Leitsatz (amtlich)
Auslegung einer Vollmacht zur Veräußerung von Grundeigentum "zum beliebigen Bestimmungen" bei unentgeltlicher Übertragung.
Normenkette
BGB §§ 133, 164, 167
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Kempten (Allgäu) - Grundbuchamt - vom 24.11.2016 mit der Maßgabe abgeändert, dass der Eintragung der Rechtsänderung die fehlende Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts entgegensteht und zur Behebung dieses Eintragungshindernisses die gesetzte Frist verlängert wird bis 24.2.2017 einschließlich.
II. Von einer Kostenerhebung für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen.
Gründe
I. Im Grundbuch sind die Beteiligte und deren Schwester Maria F. je zu 1/2 als Eigentümerinnen eines Grundstücks (Waldfläche) eingetragen. Maria F. ist nach Angabe der Beteiligten am 7.12.2010 verstorben.
Zu notarieller Urkunde vom 1.8.2016 übertrug die Beteiligte in eigenem Namen sowie zugleich als von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Bevollmächtigte ihrer Schwester die Miteigentumshälfte auf sich zu Alleineigentum. Die Auflassung wurde erklärt, die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch von der Veräußerin bewilligt und von der Erwerberin beantragt. Eine Gegenleistung ist nicht zu erbringen. Bei der Beurkundung wurde in Urschrift eine von der Veräußerin der Beteiligten am 8.1.2008 in notariell beglaubigter Form erteilte, nicht durch den Tod des Vollmachtgebers erlöschende Vollmacht folgenden Inhalts vorgelegt (wörtlich), das vorstehend näher bezeichnete Grundeigentum zum beliebigen Bestimmungen zu veräußern, die Vertragsbedingungen zu vereinbaren, die Auflassung zu erklären und alle zur Durchführung des Vertrags erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen und Bewilligungen abzugeben und alle hierzu erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen.
Im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufpreises durch den Erwerber darf d. Bevollmächtigte auch die Eintragung von Grundpfandrechten bewilligen und den jeweiligen Eigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen, ohne dass eine persönliche Haftung für den Veräußerer übernommen wird. Untervollmacht im Rahmen der Abwicklung und zum Vollzug des Veräußerungsvertrags oder für die Bestellung von Grundpfandrechten darf erteilt werden.
Diese Vollmacht umfasst auch die Befugnis, einen abgeschlossenen Vertrag zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben und neue Kaufverträge abzuschließen.
Auf den Eintragungsantrag hat das Grundbuchamt am 24.11.2016 folgende fristsetzende Zwischenverfügung erlassen:
Die Grundstücksvollmacht enthalte dem Wortlaut nach keine Befugnis, Verfügungen im Weg der Schenkung vorzunehmen. Vielmehr sei aufgrund ihres sonstigen Inhalts davon auszugehen, dass die Bevollmächtigte nur befugt sei, das Grundstück mit Gegenleistung zu verkaufen und aufzulassen. Eine etwaige Befugnis zur Vornahme von Schenkungen wäre ausdrücklich in der Vollmacht festgelegt worden. Wirksamkeit und Umfang der Vollmacht habe das Grundbuchamt selbständig zu prüfen.
Die Bevollmächtigte vertrete die Erben, nicht die Erblasserin, deshalb sei eine Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch die Erben der Veräußerin unter Vorlage entsprechender Erbnachweise erforderlich. Außerdem fehle die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts.
Die notariell eingelegte Beschwerde vom 2.1.2017 macht folgendes geltend:
Es handele sich zwar nicht um eine Generalvollmacht, wohl aber um eine Veräußerungsvollmacht. Diese sei nicht dahingehend eingeschränkt, das sie nur zur Vornahme entgeltlicher Geschäfte berechtige, vielmehr sei der Bevollmächtigte befugt, zu beliebigen Bedingungen zu veräußern, damit auch unentgeltliche Übertragungen vorzunehmen und diesbezügliche schuldrechtliche Verpflichtungen einzugehen. Die abschließende Passage ("einen abgeschlossenen Vertrag zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben und neue Kaufverträge abzuschließen") beinhalte wörtlich genommen nur die fehlende Befugnis, nach Aufhebung eines Schenkungsvertrags nicht erneut einen solchen, sondern nur einen neuen Kaufvertrag abschließen zu können. Das sei aber wohl nicht gewollt gewesen. Vielmehr entspreche der verwendete Vollmachtstext dem leider missglückten Muster aus der Textsammlung eines im württembergischen Bezirksnotariat eingesetzten Programms. Es sei anzunehmen, dass die Veräußerungsvollmacht aus einer ursprünglichen Verkaufsvollmacht generiert und es versäumt worden sei, den Text bis zum Ende der Vorlage anzupassen.
Schließlich habe die Bevollmächtigte dem beurkundenden Notar vorab erklärt, dass die Vollmachtgeberin auch die unentgeltliche Aneignung des Miteigentumsanteils durch die Bevollmächtigte gewollt habe, da letztere der Vollmachtgeberin jahrelang Unterstützung gewährt habe.
Das Grundbuchamt hat aus den in der Zwischenverfügung angeführten Gründen nicht abgeholfen.
II. Das Rechtsmittel hat im Wesentlichen Erfolg.
1. Gegen die ergangene Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO ist die unbefristete Grundbuchbeschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft...