Erbfolge einen Erbschein, da in Anbetracht des geschlossenen Aufhebungsvertrags der Erbvertrag vom 18.12.1973 nicht als Nachweis für eine Grundbuchberichtigung ausreiche. Die Frage, ob die familiengerichtliche Genehmigung endgültig verweigert worden und ein Ehescheidungsverfahren im Todeszeitpunkt nicht anhängig gewesen sei, müsse im nachlassgerichtlichen Verfahren geklärt werden. Zudem sei fraglich, ob der Aufhebungsvertrag insgesamt nichtig oder die Aufhebung des Erbvertrags dennoch gewollt gewesen sei, so dass die Voraussetzungen des § 139 BGB nachlassgerichtlich zu klären seien.
Gegen die Zwischenverfügung hat sich der Beteiligte unter dem 26.7.2012 gewandt und mit Schreiben vom 20.9.2012 erklärt, dass er damit die Überprüfung der Zwischenverfügung durch das Rechtsmittelgericht begehre. Er macht geltend, nach schriftlichen Auskünften des beurkundenden Notars an ihn sei von Unwirksamkeit des gesamten Aufhebungsvertrags auszugehen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
II. Der Beteiligte hat am 20.9.2012 schriftlich klargestellt, dass er nicht (nur) im Weg der Gegenvorstellung die nochmalige Überprüfung der Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamts - vom 11.7.2012 gewünscht habe, sondern förmliche Beschwerde dagegen einlegen wollte. Als solche ist sie - jedenfalls jetzt - zu behandeln. Sie ist statthaft (§ 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg; zu Recht fordert das Grundbuchamt nämlich die Vorlage eines Erbscheins.
Die Berichtigung des Grundbuchs gem. § 22 GBO nach dem Ableben des Grundstücks- (mit-)Eigentümers erfolgt in erster Linie auf der Grundlage eines vom Nachlassgericht zu erteilenden Erbscheins (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO). Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es in der Regel, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GBO). Dem hat der Beteiligte entsprochen. Neben der Niederschrift über die Eröffnung liegt ein notarieller Ehe- und Erbvertrag (vgl. §§ 2275, 2276 BGB) vom 18.12.1973 vor, der diesen als alleinigen Erben ausweist.
Die abstrakte Möglichkeit, dass eine spätere Verfügung die Beweiskraft dieser in öffentlicher Urkunde enthaltenen Verfügung ausschließt, genügt nicht (OLG Frankfurt MittBayNot 1999, 184/185). Jedoch hat das Grundbuchamt dann die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass eine (wirksame) spätere Verfügung vorliegt, durch die die Erbfolge geändert worden ist (OLG Frankfurt, a.a.O.; Meikel/Roth GBO 10. Aufl., § 35 Rz. 125, 128).
Die Ehegatten haben durch notarielle Urkunde vom 7.12.1978 (Ziff. II.) den Ehe- und den Erbvertrag aufgehoben. Jedenfalls die Aufhebung des Erbvertrags bedurfte und bedarf keiner Genehmigung eines Gerichts. Auch eine Unwirksamke...