Verfahrensgang
LG Traunstein (Entscheidung vom 08.10.2001; Aktenzeichen 6 KLs 180 Js 3106/00) |
OLG München (Aktenzeichen V BerL 3007/2001 StA b.d.) |
Tenor
Die Beschwerde des Rechtsanwalts ... gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 08. Oktober 2001 wird verworfen.
Gründe
I.
Am 10.05.2000 wurde der Verurteilte ... von der Staatsanwaltschaft Traunstein wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung angeklagt. Im Hauptverhandlungstermin vom 18. Juli 2000 wurde dem Angeklagten Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger beigeordnet. Im Hauptverhandlungstermin vom 20.07.2000 stellte der Vertreter der Nebenklägerin Adhäsionsantrag, der dem Pflichtverteidiger bereits tags zuvor per Fax zugestellt worden war. Er nahm zum Adhäsionsantrag sowohl im Termin als auch in seinem Plädoyer Stellung. Am Ende desselben Hauptverhandlungstages wurde der Verurteilte zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt. Gleichzeitig wurde er verurteilt, an die Nebenklägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,- DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 20.07.2000 zu bezahlen, im übrigen wurde der weitergehende Schmerzensgeldantrag zurückgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig seit 08.05.2001.
Mit Schriftsatz vom 09.05.2001 beantragte der Verteidiger Kostenerstattung gemäß § 98 BRAGO in Höhe von 3.574,41 DM. Diese wurden ihm mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 12.09.2001 in Höhe von 2.240,41 DM bewilligt. Abgezogen wurden ihm unter anderem die Kosten für seine Tätigkeit im Adhäsionsverfahren in Höhe von 930,- DM zuzüglich 16 % MwSt = DM 1.078,80.
Dagegen legte der Verteidiger insoweit Erinnerung ein, als ihm diese Gebühr für das Adhäsionsverfahren abgezogen worden war. Mit Beschluß vom 08.10.2001 wies das Landgericht Traunstein, 6. Strafkammer, die Erinnerung zurück. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verteidigers vom 15.10.2001.
II.
Die Beschwerde ist statthaft gemäß § 98 Abs. 3 BRAGO in Verbindung mit §§ 304-310 StPO. Sie ist auch im übrigen zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Die Gebühren des gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse richten sich nach § 97 Abs. 1 BRAGO. Die einzelnen Tätigkeiten, für die auch der beigeordnete Rechtsanwalt Gebühren geltend machen kann, sind durch Bezugnahme auf die Vorschriften der einzelnen Gebührentatbestände in Satz 1 der Vorschrift aufgeführt. § 89 BRAGO, nämlich das Tätigwerden des Verteidigers im Adhäsionsverfahren, ist in dieser Auflistung ausgenommen. Daraus ergibt sich nach Auffassung des Senats, daß das Tätigwerden des nach § 140 StPO gerichtlich beigeordneten Verteidigers im Adhäsionsverfahren nicht automatisch einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber der Staatskasse auslöst. Vielmehr verweist § 97 Abs. 1 Satz 4 BRAGO in den Fällen des § 89 BRAGO auf § 123 BRAGO. § 123 BRAGO setzt jedoch gesetzessystematisch (vgl. Überschrift des 13. Abschnitts der BRAGO: "Vergütung bei Prozeßkostenhilfe") die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe voraus. Diese hätte im vorliegenden Fall zur Auslösung eines Erstattungsanspruchs nach §§ 97 Abs. 1 Satz 4, 89, 123 BRAGO zuvor gemäß § 404 Abs. 5 Satz 1 StPO bewilligt werden müssen und dem Verurteilten der bisherige Pflichtverteidiger auch als Rechtsanwalt im Adhäsionsverfahren beigeordnet werden müssen.
Der gegenteiligen und von dem Beschwerdeführer zitierten Auffassung des OLG Schleswig in NStZ 1998, 101, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Gesetzgeber hat gerade in § 404 Abs. 5 StPO eine zusätzliche Beiordnung des Pflichtverteidigers auch für das Adhäsionsverfahren mit der zusätzlichen Prüfung der Erfolgsaussichten, der Bedürftigkeit und fehlender Mutwilligkeit (§§ 114 ff ZPO) für erforderlich erachtet und angeordnet. Gerade aus dem Wortlaut des Satz 2 dieser Vorschrift ergibt sich, daß die Beiordnung eines Anwalts als Pflichtverteidiger nicht automatisch dessen Beiordnung im Adhäsionsverfahren beinhaltet.
Nichts anderes ergibt sich aus § 97 Abs. 1 BRAGO. Die Einfügung von § 89 BRAGO in diese Vorschrift als Satz 4 unter Bezugnahme auf § 123 BRAGO bedeutet nach Auffassung des Senats eben gerade nicht gesetzessystematisch die gleichen Ansprüche des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse wie bei Gebührentatbeständen nach Satz 1 der genannten Vorschrift. Denn sonst hätte der Gesetzgeber § 89 BRAGO unmittelbar in Satz 1 dieser Vorschrift aufgenommen und nicht als Satz 4 mit Bezugnahme auf § 123 BRAGO angehängt.
Der Senat folgt deshalb den von Gerold/Schmidt und Riedel/Sußbauer vertretenen Ansichten, wonach § 97 BRAGO für den gerichtlich beigeordneten Pflichtverteidiger nicht automatisch auch einen Gebührenanspruch für sein Tätigwerden im Adhäsionsverfahren gegenüber der Staatskasse auslöst. Der Verteidiger hat vorliegend lediglich einen Anspruch nach § 89 BRAGO gegenüber dem Verurteilten selbst, den er diesem gegenüber unmittelbar geltend machen muß (vgl. Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert BRAGO, 13. Aufl., § 97 Anm. 4; R...