Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für ein Verfahren zur Regelung des Umgangsrechts
Leitsatz (redaktionell)
Ein Antrag zur Regelung des Umgangsrechts ist nicht mutwillig, wenn zuvor die Hilfe des Jugendamts nicht in Anspruch genommen wurde.
Normenkette
ZPO § 114; SGB VIII § 18 Abs. 3 Sätze 3-4
Verfahrensgang
AG Freyung (Beschluss vom 18.09.2007; Aktenzeichen 1 F 304/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - FamG - Freyung vom 18.9.2007 aufgehoben und dem Antragsteller für das Hauptsacheverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts Dr. Sch. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts bewilligt.
Im Übrigen wird der Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens begründet.
Die in der Rechtsprechung einiger OLG vertretene Ansicht, dass Anträge zur Regelung des Umgangsrechts mutwillig sind, wenn nicht vorher das Jugendamt eingeschaltet wurde (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2003, 1760), teilt der Senat nicht. Zwar gibt § 18 Abs. 3 Satz 3, 4 SGB VIII den Eltern einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Ausübung des Umgangsrechts. Eine Verpflichtung, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, besteht indessen nicht. Den Eltern muss es erlaubt sein, die Erfolgsaussichten einer Vermittlung durch das Jugendamt selbst einzuschätzen. Scheitert nämlich die Vermittlung durch das Jugendamt, kann eine längere Zeit verstrichen sein, bevor dann dort gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werden muss. Der Umgang mit dem Kind kann dadurch für längere Zeit unterbrochen bzw. beeinträchtigt sein. So wünschenswert und sinnvoll die Vermittlung durch das Jugendamt ist, muss doch die Entscheidung, ob im ungünstigen Fall eine Verzögerung hingenommen wird, den Eltern überlassen bleiben. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe kann daher in der Regel nicht verweigert werden, weil die Vermittlung durch das Jugendamt vorher nicht versucht wurde.
Vorliegend war es - jedenfalls nach der Behauptung des Antragstellers - auch nicht so, dass es bei der Ausübung des Umgangsrechts zu keinen wesentlichen Schwierigkeiten gekommen ist, so dass dem Antrag in der Hauptsache das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt hätte.
Ein solches kann jedoch hinsichtlich des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht angenommen werden. Die Notwendigkeit eines sofortigen Einschreitens, das ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet hätte (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., Rz. 5 zu § 620), war nicht gegeben. Der Antragsteller hatte nach wie vor im wesentlichen Umfange Umgang mit seinen Kindern. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte deshalb von vornherein keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die subjektiven Voraussetzungen für die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe liegen vor, da der Antragsteller über kein einsetzbares Einkommen i.S.d. § 115 ZPO verfügt.
Fundstellen
Haufe-Index 2010553 |
FamRZ 2008, 1089 |
FPR 2008, 589 |
ZFE 2008, 394 |
OLGR-Süd 2008, 597 |