Leitsatz (amtlich)

Gegen die Entscheidung über die Bestellung eines Nachtragsliquidators für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist die unbefristete Beschwerde statthaft.

 

Normenkette

GmbHG § 66 Abs. 5; FGG § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 07.04.2005; Aktenzeichen 17HK T 5367/05)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 7.4.2005 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt; die Auflösung der Gesellschaft wurde am 22.7.2002 in das Handelsregister eingetragen. Liquidator war der frühere Geschäftsführer, der weitere Beteiligte zu 1). Am 21.11.2002 wurde Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.

Die Gesellschaft ist als Eigentümerin von Grundbesitz im Grundbuch von R. eingetragen. Die weitere Beteiligte zu 2) ist Grundpfandrechtsgläubigerin, die die Grundstücke im Wege der Zwangsversteigerung verwerten möchte. Sie hat deshalb Antrag auf Bestellung eines Nachtragsliquidators gestellt. Das Registergericht hat mit Beschl. v. 2.2.2005 Rechtsanwalt O. als Nachtragsliquidator bestellt und seinen Wirkungskreis beschränkt auf die Vertretung der Gesellschaft in Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren einschließlich Vorbereitungshandlungen sowie auf die freihändige Verwertung des restlichen in der Gesellschaft verbliebenen Grundstücksvermögens. Gegen diesen Beschluss hat der weitere Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt, die das LG mit Beschl. v. 7.4.2005 zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde.

II.1. Die weitere Beschwerde ist zulässig; sie ist als im Namen der gelöschten Gesellschaft eingelegt anzusehen (BayObLG v. 31.5.1983 - BReg. 3 Z 13/83, BayObLGZ 1983, 130 [133] = AG 1984, 23 = GmbHR 1984, 45).

a) Gegen die Bestellung eines Nachtragsliquidators nach § 66 Abs. 5 S. 2 GmbHG ist die (unbefristete) Beschwerde statthaft. Die einfache, unbefristete Beschwerde ist das regelmäßige Rechtsmittel im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. An eine Frist ist ein Rechtsmittel in diesem Verfahren nur gebunden, wenn dies das Gesetz bestimmt (BayObLGZ 1990, 192 [195]; Keidel/Sternal, FGG, 15. Aufl., § 22 Rz. 2; Bassenge/Herbst/Roth, FGG, RPflG, 10. Aufl., § 22 FGG Rz. 1). Die Befristung muss sich aus dem Gesetz unmittelbar ergeben. Es ist nicht statthaft, sie aus einer ähnlichen Vorschrift herzuleiten; es besteht insoweit ein Analogieverbot (BayObLGZ 1990, 192 [195]; Jansen, FGG, 2. Aufl., § 22 Rz. 2a). Eine entsprechende Anwendung von § 273 Abs. 5 AktG auf Entscheidungen bei der Nachtragsliquidation einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kommt deshalb nicht in Betracht (so auch OLG Hamm v. 26.11.1986 - 14 W 78/85, GmbHR 1987, 432 = Rpfleger 1987, 251 [252]; Hachenburg/Hohner, GmbHG, 8. Aufl., § 74 Rz. 37; Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 74 Rz. 34; offen gelassen in BayObLG v. 31.5.1983 - BReg. 3 Z 13/83, BayObLGZ 1983, 130 [133] = AG 1984, 23 = GmbHR 1984, 45, zu § 273 Abs. 4 AktG analog; v. 23.9.1993 - 3Z BR 172/93, BayObLGZ 1993, 332 [333] = BayObLGReport 1993, 94 = GmbHR 1993, 821; v. 2.8.1995 - 3Z BR 143/95, BayObLGReport 1995, 85 = FGPrax 1995, 244, jeweils zu § 2 Abs. 3 LöschG).

Teilweise wird in der Literatur zwar eine analoge Anwendung befürwortet (Baumbach/Schulze-Osterloh, GmbHG, 17. Aufl., § 66 Rz. 39; Scholz/Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 66 Rz. 55; Michalski/Nerlich, GmbHG, § 66 Rz. 99; Keidel/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 141a Rz. 16). Das OLG Schleswig (OLG Schleswig v. 23.12.1999 - 2 W 136/99, OLGReport Schleswig 2000, 169 = GmbHR 2000, 777 = NJW-RR 2000, 769 [770]) hält in entsprechender Anwendung von § 273 Abs. 5 AktG und §§ 148, 145, 146 FGG die sofortige Beschwerde für statthaft. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass es sich bei den analog angewendeten Normen um verfahrensrechtliche Vorschriften handelt, die die Einlegung von Rechtsmitteln durch Bindung an eine Frist beschränken und deshalb nicht analogiefähig sind. Fristen müssen aus dem Gesetzestext sofort, eindeutig und klar erkennbar sein. Sie können nicht erst aus Sinn und Zusammenhang der Gesetze durch ausdehnende Auslegung gefunden werden (BVerfGE 4, 31 [37]; BVerfG v. 11.2.1987 - 1 BvR 475/85, MDR 1987, 728 = CR 1987, 374 = NJW 1987, 2067; v. 5.3.1990 - 1 BvR 232/89, NJW 1991, 417; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., Einleitung Rz. 94, m.w.N.).

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber auch bei Einführung des § 66 Abs. 5 GmbHG, der den bis 31.12.1998 geltenden § 2 Abs. 3 LöschG ersetzt, keine Befristung des Rechtsmittels gegen die Bestellung eines Nachtragsliquidators angeordnet hat. Im Übrigen wird auch für den Fall des Bestellung eines Notliquidators nach §§ 29, 48 BGB nach allgemeiner Auffassung die unbefristete Beschwerde als statthaft angesehen.

b) Im vorliegenden Fall kommt es auf diese Frage aber nicht entsche...

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