Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Eintragungshindernis bei bloßer Anfechtbarkeit der Verwalterbestellung in eventual einberufener Zweitversammlung der Wohnungseigentümer
Leitsatz (amtlich)
1. Wird für den Fall der Beschlussunfähigkeit in der Erstversammlung schon im Einladungsschreiben im Wege der Eventualeinberufung eine Zweitversammlung einberufen, obwohl es eine diesbezügliche Vereinbarung der Eigentümer nicht gibt, sind die auf der Zweitversammlung gefassten Beschlüsse nicht nichtig, sondern nur anfechtbar.
2. Auch wenn sich aus den vorgelegten Unterlagen ergibt, dass der Beschluss über die Bestellung des Verwalters anfechtbar ist, kann das Grundbuchamt regelmäßig vom Bestand der Verwalterbestellung ausgehen.
Normenkette
GBO §§ 19, 29; WEG §§ 4, 12, 23 Abs. 4, § 25 Abs. 3, § 26 Abs. 3
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Neu-Ulm - Grundbuchamt - vom 5. Juli 2017 aufgehoben.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist als Eigentümer von Wohnungseigentum im Grundbuch eingetragen.
Zu notarieller Urkunde vom 15.3.1951 hatte der damalige Eigentümer den Grundbesitz in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. Die Teilungserklärung sieht in § 8 vor, dass die Veräußerung von Wohnungseigentum der Zustimmung des Verwalters bedarf. In § 14 der Teilungserklärung ist zur Eigentümerversammlung geregelt:
... Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte aller vorhandenen Stimmen vertreten sind. Ist die Versammlung nicht beschlußfähig, hat der Verwalter eine 2. Versammlung mit dem gleichen Gegenstand einzuberufen. Diese ist ohne Rücksicht auf die Zahl der vertretenen Stimmen beschlußfähig. In der Einladung ist hieraus besonders hinzuweisen.
Mit Schreiben vom 10.3.2014 hatte die Hausverwaltung die Eigentümerversammlung für das Jahr 2014, in der es nach der Tagesordnung auch um die Neubestellung der Verwaltung gehen sollte, eingeladen auf Dienstag, 1.4.2014 um 17:00 Uhr. In dem Schreiben wird für den Fall, dass die Beschlussfähigkeit der Versammlung nicht erreicht wird, eine weitere Versammlung für den 1.4.2014 um 17:30 einberufen. Zudem enthält das Schreiben den Hinweis, dass die Versammlung dann ohne Rücksicht auf die Stimmenzahl beschlussfähig ist.
Nachdem am 1.4.2014 um 17 Uhr laut dem am 2.4.2014 erstellten Protokoll der Versammlung eine Beschlussfähigkeit nicht erreicht war, wurde die Versammlung wieder geschlossen und auf
1.4.2014 um 17:30 Uhr einberufen. In der dann durchgeführten zweiten Eigentümerversammlung wurde die Verwalterin ausweislich des Protokolls unter TOP 5 ab dem
1.1.2015 bis zum 31.12.2019 neu bestellt. Das unterschriftsbeglaubigte Protokoll befindet sich vom Versammlungsleiter und zwei Verwaltungsbeiräten sowie einem Wohnungseigentümer unterschrieben in den Grundakten.
Mit notarieller Urkunde vom 12.5.2017 verkaufte der Beteiligte zu 1 sein Wohnungseigentum an den Beteiligten zu 2. Beide Beteiligte erklärten die Auflassung und beauftragten und bevollmächtigten den Notar zur Abgabe der nicht miterklärten Eintragungsbewilligung.
Am 30.6.2017 beantragte der Notar unter Bezugnahme auf die Auflassung und Vorlage einer Bewilligung in erteilter Vollmacht sowie einer vom Notar beglaubigten Verwalterzustimmung die Eintragung im Grundbuch.
Das Grundbuchamt hat am 5.7.2017 mit fristsetzender Zwischenverfügung darauf hingewiesen, dass durch das Protokoll vom 2.4.2014 die Verwaltereigenschaft nicht nachgewiesen sei, da die Einberufung einer zweiten Eigentümerversammlung im Anschluss an die erste nicht zulässig sei. Daher wurde die "Einreichung eines geeigneten Nachweises der Verwaltereigenschaft" aufgegeben.
Dagegen wenden sich die Beteiligten mit der Beschwerde. Beschlussmängel, die zur Nichtigkeit des Beschlusses führten, lägen nicht vor. Ein bei mangelnder Beschlussfähigkeit gefasster Beschluss der Eigentümerversammlung sei regelmäßig nur anfechtbar.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Versammlungsleiter habe für die zweite Versammlung nur die Teilnehmer eingeladen, die in der ersten Versammlung auch anwesend waren, und darauf verzichtet, auch alle übrigen Wohnungseigentümer einzuladen. Dies stelle einen schwerwiegenden Mangel dar, der zur Nichtigkeit des Beschlusses führe.
II. Das nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthafte Rechtsmittel gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts (§ 18 Abs. 1 GBO) ist auch im Übrigen zulässig (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO).
Es hat - unabhängig von der schon zu unbestimmten Bezeichnung des Mittels zur Beseitigung des Hindernisses - in der Sache Erfolg, weil das beanstandete Hindernis nicht besteht.
1. Nach § 12 WEG kann als Inhalt des Sondereigentums vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten, etwa des Verwalters, bedarf. Im Fall einer solchen Vereinbarung sind eine Veräußerung des Wohnungseigentums und ein Vertrag, durch den sich der Wohnungseigentümer zu einer solchen Veräußerung verpflichtet, unwirksam, solang...