Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlungsvertrag: Anspruch eines Patienten auf Abänderung eines Arztbriefs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch eines Patienten auf Abänderung eines Arztbriefes als Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag i.V.m. § 242 BGB kommt dann in Betracht, wenn der Arztbrief unrichtige Tatsachen aus dem Behandlungsverhältnis wiedergibt.(Rn. 9)

2. Der Arztbrief dient dazu, durchgeführte Befunderhebungen und Behandlungsmaßnahmen sowie ihre Auswirkungen zu dokumentieren und so etwaigen Nachbehandlern mitzuteilen, wie und mit welchem Ergebnis ein Patient behandelt wurde. Der Patient hat keinen Anspruch darauf, dass der Arztbrief für den Einsatz in gerichtlichen Verfahren neu gefasst bzw. in einer von ihm gewünschten Fassung formuliert wird.(Rn. 10)

 

Normenkette

BGB § 242

 

Verfahrensgang

OLG München (Beschluss vom 16.07.2019; Aktenzeichen 24 U 2814/19)

LG Kempten (Urteil vom 08.05.2019; Aktenzeichen 63 O 1516/18 Hei)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 08.05.2019, Aktenzeichen 63 O 1516/18 Hei, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.001,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin macht geltend, ihr stehe gegen die beklagte Privatklinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie ein Anspruch auf Erteilung eines neuen, inhaltlich korrigierten Arztbriefs zu. Hinsichtlich des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 08.05.2019 (Bl. 37 bis 39 d.A.). Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Im Berufungsverfahren beantragt sie:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen neuen Arztbrief auszustellen, der die von der Klägerin gewünschten Tatsachenrichtigstellungen zu den Epikrisen vom 15.01.2018, 24.01.2018 und 17.04.2018 enthält. Richtig gestellt werden muss, dass die Klägerin nicht schwierige Arbeitsplatzwechsel hatte wegen dem Gefühl abgelehnt zu werden. Tatsache ist, dass der Arbeitsplatzwechsel aufgrund eines Umzugswunsches bei Kinderwunsch erfolgte. Die Klägerin begehrt, dass die Klammer und ihr textlicher Inhalt in der Epikrise vom 15.01.2018 "(wegen Gefühl, abgelehnt zu werden)" entnommen wird.

Ferner begehrt die Klägerin die Löschung des Absatzes "auch an späteren Arbeitsstellen fühlte sich die Klägerin immer wieder abgelehnt, worauf sie vermeidend mit Rückzug oder Arbeitsplatzwechsel reagierte".

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 08.05.2019 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 16.07.2019 (Bl. 70 bis 76 d.A.) Bezug genommen. Der Schriftsatz vom 27.07.2019, mit dem sich die Klägerin zu den Hinweisen des Senats geäußert hat, steht der angekündigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen.

1. Soweit die Klägerin geltend macht, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung zu, gibt sie hierfür keine Begründung an. Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Fall eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer Vielzahl von Fällen zu erwarten ist, und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung des Rechts berührt. Es ist auch weder von der Klägerin dargelegt noch sonst zu erkennen, dass zur Frage eines Anspruchs auf Korrektur von Arztbriefen in der Rechtsprechung bisher unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten werden. Die im Hinweisbeschluss des Senats vom 16.07.2019 in Bezug genommene Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 08.01.2018 (VersR 2018, 613) stimmt mit der vom Senat im vorliegenden Fall vertretenen Auffassung überein. Sie stammt - anders als im Schriftsatz der Klägerin vom 27.07.2019 behauptet - auch nicht "aus einer Zeit vor dem Patientenrechtegesetz".

2. Der Senat hat im Hinweisbeschluss vom 16.07.2019 im Einzelnen ausgeführt, dass weder aus den Vorschriften zum Behandlungsvertrag (§§ 630 a ff. BGB), noch aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) noch aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 630 oder 666 BGB ein Anspruch auf Abänderung eines Arztbriefes herzuleiten ist. Die Klägerin setzt sich hiermit in ihrem Schriftsatz vom 27.07.2019 nicht auseinander.

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