Leitsatz (amtlich)
1. Ein Zeugnis über die fortgesetzte Gütergemeinschaft kann bei Bedarf auch nach deren Beendigung erteilt werden; in das Zeugnis ist in diesem Fall aufzunehmen, dass und wann die fortgesetzte Gütergemeinschaft beendet worden ist.
2. Wird das Zeugnis für Grundbuchzwecke benötigt, sind auf Antrag die an der fortgesetzten Gütergemeinschaft beteiligten Personen namentlich aufzunehmen; die bis zur Erteilung des Zeugnisses eingetretenen Veränderungen sind zu berücksichtigen.
Normenkette
BGB § 1507
Verfahrensgang
AG Wolfratshausen (Beschluss vom 21.10.2010; Aktenzeichen VI 0310/07) |
Tenor
Der Beschluss des AG Wolfratshausen - Nachlassgericht - vom 21.10.2010 wird aufgehoben.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Erteilung eines Zeugnisses über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft.
Die Eltern des Antragstellers (Beteiligter zu 1) hatten mit Ehevertrag vom 13.10.1955 "für die fernere Dauer ihrer Ehe die allgemeine Gütergemeinschaft nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, und zwar in dem bis 31.3.1953 geltenden Wortlaut" vereinbart und weiter bestimmt: "Die Beteiligten schließen die Fortsetzung der Gütergemeinschaft zwischen dem überlebenden Eheteil und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen vorerst nicht aus".
Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, die Söhne P. und R. und die Tochter V. Die Ehefrau ist im April 2007 verstorben. Eine letztwillige Verfügung war nicht vorhanden. Nach ihrem Tod wurde aufgrund gesetzlicher Erbfolge zunächst - ausgehend vom gesetzlichen Güterstand - am 31.5.2007 ein Erbschein erteilt, der den Ehemann zu 1/2, die drei Kinder zu je 1/6 als Miterben auswies. Nach Vorlage des Ehevertrags vom 13.10.1955 durch den Notar wurde dieser Erbschein eingezogen und am 15.1.2009 ein neuer Erbschein erteilt, der Ehemann und Kinder als Miterben zu je 1/4 ausweist.
Mit notariellem Vertrag vom 22.6.2007 über Erbanteilsübertragung und Erb- und Pflichtteilsverzicht übertrug der älteste Sohn seinen Erbanteil nach seiner Mutter auf seinen Vater und seine beiden Geschwister. Unter "I. Vorbemerkung" ist in der Urkunde festgehalten: "Zum Nachlass der Verstorbenen gehört deren gesamthänderischer Anteil in Gütergemeinschaft am Grundbesitz der Gemarkung ... Die Erbfolge ... ist im Grundbuch noch nicht vermerkt. Grundbuchberichtigung durch Eintragung der Erbfolge wird unter Bezugnahme auf die Nachlassakten ... beantragt, und zwar wenn möglich unter Berücksichtigung dieser Übertragung." Unter "II. Erbteilsübertragung" übertrug der älteste Sohn R. seinen Erbanteil nach seiner Mutter "gleich mit welcher Quote und Höhe er sich darstellt" auf seinen Vater zu 1/2 und seine Geschwister zu je 1/4. Unter Ziff. V. erklärten die Vertragsteile, "dass sich im Nachlass nur mehr der vorgenannte Grundbesitz, nämlich der gesamthänderische Anteil in Gütergemeinschaft an den in der Vorbemerkung aufgelisteten Flurnummern, befindet. Alle übrigen Nachlassgegenstände wurden bereits auseinandergesetzt und werden von der Erbanteilsübertragung nicht erfasst". Der Sohn R. verzichtete außerdem mit Wirkung für sich und seine Abkömmlinge auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht nach seinem Vater (Ziff. III der Urkunde). In Ziff. IV ist festgehalten, dass er eine Gegenleistung bereits erhalten habe und die Erbteilsübertragung die Durchführung des 2005 privatschriftlich erklärten Erb- und Pflichtteilsverzichts gegenüber beiden Eltern nachvollziehe, weil wegen Ablebens der Mutter eine Nachholung der Beurkundung nicht mehr möglich sei.
In der Folge wurden im Grundbuch anstelle der Erblasserin der Ehemann und die Kinder P. und V. "in Erbengemeinschaft" eingetragen. Die Tochter verunglückte im Oktober 2007 tödlich. Sie hinterließ zwei Kinder und wurde von ihrem Ehemann, dem Beteiligten zu 2, allein beerbt. Dieser wurde an ihrer Stelle im Grundbuch eingetragen.
Der Ehemann der Erblasserin verstarb im September 2009; der Beteiligte zu 1 ist sein Alleinerbe. Der Beteiligte zu 1 beantragte mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 7.4.2010 die Erteilung eines Zeugnisses über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft und wies darauf hin, dass aufgrund der unzutreffenden Eintragung im Grundbuch der Beteiligte zu 2 die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes betreibe. Der Beteiligte zu 2 trat dem Antrag entgegen mit der Begründung, die - nach den bis 31.3.1953 geltenden Vorschriften auch konkludent mögliche - Ausschließung der Fortsetzung der Gütergemeinschaft sei jedenfalls mit der Vereinbarung vom 22.6.2007 erfolgt, die die Beteiligten nicht hätten treffen können, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft noch bestanden hätte.
Das Nachlassgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 21.10.2010 zurück. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft sei den Beteiligten nicht bewusst gewesen. Erst anlässlich der Erbanteilsübertragung vom 22.6.2007 sei offensichtlich bekannt geworden, dass die Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt hätten. In dieser Urkunde sei angegeben, dass der vertragsgegenständliche Grundbesitz in den Nachlass f...