Leitsatz (amtlich)
Nach der Zielsetzung des Betreuungsrechts kann ein Betreuer grundsätzlich nur dann bestellt werden, wenn aus Sicht des Betroffenen ein Fürsorgebedürfnis hierfür besteht, nicht aber um dessen störendes Verhalten gegenüber Dritten einzudämmen. Ein Fürsorgebedürfnis und damit eine Rechtfertigung für die Betreueraufgabe "Entscheidung über den Fernmeldeverkehr" kann aber darin bestehen, den Betroffenen vor den berechtigten Reaktionen der Belästigten (hier: durch eine Vielzahl von Anrufen jeweils bestimmter Privat- oder Firmenanschlüsse mit wirrem Inhalt, Missbrauch des polizeilichen Notrufs) zu schützen.
Normenkette
BGB § 1896 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 10468/06) |
AG Erlangen (Aktenzeichen 4 XVII 0680/04) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Betroffenen werden der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 4.9.2007 und der Beschluss des AG Erlangen vom 28.9.2006 insoweit aufgehoben, als für den Betroffenen eine Betreuung auch im Bereich der Gesundheitsfürsorge einschließlich der insoweit erforderlichen Aufenthaltsbestimmung angeordnet wurde.
II. Die Sache wird insoweit zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
III. Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.
IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für den Betroffenen wurde nach vorangegangener vorläufiger Betreuung mit Beschluss vom 11.1.2005 endgültig ein Betreuer bestellt mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge einschließlich der insoweit notwendigen Aufenthaltsbestimmung; Überwachung des Fernmeldeverkehrs; Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern und die Postkontrolle in den aufgeführten Aufgabenkreisen, sowie ein weiterer Betreuer mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten, samt Postkontrolle in diesen Aufgabenkreisen. Die Betreuung wurde zunächst mit Beschluss vom 16.3.2006 um ein halbes Jahr und dann mit Beschluss vom 28.9.2006 bis 28.9.2009 verlängert. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das LG mit Beschluss vom 4.9.2007 zurück. Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Betroffene sein Rechtsschutzziel weiter, eine Aufhebung der Betreuung zu erreichen.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise begründet.
1. Das LG hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt:
Der Betroffene leide an einer chronisch verlaufenden schizophrenen Psychose mit deutlich formalen Denkstörungen, einer massiven Minderung seiner Kritikfähigkeit, einer Störung der Steuerungsfähigkeit sowie Einschränkungen beim kohärenten Gedankengang. Eine Besserung des Zustands sei kaum zu erwarten. Aufgrund seiner Krankheit, verbunden mit einer massiven Kritikminderung bezüglich eigener Handlungen und einer ausgeprägten Schwäche der Impulssteuerung, sei der Betroffene zu einer freien Willensbildung nicht in der Lage. Dies ergebe sich aus dem nachvollziehbaren, wissenschaftlich fundierten und logischen Gutachten, welches das LG erholt habe. Die Erkenntnisse des Gutachtens würden durch die Stellungnahmen der beiden Betreuer und der Betreuungsstelle sowie durch den eigenen Eindruck der Kammer vom Betroffenen im Rahmen der Anhörung bestätigt.
Die Notwendigkeit für den Aufgabenkreis "Überwachung des Fernmeldeverkehrs" ergebe sich aus der Tatsache, dass der Betroffene Dritte mit Telefonanrufen geradezu bombardiere. So habe er einen Richter unzählige Male auf dessen Privatanschluss und die Notrufzentrale der Polizei rund 200 Mal hintereinander angerufen.
Der Aufgabenkreis "Vermögenssorge" sei erforderlich, weil der Betroffene keinen Bezug zu Geld habe. Dafür spreche die Höhe seiner Telefonrechnungen. Außerdem tendiere er dazu, Geld ohne Vorausplanung sofort auszugeben, wie sich am laufenden Insolvenzverfahren gegen den Betroffenen zeige und von den Betreuern bestätigt werde.
Der Betroffene brauche auch für den Bereich "Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialversicherungsträgern" eine Betreuung, da die Schreiben des Betroffenen, wie auch sein Verhalten bei der Anhörung durch die Kammer, zeigen würden, dass der Betroffene nicht in der Lage sei, sich auf Wesentliches zu konzentrieren.
Der Aufgabenkreis " Wohnungsangelegenheiten" sei weiterhin erforderlich, da sich aus der Stellungnahme eines Betreuers ergeben habe, dass eine Renovierung der Wohnung oder der Umzug in eine kleinere Wohnung bevorstehe.
Es sei auch eine Betreuung für den Aufgabenkreis "Gesundheitsfürsorge einschließlich der der insoweit notwendigen Aufenthaltsbestimmung" erforderlich. Zwar läge beim Betroffenen derzeit keine akute paranoide Symptomatik vor, auch unterziehe sich der Betroffene derzeit einer regelmäßigen medikamentösen Therapie, jedoch sei bei einem Absetzen der Medikation zu befürchten, dass sich das Zustandsbild des Betroffenen verschlechtere und eine Unterbringung erforderlich werden könnte.
Im Rahmen der angeordneten Aufgabenkreise sei die Betreuung erforderlich, da de...