Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch auf Grundbucheinsicht eines ehemaligen Lebensgefährten wegen Ersatzansprüchen nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Ein berechtigtes Interesse iSv § 12 Abs. 1 S. 1 GBO besteht nicht nur, wenn dieses rechtlicher Natur ist, sondern auch dann, wenn ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargetan ist, das auch mit einem bloß tatsächlichen, insbesondere wirtschaftlichen Interesse begründet werden kann. Der Regelungszweck der Norm bezieht sich dabei auf eine Einsicht wegen einer zu erwartenden Teilnahme am Rechtsverkehr im Zusammenhang mit im Grundbuch dokumentierten Rechtsverhältnissen.
2. Wird eine "erweiterte" Einsicht in die Grundakten nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 GBO, § 46 Abs. 1 GBV begehrt, ist eine strenge Prüfung des berechtigten Interesses erforderlich (ebenso OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 140052).
3. Bei der Abwägung der maßgeblichen Umstände wird ein Vorzug des Einsichtsrechts in die in den Grundakten befindlichen Urkunden dann in Betracht kommen, wenn daraus weitere relevante Informationen zu dem im Grundbuch für den Einsichtsnehmenden eingetragenen Recht zu erwarten sind. Ist dagegen nicht aus sich heraus ersichtlich, dass über die Information über den Grundbuchstand hinaus regelmäßig weitere Kenntnisse zum Inhalt der Rechte, die sich aus den in den Grundakten befindlichen Unterlagen ergeben, erforderlich sind, wird das Recht des Eigentümers auf informationelle Selbstbestimmung regelmäßig die Interessen des Einsichtsbegehrenden überwiegen.
4. Der ehemalige Lebensgefährte, der behauptet, beim Hausbau erhebliche Arbeitsleistungen erbracht zu haben, hat ein berechtigtes Interesse an einer Grundbucheinsicht, soweit die Einsichtnahme zur Klärung der Frage dient, ob die damalige Lebensgefährtin Alleineigentümerin des bebauten Grundstücks ist. Hierzu genügt die Einsicht in das Bestandsverzeichnis des betroffenen Grundstücks und die Abteilung I. Für die Frage, ob ein Anspruch gegen die ehemalige Lebensgefährtin bestehen kann, ist hingegen irrelevant, ob Rechte am Grundstück in Abteilungen II und III des Grundbuchs eingetragen sind.
Normenkette
GBO § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1; GBV § 46 Abs. 1
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Landshut - Grundbuchamt - vom 18. Juni 2018 aufgehoben, soweit die Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I des Grundbuchs abgelehnt wurde. Insofern wird das Grundbuchamt angewiesen, die beantragte Einsicht zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Beteiligte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, soweit das Rechtsmittel erfolglos geblieben ist. Insoweit wird der Geschäftswert des Beschwerdegegenstands auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte, von Beruf Meister im Heizungs- und Sanitärhandwerk, führte mit Frau R.M. eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Diese soll dem Beteiligten zu nicht näher genanntem Zeitpunkt erzählt haben, dass sie von ihrem Großvater ein Grundstück erhalten habe, das sie bebauen wolle.
Der Beteiligte erbrachte nach seinem Vortrag Leistungen für das zwischenzeitlich errichtete Haus. Nach Beendigung der Beziehung macht er nun Ansprüche für die erbrachten Arbeiten geltend.
Am 29.3.2018 beantragte seine Anwältin beim Grundbuchamt, ihm schriftliche Auskunft zu erteilen, ob es einen Überlassungsvertrag des Großvaters an die frühere Lebensgefährtin des Beteiligten überhaupt gebe, über den Zeitpunkt der schuldrechtlichen Vereinbarung sowie der Auflassung. Der Urkundsbeamte des Grundbuchamts teilte am 3.4.2018 mit, dass die Auskunft mangels rechtlichen Interesses für die Einsicht nicht erteilt werde. In einem weiteren Schreiben vom 2.5.2018 an das Landgericht, das zu den Grundakten gelangte, beantragte die Anwältin des Beteiligten zudem eine unbeglaubigte Kopie des notariellen Vertrags zu übersenden. Mit weiterem Anwaltsschreiben an den Direktor des Amtsgerichts vom 12.6.2018 wandte sich der Beteiligte gegen die Versagung der beantragten Informationen und beantragte nunmehr auch die Erteilung eines unbeglaubigten Grundbuchauszugs.
Dieses Schreiben hat das Grundbuchamt als Erinnerung ausgelegt und diese am 18.6.2018 zurückgewiesen, da aus dem Vortrag kein berechtigtes Interesse für eine Gewährung einer Grundbuch- und Grundakteneinsicht hergeleitet werden könne. Aus diesen Gründen sei auch der mit der Erinnerung beantragte Grundbuchauszug nicht zu erteilen.
Dagegen wendet sich der Beteiligte mit der Beschwerde vom 3.7.2018, in der die Anträge auf Übersendung einer unbeglaubigten Kopie des Grundbuchauszugs und des etwaigen Überlassungsvertrags weiterverfolgt werden. Vor dem Familiengericht werde eine Ausgleichsforderung geltend gemacht; nach der Rechtsprechung des BGH sei von Ausgleichsansprüchen u.a. wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auszugehen.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. 1. Gegen die im Erinnerungsverfahren ergangene ablehnen...